Der Sommer war ein Stresstest für die Polizei
Innenminister Strobl und OB Würzner verlängern die Sicherheitspartnerschaft. Der Kommunale Ordnungsdienst wird deutlich aufgestockt

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Ermittlungen zu den Pfingstkrawallen auf der Neckarwiese sind laut dem frisch gekürten Mannheimer Polizeipräsidenten Siegfried Kollmar so gut wie abgeschlossen. Die Polizei habe 20 männliche Tatverdächtige im Alter zwischen 17 und 23 Jahren identifiziert, die in der Nacht auf Pfingstsonntag eine Corona-Teststation und Schaustellerbuden zerstört, Beamte angegriffen und Flaschen auf Streifenwagen geworfen hatten. Ein 18-Jähriger wurde bereits zu einer Haftstrafe von 15 Monaten ohne Bewährung verurteilt.
Die Erfahrungen dieser Nacht mit einer verletzten Polizistin, einem verletzten Polizisten und rund 50.000 Euro Sachschaden zeigen dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU), dass man in den Bemühungen um ein sicheres Heidelberg auf keinen Fall nachlassen dürfe. Am Mittwoch unterzeichnete er mit Oberbürgermeister Eckart Würzner im Spiegelsaal des Palais Prinz Carl den Vertrag zur Verlängerung der Sicherheitspartnerschaft zwischen Land und Stadt. Kollmar ist dankbar für diese Unterstützung: "Der Sommer war ein Stresstest für die Polizei."
Die Stadt Heidelberg verpflichtet sich im Rahmen des Vertrags, ihren Kommunalen Ordnungsdienst von 23 auf 30 Mitarbeiter aufzustocken. Die Kosten beziffert Bürgeramtsleiter Bernd Köster auf rund 50.000 Euro pro Beschäftigtem und Jahr. Im Gegenzug werden die Kräfte der Polizei mit Beamtinnen und Beamten des Präsidiums Einsatz verstärkt – mit dabei sind auch die Reiter- und die Fahrradstaffel. Einsatzschwerpunkte waren in der Vergangenheit die Altstadt, die Neckarwiese, aber auch der Hauptbahnhof. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres leisteten dabei 3062 Beamte 21.925 zusätzliche Einsatzstunden. Dabei kontrollierten sie 9072 Personen und 3676 Fahrzeuge.
Einfach nur ein "Weiter so" soll es nicht geben. "Wir wollen die Sicherheitspartnerschaft zielgerichtet weiterentwickeln", betont Strobl. So werden etwa die Schwerpunktkontrollen ausgeweitet und dabei auch die Autoposer-Szene ins Visier genommen. Die Videoüberwachung am Hauptbahnhof mit ihren 21 Kameras, die seit Februar in Betrieb sind, könnte mit einer intelligenten Software ausgestattet werden, sofern der Modellversuch in Mannheim gute Ergebnisse liefert. Auch die Kooperation mit der Justiz soll ausgebaut werden, etwa mit einem "Haus des Jugendrechts".
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Daneben gehe es auch um ein konsequentes Vorgehen gegen Intensivtäter, eine Ausweitung des Beleuchtungskonzepts an der Neckarwiese und Sicherheitskonferenzen. Die Möglichkeit, mehrmonatige Aufenthaltsverbote gegen Störenfriede für einen bestimmten Bereich zu erlassen, von der die Stadt in diesem Jahr schon 32-mal Gebrauch machte, soll ausgeschöpft, zeitlich und örtlich begrenzte Alkoholkonsumverbote bei Bedarf ausgesprochen werden. Daneben setzen Stadt und Land aber auch auf Deeskalation. So ist der Einsatz von Konfliktmanagern geplant. "In die Konzeption werden die Nachtbürgermeister eingebunden", verspricht die Stadt in einer Pressemitteilung.
"Die Sicherheitspartnerschaft ist ein Erfolgsmodell, das war in den drei Jahren ihres Bestehens immer wieder zu sehen", so der OB. Die Straßenkriminalität, die das Sicherheitsgefühl der Bürger besonders beeinträchtige, sei von 1538 im ersten Halbjahr 2017 auf zuletzt 1142 gesunken, die Aggressionsdelikte gingen im gleichen Betrachtungszeitraum von 327 auf 261 zurück. Und trotz des Pfingstwochenendes sanken auch die Angriffe auf Polizisten – von 61 auf 51. Die gesamte Kriminalitätsbelastung ging laut Strobl in den letzten Jahren um 17,4 Prozent auf zuletzt 8445 Straftaten pro 100.000 Einwohner im Jahr 2020 zurück.
"Die Zeit nach den Krawallen auf der Neckarwiese war für uns eine kurze Episode, in der wir ein bisschen härter sein mussten", so Würzner: "Uns war es aber auch ein Anliegen, den Nutzern wieder eine Perspektive zu geben." Kollmar betont zugleich, dass die Polizei wieder alle legalen Möglichkeiten ausschöpfen wolle, um ähnliche Ereignisse aufzuklären und zu verhindern. "Sicherheit kostet Geld", fügt Strobl hinzu: "Wer will, dass nachts um 3 Uhr Beamte in der Unteren Straße unterwegs sind, muss Polizisten einstellen." Was nützten schöne Theateraufführungen oder die besten Universitäten, wenn sich das Publikum und die Studenten nicht sicher fühlten, fragt der Minister: "Sicherheit ist die Voraussetzung für so vieles. Das ist gut investiertes Steuergeld."



