Stadt Heidelberg stemmt sich gegen Fachkräftemangel an Kitas
Ein Maßnahmenkatalog wurde im Ausschuss vorgestellt. Die Probleme werden wohl nicht verschwinden. Auch Bund und Land sind gefordert.

Von Anica Edinger
Heidelberg. Das kommt selten vor: Im Jugendhilfeausschuss haben die Stadträte eindringlich darum gebeten, von der Verwaltung doch bitte eine Beschlussvorlage zu bekommen, damit sie Gelder freigeben können. Es geht um den Fachkräftemangel an Kitas.
Am Dienstag stellte die Leiterin des Kinder- und Jugendamts Myriam Lasso noch einmal die Maßnahmen vor, die die Stadt mit den freien Trägern ergreifen will, um der schwierigen Personalsituation in Kitas zu begegnen.
Weil Fachkräfte an allen Ecken und Enden fehlen, kommt es in den Kitas der Stadt und vieler freier Träger immer wieder zu Einschränkungen der Öffnungszeiten. Erschwerend kommen Krankheitsfälle hinzu, die im Winter nicht ausbleiben. "Die Situation ist schwierig, das wissen wir alle", betonte die zuständige Bürgermeisterin Stefanie Jansen (SPD) abermals.
Sie bedauere das "außerordentlich", so Jansen: "Für die Eltern, die Schwierigkeiten haben, Beruf und Familie zu vereinbaren, für die Erzieherinnen und Erzieher, die sehr belastet sind, aber vor allem auch für die Kinder", so Jansen.
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Die Bürgermeisterin war im Gemeinderat im vergangenen Jahr von einigen Stadträten ob ihrer Handhabung der Kita-Krise scharf angegangen worden. Im Jugendhilfeausschuss wurden nun deutlich versöhnlichere Töne angeschlagen. Grünen-Fraktionsvorsitzender Derek Cofie-Nunoo lobte den "hervorragenden Einsatz" aller städtischen Mitarbeiter zu dem Thema.
Und Zara Kiziltas von den Linken befand: "Heidelberg macht schon sehr viel – dabei kann diese Krise nicht von der Kommune allein gestemmt werden." Das betonte auch Lasso: "Der Fachkräftemangel ist ein bundesweites Problem."
Über kurz oder lang bräuchte man große Lösungen – auch vonseiten des Landes und des Bundes. "Perspektivisch müssen wir davon ausgehen, dass uns ein Drittel unserer Mannschaft wegbricht", sagte Lasso. Denn der Renteneintritt der Generation der "Babyboomer" stünde erst noch bevor.
Ganz deutlich wurde Susanna Re, Geschäftsführerin des Caritasverbandes: "Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass es gut wird, wenn wir nur alles richtig machen." Denn: "Es wird nicht gut werden."
Der Fachkräftemangel sei ein strukturelles Problem, das sich in den kommenden Jahren noch verschlimmere – und zwar nicht nur in Kitas, sondern auf allen Ebenen sozialer Arbeit. Mit einem Strauß an Maßnahmen könne man einen Teil des Problems abfedern – aber es werde schwierig bleiben.
Auch deshalb sei es so wichtig, sich jetzt auf den Weg zu machen – "und wir sind schon mittendrin", so Lasso. Trägerübergreifend – "und das ist wirklich einzigartig", sagt Lasso – wurden verschiedene Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung und -bindung erarbeitet.
Ganz konkret gibt es beispielsweise bereits eine Wohnungsbörse, auf die die Träger zugreifen können, wenn Personal auf Wohnungssuche ist. Das sei ein großes Thema unter Erzieherinnen. "Viele Fachkräfte wandern ins Umland ab, weil die Wohnungen in Heidelberg zu teuer sind", berichtete Olga Schorr von der Evangelischen Kirche Heidelberg, Träger mehrerer Kitas in der Stadt.
Was den Fachkräften außerdem wichtig sei: "Dass sie pädagogisch gute Arbeit leisten können." Darauf müsse man sich weiter konzentrieren. "Die Kita muss mit Fach- und nicht mit Hilfskräften besetzt sein", so Schorr.
Außerdem wünschten sich die Erzieherinnen eine Supervision, in der sie ihre Arbeit professionell reflektieren können. "Es gibt zunehmend schwierige Kinder in der Kita, das belastet unsere Teams sehr", so Schorr. Auch an solch einem Angebot arbeitet die Stadt. Ebenso am Gehalt: Es wird geprüft, ob man Kita-Personal in eine höhere Gehaltsklasse gruppieren kann.
All diese Maßnahmen kosten Geld – wie viel genau, das soll bis zum Jugendhilfeausschuss am 14. Mai geklärt sein. "Unser Anliegen ist, dass wir so schnell wie möglich über Finanzmittel – auch über überplanmäßige – sprechen", so Anja Gernand von den Grünen.
Auch Kiziltas betonte, dass die Linken gewillt seien, bei der Freigabe außerplanmäßiger Mittel mitzugehen. Ebenso die SPD. Stadtrat Sören Michelsburg meinte: "Toll wäre, wenn viele Maßnahmen schon bis zum neuen Kindergartenjahr im September umgesetzt wären."