RNZ-Sommertour 2017

Schaurig und prunkvoll im Heidelberger Schloss (plus Video und Fotogalerie)

RNZ-Leser entdeckten Details der berühmten Ruine - Traumhafter neuer Saal mit Künstler-Köpfen - Ein Platz für Kräuter

11.08.2017 UPDATE: 12.08.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden

Am Modell des Heidelberger Schlosses erklärte Bernd Müller den RNZ-Lesern auch, warum es mit der vor wenigen Jahren geplanten Neuanlage des Hortus Palatinus nicht klappte. Foto: Alex

Von Birgit Sommer

Feucht ist es im Heidelberger Schloss immer. Überall suchen sich Quellen ihren Weg durch die Gemäuer. Der regnerische Donnerstag machte, dass die Kasematten an einigen Stellen zu gefährlich zum Betreten wurden. Die RNZ-Sommertouristen bekamen also nicht alles zu sehen, was zu den mächtigen Wehrgängen gehört, aber dafür ganz besondere Details. Bernd Müller, Architektur-Experte und Chef des Amtes für Vermögen und Bau Baden-Württemberg in Heidelberg und Mannheim, sowie Schlossbauleiter Martin Grewenig führten so, dass etwa RNZ-Leser Wolfgang Kemna nur meinte: "Super Tour, große Klasse."

Wie Heidelberg zu seinem beeindruckenden Schloss kam - weil sich der Kurfürst der Kurpfalz als Stellvertreter des deutschen Kaisers einfach wichtig fand - und wie man im Schlosshof beim Blick auf den gedrungen wirkenden "Gläsernen Saalbau", die prunkvolle Hoffassade des Ottheinrichsbaus rechts und die vertikal gegliederte Fassade des Friedrichsbaus links die Entwicklung der Renaissance ablesen kann, machte Müller deutlich. Aber er erzählte auch die Geschichte der steinernen Rosette über dem Eingang zum Ruprechtsbau, in der der Baumeister um das Jahr 1400 seine Kinder verewigte, die dort vom Gerüst gestürzt waren.

Oder vom Schrecken der Filmcrew, als vor einigen Jahren der Schauspieler Götz George seinen Vater Heinrich bei den Schlossfestspielen in den 30er-Jahren mimte. Wegen eines defekten Hubsteigers konnten die Hakenkreuzfahnen nach dem nächtlichen Dreh beinahe nicht mehr von der Fassade des Friedrichsbaus entfernt werden. Was da die Schlossbesucher am nächsten Morgen wohl gesagt hätten?

Nach Darstellung von Bernd Müller wurde Heidelberg zur ersten Touristenstadt Europas, als Charles von Graimberg im 19. Jahrhundert Zeichnungen von der überwachsenen Ruine fertigte und Reisende dieses romantische Dornröschenschloss sehen wollten. Im Modellsaal erklärte Müller, warum das Heidelberger Schloss die Kasematten überhaupt brauchte: Es lag günstig für Feinde und konnte von den Hängen her wunderbar mit Kanonen beschossen werden. So wurden unten die wehrhaften Befestigungen mit Schießscharten für die Landsknechte errichtet, darüber erhoben sich die Palastbauten. Im Jahr 1620 erschien der Prachtbau am schönsten, ehe Kriege mit Frankreich und Blitzschlag die Zerstörungen anrichteten.

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Statt in die westlichen Kasematten stiegen die Sommertouristen hoch zum alten Theatersaal im Dicken Turm, wo die Denkmalschützer eine einzige erhaltene Renaissance-Fensterlaibung hegen und pflegen. Über den kleinen Altan und die Kapelle ("Den Altar müssen wir in den nächsten Jahren auch sanieren, da gibt es Risse") ging es in den gläsernen Saalbau hinein, ein Lieblingsprojekt der heutigen Schlossherren. Dort schützt neuerdings ein Glasdach die alten Mauern vor Witterungseinflüssen, dort gibt es die schönsten Toiletten Heidelbergs, die den Feiernden im Ottheinrichsbau zur Verfügung stehen und den Blick frei in den Himmel schweifen lassen. "Mein Traum", bekannte Bernd Müller: "Hier entsteht ein toller Saal mit Blick über die Stadt für Feste, Konzerte, Ausstellungen und einer Theke für einen Stehempfang." Der Künstler Jürgen Goertz macht daraus ein Kunstprojekt: 24 Köpfe aus Eisenguss an den Konsolen zeigen wichtige Menschen, von Papst Johannes Paul II. bis zu Sitting Bull. Goertz findet für jeden Kopf Sponsoren, sodass dem Land keine Kosten für die Kunst erwachsen. Nur: Zur Vollendung des Saals fehlen Müller 1,5 Millionen Euro. Und doch verfehlte der bisherige Zustand seine Wirkung nicht: "Diese Führung ist fast besser, als nur die Kasematten zu sehen", zeigte sich Stephanie Herfarth beeindruckt, "der Tag war trüb genug". Catharina Firnhaber imponierte die Kunst ("Einzigartig") genauso wie die gesamte Führung ("Sehr kurzweilig").

Natürlich ging es dann auch zu den gewaltigen östlichen Kasematten des Schlosses. Heute sieht man die Gänge und Nischen nur im Rahmen von Führungen. Alte Heidelberger kennen sie als frei zugänglich. "Die erzählen mir viele Geschichten, was hier alles lief", lachte Bernd Müller. Und genau dort im Osten gibt es auch eine Grünfläche, auf der demnächst die Kräuter für die Schlossweinstube wachsen sollen.

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