Polizeireform: Heidelberger Stadträte senden ein Signal nach Stuttgart

Heftige Debatte im Gemeinderat - Minimalkonsens: Mehr Beamte sollen auf die Straße - Resolution an Landesregierung geschickt

31.03.2017 UPDATE: 01.04.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden

Symbolfoto: dpa

Von Anica Edinger

Das ging den Stadträten zu schnell. Erst kurz vor Sitzungsbeginn des Gemeinderats am Donnerstagabend bekamen sie die Beschlussvorlage zur Diskussion um die Polizeipräsidien, die Oberbürgermeister Eckart Würzner kurzfristig aufgesetzt hatte. "Die Situation ist so nicht hinnehmbar", erklärte Würzner am Donnerstagabend. Damit bezog er sich auf die neuen Zahlen der Kriminalitätsstatistik, "in denen Heidelberg den größten Zuwachs an Straftaten vorweist", so der OB. Zum anderen ging es ihm aber auch um den Evaluationsbericht zur Polizeistrukturreform in Baden-Württemberg, der in dieser Woche vorgestellt wurde - und "in dem Heidelberg überhaupt nicht vorkommt". Deshalb wolle er jetzt mit der Resolution ein politisches Signal nach Stuttgart senden. Die Botschaft: Heidelberg braucht wieder ein eigenes Polizeipräsidium.

Doch da hatte der OB die Rechnung nicht mit seinen Stadträten gemacht. Gleich zu Beginn klärte Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) das Stadtoberhaupt auf, "dass dieses Vorgehen absolut unmöglich ist". Schließlich liege die Frist, innerhalb der außerordentliche Punkte auf die Tagesordnung gesetzt werden können, mittlerweile bei sieben Tagen. Auch Sahra Mirow (Die Linke) war der Meinung, dass die Angelegenheit zunächst einmal ausführlich in den zuständigen Fachausschüssen beraten werden müsse. Und SPD-Fraktionsvorsitzende Anke Schuster machte darauf aufmerksam, dass manche Stadträte vor der Sitzung des Gemeinderates noch arbeiten müssten und deshalb keine Zeit gehabt hätten, "das noch zu lesen".

Deshalb führten die Stadträte schließlich eine "Kurzdebatte" - und gaben am Ende per Handzeichen lediglich ein Meinungsbild ab, das der OB nach Stuttgart weitergeben wird. Demnach sprach sich die breite Mehrheit für folgende Punkte aus: Zum einen fordern die Stadträte mehr Transparenz über das Gutachten, was die Detaildaten zu Heidelberg angeht. Außerdem solle das Land die Zahl der Polizeikräfte in der gesamten Region deutlich erhöhen. Das könne schließlich entweder "durch ein eigenständiges Polizeipräsidium Heidelberg oder durch alternative strukturelle Maßnahmen, die der aktuellen Sicherheitssituation gerecht werden", erreicht werden, heißt es im Wortlaut des Meinungsbildes.

Denn ob die Stadt tatsächlich wieder ein eigenes Polizeipräsidium braucht, darüber entbrannte im Gemeinderat ein heftiger Streit. Weiler-Lorentz schlug zwischenzeitlich wutentbrannt auf den Tisch, und Alexander Föhr, CDU-Stadtrat und leidenschaftlicher Vorkämpfer für ein eigenes Heidelberger Polizeipräsidium, zeigte sich desillusioniert: "Ihre ewige Lobhudelei für irgendwelche Entscheidungen in Stuttgart geht mir so auf die Nerven", sagte er an die Grünen-Fraktion gerichtet. Und weiter: "Sie sind gewählte Stadträte für Heidelberg, und ich erwarte, dass Sie danach handeln."

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Die Polizeistrukturreform wurde unter der grün-roten Landesregierung umgesetzt. 2014 wurden so die Polizeibehörden Heidelberg und Mannheim zusammengelegt. Die Heidelberger Grünen sprechen sich auch nach wie vor deutlich gegen ein eigenes Polizeipräsidium in der Stadt aus. Peter Holschuh machte deutlich: "Durch ein eigenes Präsidium geht die Kriminalität in Heidelberg nicht zurück." Was die Stadt wirklich brauche, seien mehr Polizisten auf der Straße - "und die bekommen wir nicht durch ein eigenes Präsidium", ist Holschuh überzeugt. Und auch Anke Schuster fragte: "Schafft ein Polizeipräsidium wirklich mehr Polizei auf der Straße?"

Wolfgang Lachenauer (Die Heidelberger) platzte schließlich der Kragen: "Was vor uns liegt, ist ein politisches Signal. Das müssen wir doch jetzt nicht bis auf die letzte Kommastelle begründen." Würzner jedenfalls zeigte sich entschlossen: "Ich werde mich jetzt äußern. Und Sie sollten sich als Stadträte dieser Stadt auch dafür einsetzen, dass sich die Situation jetzt verbessert." Es könne in Zukunft jedenfalls nicht mehr angehen, dass der "Kommunale Ordnungsdienst dort im Einsatz ist, wo eigentlich die Polizei im Einsatz sein sollte", betonte der OB. Nach zehnminütiger Sitzungsunterbrechung handelten die Stadträte schließlich den Wortlaut für die Resolution aus, die jetzt nach Stuttgart geschickt wird. Zufrieden waren trotzdem nicht alle. Weiler-Lorentz kündigte jedenfalls an, dass er das Verfahren beanstanden werde.

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