"Pulse of Europe" ist wieder da
Am Sonntag ging es um die verschiedenen Sozialstaatsmodelle in der EU - Ab September wieder jeden Sonntag

Etwa 70 Menschen interessierten sich im August auf dem Uniplatz für Europa. Foto: Welker
Von Jonas Labrenz
Es geht wieder los: "Pulse of Europe" ist zurück. Nachdem zuletzt vor fünf Wochen die Fahnen der europäischen Länder am Universitätsplatz flatterten und viele Heidelberger ein Zeichen für die Europäische Union setzten, war es gestern wieder soweit: Etwa 70 Menschen versammelten sich, um sich unter dem Motto "Alle für keinen - einer für alle? - Soziales und Solidarität" auszutauschen und zu diskutieren.
Die überparteiliche und unabhängige Bürgerinitiative "Pulse of Europe", die Ende 2016 in Frankfurt gegründet wurde und inzwischen in vielen europäischen Städten Nachahmer fand, hat dem europäischen Gedanken verschrieben. Die Heidelberger Gruppe hatte von Februar bis Juni jeden Sonntag eine Kundgebung gemacht, dann nur noch einmal im Monat - dafür wurde dann stets ein bestimmtes Thema gewählt. "Wir haben die Themen des jeweils nächsten Monats zusammen mit den Leuten auf dem Platz bestimmt", erklärte Philipp Walch.
Und so ging es gestern um "Soziales und Solidarität". "Wer sind die Gewinner und wer sind die Verlierer", so Walch, sei eine Frage, die im Hinblick auf die Finanzpolitik zu stellen sei. Natürlich gehörten daneben auch der europäische Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme zu den Themen, über die diskutiert werden müsse. Für eine Grundlage und einen kleinen Überblick sorgte Lukas Pfäffle. "Ist denn überhaupt ein gemeinsamer Sozialstaat möglich?", fragte der Soziologe, nachdem er über die verschiedenen Ziele und Modelle der Sozialstaaten in Europa referiert hatte. Seine Antwort: Nein, zumindest nicht zeitnah, denn die Unterschiede seien zu groß. Die Skandinavier möchten Ungleichheit vermeiden und finanzieren die Leistungen über Steuern. Ebenso die angelsächsischen Staaten wie Irland, die ihre sozialen Leistungen jedoch eher auf die reine Existenzsicherung beschränken. Auf dem Kontinent dagegen käme es vorwiegend auf die Integration in den Arbeitsmarkt an, so Pfäffle. Hier würden die Leistungen anhand des Zeitraums bestimmt, in dem man in die Sozialsysteme eingezahlt habe und in welcher Höhe das geschehen sei. Von besonderer Bedeutung sei diese Differenz bei der umlagefinanzierten Rente: Die heutigen Rentner werden von der jetzt arbeitenden Bevölkerung bezahlt.
"Wir können nicht einfach alle Sozialstaaten zusammenlegen", schloss der 27-Jährige, da die entstehenden Doppelbelastungen nicht zu vermitteln seien. Eine Annäherung der Sozialsysteme sieht er jedoch als wünschenswert an. So könne die Europäische Union die gut funktionierenden Modelle in der Gemeinschaft anderen Staaten antragen.
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Immer wieder konnten sich die Besucher an eigens vorbereiteten Ständen auch selbst informieren und mit anderen diskutieren. Diese interaktiven Elemente gefielen Besucherin Ulrike Graf, die sich über die Aufarbeitung der komplexen Daten freute. Ähnlich sah es auch Heidi Clauß, die das Aufeinandertreffen überdies dazu nutzte, mit zwei tunesischen Austauschstudenten über die Ängste der Deutschen im Zusammenhang mit Einwanderung zu diskutieren.
Ab dem ersten Sonntag im September lädt die Initiative wieder jeden Sonntag um 14 Uhr auf den Uniplatz. Bis zur Bundestagswahl möchte das Team die Informationen mit den Bürgern "Revue passieren lassen", so Walch - und die Veranstaltung natürlich wieder im großen Kreis - so wie die Sterne auf der Flagge stehen - mit der Europahymne beschließen.