"Polizeipräsidium Heidelberg": Andere haben bessere Karten
Experten: Landesweit bis zu zwei neue Präsidien denkbar - Keine Empfehlung für Heidelberg - Sckerl: CDU hat zu viel versprochen

Ist Heidelbergs Polizei - hier in der Hauptstraße - gut aufgestellt? Fachleute empfehlen wohl keine Zerschlagung des Mannheimer Präsidiums. F.: Priebe
Von Sören S. Sgries
Heidelberg/Stuttgart. Einen Tag, nachdem CDU-Politiker aus der Rhein-Neckar-Region ihn massiv angegriffen haben, wehrt sich Grünen-Innenpolitiker Uli Sckerl. So gehe man in einer Koalition nicht miteinander um, kritisiert er. "Mein Stil ist das ausdrücklich nicht." Und er hat eine Vermutung, woher der scharfe Wind in Sachen Polizeipräsidium weht: "Offensichtlich liegen in der CDU die Nerven blank, weil es von ihrer Seite im Vorfeld zu viele Versprechungen gegenüber der Bürgerschaft über angeblich mögliche Neuzuschnitte bei der Polizei gegeben hat."
Auslöser war die Aussage Sckerls in der RNZ, eine Aufteilung des Polizeipräsidiums Mannheim werde es nicht geben. Die im Zuge der grün-roten Reform eingeführte Struktur - das zuvor eigenständige Heidelberger Präsidium wurde eingegliedert - habe sich bewährt. Der Grüne betont zwar, er habe damit keineswegs die Ergebnisse der Evaluation vorab mitgeteilt, sondern nur die Einschätzung seiner Fraktion geäußert. Doch er bleibt dabei: "Wir sehen in der Tat keinen Änderungsbedarf."
Hintergrund des Streits: Unter SPD-Innenminister Reinhold Gall hatte Grün-Rot die zuvor 37 Polizeipräsidien in Baden-Württemberg auf 12 Standorte konzentriert. Eine Maßnahme, die im Prinzip auch von CDU-Innenpolitikern für richtig gehalten wurde. Allerdings nicht in dieser Stringenz. In verschiedenen Bereichen des Landes wird seitdem für ein "Zurück" zu altbewährten Strukturen gestritten - weil Anfahrtswege zu lang seien, weil Polizisten die Ortskenntnis fehle, weil zusammengezwungen wurde, was nicht zusammenpasse.
"Sowohl Mannheim als auch Heidelberg hatten damals schon Präsidiumsgrößen, wie sie im Zuge der Zusammenlegungen andernorts neu gegründet wurden", schimpft der Wieslocher CDU-Abgeordnete Karl Klein noch heute über die Reform. "Ich war damals schon strikt dagegen." Daran habe sich nichts geändert.
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Hintergrund der aktuellen Debatte ist eine von Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Auftrag gegebene Evaluierung der Polizeireform (EvaPol). Details aus dem Abschlussbericht sickerten vorab durch. Wie der RNZ aus verschiedenen Quellen bestätigt wurde, ist die derzeitige Struktur dabei keineswegs sakrosankt. Drei Szenarien legen die Experten demnach vor:
Das "14er-Modell": Zwei zusätzliche Präsidien sollen entstehen. Einerseits ein "Präsidium Nordschwarzwald", das Pforzheim, den Enzkreis, Calw und Freudenstadt umfassen soll. Außerdem ein Präsidium für Esslingen, Waiblingen und den Rems-Murr-Kreis. Neu strukturiert werden müsse zudem die Bodensee-Region: Das Binnengewässer zerschneide das derzeitige Präsidium Konstanz in unerträglicher Weise. Der westliche Teil solle deshalb Tuttlingen zugeschlagen werden. Der Osten soll als oberschwäbisches Präsidium Sigmaringen, Ravensburg und Friedrichshafen umfassen.
Das "13er-Modell": Nur ein neues Präsidium in Pforzheim entsteht. Am Bodensee wird umstrukturiert.
Das "12er-Modell": Überhaupt kein neues Präsidium. Aber die Bodensee-Umstrukturierung wird empfohlen.
Zusätzlich soll, die Verkehrspolizei mindestens im ländlichen Raum wieder an die Reviere angebunden werden. Der Anfahrtsweg zum Unfallort, so soll das Urteil der Experten lauten, sei vielerorts deutlich zu weit gewesen.
Pforzheim, Esslingen, Bodensee - in diese Reihung müsste doch Heidelberg passen? "Egal wie die fachliche Empfehlung lautet, am Schluss stehen politische Entscheidungen, die wir erst noch treffen müssen", gibt sich CDU-Mann Klein kämpferisch. Kenner der Materie zeigen sich allerdings äußerst skeptisch, dass hier ein Erfolg beim Innenminister möglich sei - schließlich müsste dafür in Mannheim, Heidelberg und Heilbronn umstrukturiert werden. Und: Jedes Präsidium verursache Kosten und nehme Personal (bis zu 100 Beamte) von der Straße.
Grünen-Politiker Sckerl sieht trotz politischer Schelte aus der Region "keinen einzigen triftigen Grund", das Präsidium zu zerschlagen - und erwartet auch keine entsprechende Fachleuteempfehlung. Ziel müsse daher "der Erhalt und die Festigung des Einheitspräsidiums sein", sagt er. Die Metropolregion könnte doch nicht in allen Bereichen zusammenwachsen wollen, "um ausgerechnet bei der Polizei in die Kleinstaaterei zurückzufallen". Als Beleg für die Leistungsfähigkeit verweist er auf die Heidelberger Amokfahrt - und den Parallel-Großeinsatz im Stadtteil Emmertsgrund wegen einer Massenschlägerei. "Die Polizei hat mit Kräften des Präsidiums beide Gefahrenlagen hervorragend gemeistert", so Sckerl. "Das wäre mit zwei getrennten Präsidien so gar nicht möglich gewesen."