Heidelberg

Jetzt macht die erste Kita wegen Personalmangel zu

Die Evangelische Kirche schließt die Einrichtung im Kastellweg in Neuenheim zum 31. August. Die Mitarbeiter sind permanent im Krisenmodus.

10.02.2024 UPDATE: 10.02.2024 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden
Das erste Zeichen des Fachkräftemangels: Der Evangelische Kindergarten in Neuenheim muss zu machen. Das bestehenden Personal soll in der Kita Tischbeinstraße in Handschuhsheim eingesetzt werden. Eltern werden Betreuungsplätze für ihre Kinder vermittelt. Foto: Rothe

Von Sarah Hinney

Heidelberg. Seit Monaten arbeiten Stadt und Freie Träger gemeinsam an einer Strategie zur Personalgewinnung in Kindertagesstätten. Für den Kindergarten im Kastellweg an der Jakobusgemeinde in Neuenheim kommt jede Strategie zu spät. Die Einrichtung wird zum Ende des Kindergartenjahres am 31. August "vorübergehend stillgelegt". Das hat die Evangelische Kirche am Freitag mitgeteilt.

Ob sie irgendwann wieder öffnen wird, kann Dekan Christof Ellsiepen nicht versprechen. Von den insgesamt 52 Plätzen, die sich auf zwei Gruppen für über Dreijährige und eine Kleinkindgruppe verteilen, seien derzeit 31 belegt. Die Nachfrage wäre größer, aber für mehr Kinder fehlt Personal. Zwölf der 31 Kinder werden nach den Sommerferien eingeschult, für sieben Kinder gibt es – laut Ellsiepen – Plätze in der benachbarten Kita der Johannesgemeinde.

Den zwölf weiteren Kindern würden Plätze in den 14 anderen Kitas der Evangelischen Kirche angeboten. Alle befinden sich jedoch in anderen Stadtteilen. Die Eltern wurden in einem Schreiben über den Schritt informiert, ein Elternabend wird noch stattfinden. Dass die Kirche ihre Pläne schon vor diesem Elternabend so kurzfristig öffentlich kommuniziert, liege auch daran, dass die Frist der zentralen Vergabe der Plätze für alle Heidelberger Kitas am 15. Februar endet.

"Wir wollen den Eltern damit ermöglichen, dass sie sich auch auf andere Kitaplätze bewerben können", erklärt Ellsiepen. Er betont: "Für manche Familien in Neuenheim und Umgebung wird dieser Schritt eine große Umstellung bedeuten, was wir sehr bedauern."

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Mit dem Personal habe es hingegen bereits Gespräche gegeben. Im Kindergarten Kastellweg arbeiten sieben Festangestellte und vier studentische Aushilfen. Angesichts des gravierenden Personalmangels, der die Schließung erst notwendig macht, will die Kirche die Fachkräfte unbedingt behalten und bestenfalls in der Kita Tischbeinstraße in Handschuhsheim einsetzen.

Auch hier fehlen Mitarbeiter. Vor Weihnachten fand deshalb wochenlang häufig nur eine Notbetreuung statt. Kleinkinder wurden statt an fünf nur an vier Tagen betreut, eine Krippengruppe wird Ende Februar voraussichtlich ganz geschlossen. Letzteres wird sich kaum abwenden lassen, denn auch wenn sich das Personal aus dem Kastellweg entscheidet, in die Tischbeinstraße zu gehen, wird das erst im neuen Kindergartenjahr greifen.

Haben Stadt und Träger die Personalsituation zu lange unterschätzt? Ellsiepen sagt Nein. "Wir sind seit drei Jahren ununterbrochen daran, Personal zu finden." Außerdem arbeite man gemeinsam mit der Stadt an einer Gesamtstrategie. "Das sind aber alles Dinge, die langfristig wirken. Die Ausbildungsinitiative ist wunderbar, aber bis jemand ins Team kommt, dauert es zwei Jahre." Auch die städtischen Kitas leiden unter Personalmangel. Im vergangenen November herrschte in der städtische Kindertagesstätte Karolingerweg in Wieblingen wochenlang nur Notbetrieb.

Die Kommunalpolitik beschäftigt das Thema intensiv. Erst am Dienstag wurde ein Maßnahmenkatalog im Jugendhilfeausschuss vorgestellt. Die wichtigsten Punkte sind: Bessere Bezahlung und die Entlastung von Kita-Fachkräften, eine trägerübergreifende Fachkräftekampagne mit einem gemeinsamen Bewerberportal, die gezielte Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland sowie die Digitalisierung der Kitas und damit verbunden neue Möglichkeiten der Kommunikation mit den Eltern.

Eine Ursache für den eklatanten Fachkräftemangel sieht Ellspiepen in der "enormen Herausforderung", die die Coronazeit für das Fachpersonal mit sich brachte. Die vielen gesetzlichen Vorgaben in dieser Zeit und Krankheit hätten die Situation verschärft. Zahlreiche Kitas seien nicht mehr in der Stärke aus Corona herausgekommen, in der sie vorher waren. "Viele sind auch erschöpfungskrank und wir haben Long-Covid-Fälle."

Durch längere Krankheitsausfälle etwa müssten andere Mitarbeiter permanent im Krisenmodus arbeiten. "Aber alle, die da sind, setzen sich mit großem Engagement ein", betont Ellspiepen und sagt abschließend: "Wir bemühen uns. Kita ist für die Evangelische Kirche ein wichtiger Teil." Ob weitere Kita-Schließungen drohen, vermag der Dekan nicht zu sagen. "Wir hoffen, nicht."

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