Parolen und Buh-Rufe für Besucher des AfD-"Bürgerdialogs"
150 Menschen demonstrierten am Montagabend vor dem Gesellschaftshaus im Pfaffengrund gegen Rechtsextremismus.

Von Steffen Blatt
Heidelberg. "Nazis? Hatten wir schon: war scheiße" – ein Plakat mit dieser Aufschrift hat sich Astrid Hauck umgehängt. Sie steht vor dem Gesellschaftshaus im Pfaffengrund, zusammen mit rund 150 Demonstranten, die gegen den Bürgerdialog der AfD protestieren, der an diesem Montagabend in der Halle stattfindet.
Die 71-jährige ehemalige Geschichtslehrerin aus Eppelheim ist gekommen, "weil es nötig ist". Vieles an der heutigen politischen Radikalisierung erinnert sie an die schlimmsten Zeiten der deutschen Geschichte – "und ich habe Angst, dass sich alles wieder in diese Richtung verschiebt".
Mit dieser Sorge ist sie nicht allein bei der Kundgebung, zu der die Heidelberger Kampagne "Solidarität statt Nationalismus" aufgerufen hat. Sie richtet sich gegen die AfD-Veranstaltung, bei der der Heidelberger Bundestagsabgeordnete Malte Kaufmann, seine Kollegen Peter Boehringer und Jürgen Braun sowie der Landtagsabgeordnete Ruben Rupp angekündigt sind. Die Demonstranten wollen ein Zeichen setzen gegen den Rechtsruck in Deutschland und natürlich gegen die AfD.

Die Zusammensetzung ist bunt gemischt: junge Leute aus antifaschistischen Initiativen, Seniorinnen wie Hauck und Mittelalte. Den Aktivisten wurde ein Bereich am Rande des Platzes vor dem Gesellschaftshaus zugewiesen, die Besucher des Bürgerdialogs können ungehindert zum Eingang laufen.
Allerdings bekommen sie Buh-Rufe und Parolen mit auf den Weg. Viele scheinen das schon gewöhnt zu sein: Einige quittieren die Rufe mit einem Lächeln, andere bleiben unbeeindruckt, hin und wieder wird eine provozierende Geste oder ein Mittelfinger gezeigt. Die Polizei ist mit einigen Beamten und sogar einem "Konfliktteam" vor Ort – es bleibt aber alles friedlich.
Auch interessant
In den Reden wird betont, wie wichtig es sei, sich jetzt gegen radikale Tendenzen zu stellen. "Die große Demo in Heidelberg hat uns Mut gemacht", sagt ein Sprecher von "Solidarität statt Nationalismus", betont aber gleichzeitig, dass das nicht alles gewesen sein kann. Auch die Politik der etablierten Parteien wird kritisiert und deren Rhetorik, mit der sie seit Jahren AfD-Positionen salonfähig mache, wie ein Redner des Bündnisses "Seebrücke" sagt.
Dass der Stadtteilverein Pfaffengrund das Gesellschaftshaus überhaupt an die AfD vermietet hat, erntet ebenfalls Kritik – es wird aber auch erwähnt, dass der Verein keine andere Wahl hatte und eine entsprechende Entscheidung vom Gemeinderat getroffen werden müsste. Applaus gibt es, als ein Redner berichtet, dass bei der Jahreshauptversammlung am 18. April ein Antrag diskutiert werden soll, der solche Vermietungen in Zukunft verbietet.
Den meisten Applaus bekommt der 13-jährige Karl, der für die "Schüler:innen gegen Rechts" ans Mikro tritt. Er berichtet, dass er auch an Schulen einen "Rechtsruck" wahrnehme und macht deutlich: "Wir wollen etwas dagegen tun." Das macht Jaswinder Pal Rath Mut.
Der Vorsitzende des Heidelberger Migrationsbeirates wohnt im Pfaffengrund und ist beeindruckt von dem Jugendlichen. "Das zeigt mir, dass der Kampf auch bei der jungen Generation angekommen ist." Er selbst wird wegen seiner politischen Arbeit angefeindet, in den sozialen Medien, aber auch im Supermarkt. Er wird sich aber weiter engagieren.