Kitas konkurrieren um Fachkräfte
Es werden bessere Rahmenbedingungen gefordert, doch was hilft kurzfristig? Die "Heidelberger" luden zum Gespräch ein.

Von Birgit Sommer
Heidelberg. Der Mangel zeichnet sich seit einigen Jahren ab: In den Kitas fehlen Erzieher. Die Einrichtungen verkürzen ihre Öffnungszeiten oder schließen auch mal ganz. Für arbeitende Mütter und Väter entstehen dann Probleme. Woher so schnell eine Betreuung nehmen? Die Wählerinitiative "Die Heidelberger" versammelte jetzt Erzieher und Eltern, um sich Ideen für kurzfristige Lösungen zu holen – und hörte dabei auch, wie sich die Attraktivität des Berufes langfristig steigern lässt. Beim Treffen in der "Sprungbude" in Kirchheim wurden gleichzeitig die Kinder der Anwesenden betreut.
Grundsätzlich steht Heidelberg mit seinen Angeboten ganz gut da. Stadträtin Marliese Heldner hatte die Zahlen dazu: Bei den Drei- bis Sechsjährigen liegt die Betreuungsquote bei 100 Prozent, bei den kleineren Kindern ab einem Jahr bei 63 Prozent. "Damit sind wir führend in Baden-Württemberg." 133 Einrichtungen von 46 verschiedenen Trägern beschäftigen die mehr als 1500 Fachkräfte. Die Stadt selbst gibt jährlich 108 Millionen Euro für die Kinderbetreuung aus.
Die Einrichtungen konkurrieren nun um die Fachkräfte, wie Valentina Schenk, die Leiterin der integrativen Kindergärten "Pusteblume", erklärte. Um sie zu halten, helfen auch keine "Goodies" wie bezahlte Massagen. "Die einjährige Tochter einer Kollegin hatte in einem Jahr sieben verschiedene Betreuerinnen", berichtete Schenk.
Sie wünschte sich für ihren Beruf bessere Rahmenbedingungen, etwa mehr Zeit für Vorbereitungen und Elterngespräche, höhere Bezahlung und mehr Wertschätzung für die Erzieher mit ihrer mehrjährigen Ausbildung – mindestens so, wie sie die Grundschullehrer genießen, denn "wir sollen ja nicht nur betreuen, sondern frühkindliche Bildung vermitteln". Auch die Wohnsituation in Heidelberg sei schwierig für die Erzieher, erinnerte sie.
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Dass die Qualität der Kitas und die Zufriedenheit von Mitarbeitern genauso wie von Eltern nachgelassen haben, stellte nicht nur die "Pusteblume"-Chefin fest. Eva Fritzsching, die den Gesamtelternbeirat der Kitas leitet, konnte das nur bestätigen: "Das Niveau ist in den letzten zwölf Jahren erschreckend gesunken."
Derzeit beklagen die Kita-Leiterinnen auch einen hohen Krankenstand bei ihren Mitarbeitern. Sie ärgern sich immer öfter, dass kranke Kinder abgegeben werden, die alle anderen anstecken. Sie sehen zudem bei manchen der neuen Quereinsteiger in der Betreuung, dass diese eigentlich gar nicht mit Kindern arbeiten wollen. Und der ausgebildete Nachwuchs wünsche sich meist 80-Prozent-Stellen, wenig Verantwortung, keine schwierigen Elterngespräche, konstatierte Corinna Buchholz, die Leiterin der Waldkindergärten: "Ein gesellschaftliches Problem."
Angesprochen wurde auch, was sich Eltern wünschen. Könnte man die Betreuungszeiten individueller buchen? Die Plätze tageweise in Anspruch nehmen? Einen wöchentlichen langen Betreuungstag nach Bedarf wechseln? Oder gar kurzfristig vereinbaren, wenn Geschäftstermine der Eltern dies zulassen? Fritzsching hatte viele Ideen, doch über solche Flexibilität wurde nicht weiter gesprochen. Heldner will das Thema "tatsächlicher Betreuungsbedarf" aber aufgreifen. Eine weitere Anregung einer Mutter: Warum gibt es in einer Stadt wie Heidelberg kein Angebot für Eltern-Kind-Coworking, also Büros mit Kinderbetreuung, die vor allem von Selbstständigen genutzt werden könnten?
Ob die geplante Anwerbung ausländischer Fachkräfte für die deutschen Kitas langfristig gegen den Personalmangel helfen könnte – da ist man sich nicht sicher. Schließlich gehört die sprachliche Bildung zu den wichtigsten Aufgaben der Kleinkindbetreuung. Kurzfristig müssen wohl, wie bisher auch, Großeltern, Freunde und andere Mütter ran.



