Heidelberg

Das überlaufende Feierbad als neuer Impuls

Der Open-Air-Club beim Tiergartenbad wurde förmlich überrannt. Jugendgemeinderat Yunus Noah Oberst fordert nun eine Reihe weiterer Initiativen.

11.08.2021 UPDATE: 12.08.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 39 Sekunden
Clubatmosphäre unter freiem Himmel im Heidelgarden am Tiergarten-Schwimmbad. Foto: Philipp Rothe

Von Anica Edinger

Heidelberg. Das "Feierbad" wird von jungen Menschen regelrecht gestürmt. Am letzten Samstag war der Open-Air-Club auf dem Gelände des ehemaligen Schwimmbadclubs so voll, dass es einen Einlassstopp gab. Das Angebot wurde vor gut drei Wochen von Jugendorganisationen, Nachtbürgermeister Jimmy Kneipp und der Stadt aus der Taufe gehoben – als Reaktion auf die Ausschreitungen auf der Neckarwiese, das danach verhängte Aufenthaltsverbot am Neckarufer und den Aufschrei der Jugend, der dadurch hervorgerufen wurde.

Yunus Noah Oberst, stellvertretender Vorsitzender des Jugendgemeinderats, hat das "Feierbad 21" mit ins Leben gerufen. Noch bis September soll es den Open-Air-Club immer freitags und samstags geben – wenn das Wetter mitspielt. Im RNZ-Interview spricht der 19-Jährige über die ganz besondere Atmosphäre im "Feierbad", über dessen Entstehungsprozess – und darüber, was für die Zeit danach geplant ist.

Yunus Noah Oberst. Foto: pr

Herr Oberst, übers Clubsterben und mangelnde Angebote für junge Leute in Heidelberg wird schon lange diskutiert – erst jetzt wurde ein Angebot geschaffen. Hat der Jugendgemeinderat das Thema in den letzten Jahren verschlafen?

Ich kann nur für die Zeit sprechen, die ich im Jugendgemeinderat bin – und da haben wir nichts verschlafen. Denn fast unsere gesamte Legislaturperiode war von Corona geprägt. Unsere konstituierende Sitzung hatten wir im Januar 2020 – und im März kam der erste Lockdown. Das hat uns natürlich sehr ausgebremst. Und feiern gehen konnte man in den letzten eineinhalb Jahren ohnehin nicht.

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Es war aber beispielsweise auch nicht der Jugendgemeinderat, der nach dem letzten Aufenthaltsverbot auf der Neckarwiese im Juli zum Protest aufrief – sondern die Zero-Covid-Initiative.

Es war richtig, dass die Zero-Covid-Initiative den Protest ausgerufen hat. Aber wir als Jugendgemeinderat haben eine ganz andere Rolle, wir sind nah am Rathaus und am Gemeinderat und können so Einfluss nehmen. Das haben wir auch getan. Wir haben sehr viel diskutiert und überlegt, welche Lösungsansätze und alternative Nutzungskonzepte es gibt. Daraus erwachsen ist dann letztlich in Kooperation mit anderen Jugendgruppen, dem Youth Think Tank, politischen Jugendgruppierungen, dem Oberbürgermeister, dem Nachtbürgermeister und Heidelberg Marketing das "Feierbad" – und fürs Erste ist uns das sehr gut gelungen.

Haben Sie selbst schon im "Feierbad" gefeiert?

Ich war bis jetzt jedes Mal da. Und ich konnte eine große Erleichterung bei den jungen Menschen spüren. Sie fanden es richtig super, dass sie nach der langen Zeit der Entbehrungen und der sozialen Distanzierung wegen Corona jetzt wieder feiern können. Die Begeisterung der Jugendlichen konnte man in ihren Gesichtern sehen. Auch deshalb herrscht im "Feierbad" eine ganz besondere Atmosphäre.

Das zeigt auch: Die Nachfrage nach Angeboten für junge Menschen zum Feiern ist da – das "Feierbad" aber ist endlich. Wie soll es danach weitergehen?

Ganz klar muss sein: Das "Feierbad" war auch ein akuter Hilfsschritt für die Neckarwiesen-Problematik – wo es auch tatsächlich ruhiger geworden ist. Doch es darf nicht der letzte Schritt sein. Im Gegenteil: Das "Feierbad" muss der Anfang sein für eine Reihe weiterer Initiativen aus Jugendorganisationen heraus. Wir werden uns nach den Sommerferien wieder mit der Stadt und auch mit Club-Betreibern zusammensetzen. Außerdem wollen wir gemeinsam mit dem Youth Think Tank einen langfristigen Beteiligungsprozess für Jugendliche auf den Weg bringen.

Theoretisch gibt es aber ja doch Jugendbeteiligung – durch den Jugendgemeinderat.

Der Jugendgemeinderat ist eine sehr wichtige und gute Institution – aber je mehr Jugendliche sich beteiligen und auch gehört werden, auch außerhalb des Jugendgemeinderats, desto besser. Man sieht ja jetzt, was erreicht, was verändert werden kann in dieser Stadt, wenn man auf ihre Jugend hört und ihr den nötigen Raum gibt. Das muss in Zukunft noch viel stärker gemacht werden.

Haben Sie den Eindruck, dass die Stadtverwaltung und das Stadtoberhaupt willig sind, das auch zu tun?

Durch die Ausschreitungen auf der Neckarwiese und den Aufschrei der Jugend aufgrund des Aufenthaltsverbots wurde die Stadt wachgerüttelt, ja. Aber man muss auch sagen: Als wir sie gebraucht haben, war sie da und hat uns in unserem Vorhaben unterstützt. Wir haben alles bekommen, was wir brauchten, um das "Feierbad" auf den Weg zu bringen und auch umzusetzen. Heidelberg Marketing hat die Veranstaltungsorganisation und -absicherung übernommen. Das finde ich toll. Aber klar, es wird sich erst im langfristigen Prozess zeigen, wie sehr man wirklich willig ist, den jungen Menschen in Heidelberg zuzuhören.

Info: Junge Menschen können wieder am Freitag und Samstag, 13. und 14. August, von 19 Uhr bis Mitternacht im "Feierbad 21" beim Tiergartenbad feiern.

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