Das sind keine Amateur-Sänger
Beim "Landeschorfest" brachten Laienchöre mit 250 Sängerinnen und Sängern große klassische Werke zur Aufführung.

Von Steffen Blatt
Heidelberg. Christian Kabitz ist glücklich: Das erste "Landeschorfest" des "Verbandes Deutscher Konzertchöre" (VDKC) in Heidelberg war ein großer Erfolg. Von Freitag bis Sonntag traten in sechs Kirchen in der Stadt und an anderen Orten verschiedene Chöre auf und brachten die unterschiedlichsten klassischen und zeitgenössischen Werke zu Gehör. Dazu standen Workshops auf dem Programm, am Sonntagvormittag wurden zudem drei Gottesdienste gestaltet. Insgesamt waren in den drei Tagen rund 250 Sängerinnen und Sänger auf den verschiedenen Bühnen, dazu Orchester und Einzelmusiker.

"Das war ein großes Experiment. Wir haben uns zwischen dem ,Lied’-Festival und dem Heidelberger Frühling platziert, und trotzdem hatten wir einen sehr großen Zuspruch", bilanziert Kabitz mit Blick auf das schier überbordende Klassik-Angebot in der Stadt. Er leitet den Heidelberger Bachchor und ist der Landesvorsitzende des VDKC Baden-Württemberg. In dem Verband haben sich Chöre mit Nicht-Profis zusammengeschlossen, die einen gewissen Qualitätsanspruch verfolgen. Sie führen große klassische Werke auf, häufig zusammen mit Profi-Orchestern und -Solisten. Das "Chorfest" soll ein Schaufenster sein, das die Leistungen dieser Ensembles in die Öffentlichkeit trägt, für deren Mitglieder Bezeichnungen wie "Laien" oder "Amateure" eigentlich viel zu niedrig greifen.
Denn was die Klangkörper da in Heidelberg zur Aufführung bringen, bewegt sich durchweg auf hohem Niveau, etwa die "Hamburger Markuspassion" in der Bearbeitung von Johann Sebastian Bach, die am Samstag in der voll besetzten Jesuitenkirche erklingt. Sie ist ein Beispiel dafür, wie Amateure mit Anspruch – in diesem Fall die "Capella Palatina Heidelberg" – zusammen mit Profis (dem Barockorchester "L’Arpa Festante" aus München und den fünf Solisten) Großes schaffen. Auch die kostenfreien Workshops zeigen den Anspruch, den die Chöre haben. Da geht es etwa um Rhythmus und Groove, um aktuelle Chormusik oder um Intonation und Stimmbildung. "Viele der Chöre holen sich Profis als Leitung, und ihre Mitglieder nehmen Unterricht in Stimmbildung", berichtet der VDKC-Bundesgeschäftsführer Ralf Schöne, der für das Landeschorfest aus Weimar angereist ist. Den Qualitätsanspruch hat der Verband in seiner Satzung stehen – Ensembles, die Mitglied werden möchten, müssen nachweisen, dass sie dem gerecht werden.
Später am Abend zeigt sich in der etwas spärlicher besetzten Providenzkirche, dass das Chorfest auch für musikalische Vielfalt steht. Dort singen Mitglieder des ...
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Von Steffen Blatt
Heidelberg. Christian Kabitz ist glücklich: Das erste "Landeschorfest" des "Verbandes Deutscher Konzertchöre" (VDKC) in Heidelberg war ein großer Erfolg. Von Freitag bis Sonntag traten in sechs Kirchen in der Stadt und an anderen Orten verschiedene Chöre auf und brachten die unterschiedlichsten klassischen und zeitgenössischen Werke zu Gehör. Dazu standen Workshops auf dem Programm, am Sonntagvormittag wurden zudem drei Gottesdienste gestaltet. Insgesamt waren in den drei Tagen rund 250 Sängerinnen und Sänger auf den verschiedenen Bühnen, dazu Orchester und Einzelmusiker.

"Das war ein großes Experiment. Wir haben uns zwischen dem ,Lied’-Festival und dem Heidelberger Frühling platziert, und trotzdem hatten wir einen sehr großen Zuspruch", bilanziert Kabitz mit Blick auf das schier überbordende Klassik-Angebot in der Stadt. Er leitet den Heidelberger Bachchor und ist der Landesvorsitzende des VDKC Baden-Württemberg. In dem Verband haben sich Chöre mit Nicht-Profis zusammengeschlossen, die einen gewissen Qualitätsanspruch verfolgen. Sie führen große klassische Werke auf, häufig zusammen mit Profi-Orchestern und -Solisten. Das "Chorfest" soll ein Schaufenster sein, das die Leistungen dieser Ensembles in die Öffentlichkeit trägt, für deren Mitglieder Bezeichnungen wie "Laien" oder "Amateure" eigentlich viel zu niedrig greifen.
Denn was die Klangkörper da in Heidelberg zur Aufführung bringen, bewegt sich durchweg auf hohem Niveau, etwa die "Hamburger Markuspassion" in der Bearbeitung von Johann Sebastian Bach, die am Samstag in der voll besetzten Jesuitenkirche erklingt. Sie ist ein Beispiel dafür, wie Amateure mit Anspruch – in diesem Fall die "Capella Palatina Heidelberg" – zusammen mit Profis (dem Barockorchester "L’Arpa Festante" aus München und den fünf Solisten) Großes schaffen. Auch die kostenfreien Workshops zeigen den Anspruch, den die Chöre haben. Da geht es etwa um Rhythmus und Groove, um aktuelle Chormusik oder um Intonation und Stimmbildung. "Viele der Chöre holen sich Profis als Leitung, und ihre Mitglieder nehmen Unterricht in Stimmbildung", berichtet der VDKC-Bundesgeschäftsführer Ralf Schöne, der für das Landeschorfest aus Weimar angereist ist. Den Qualitätsanspruch hat der Verband in seiner Satzung stehen – Ensembles, die Mitglied werden möchten, müssen nachweisen, dass sie dem gerecht werden.
Später am Abend zeigt sich in der etwas spärlicher besetzten Providenzkirche, dass das Chorfest auch für musikalische Vielfalt steht. Dort singen Mitglieder des Bachchores Songs und Couplets aus dem Berlin der 1920er-Jahre. Lieder wie "Was machst Du mit dem Knie, lieber Hans", "Was will der Mann da auf der Veranda" oder "Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da" sind Klassiker dieser wilden Zeit, in der sich die Musik neu erfunden und die unzählige Hits hervorgebracht hat. Geschrieben nur für Singstimme und Klavier, hat Bachchor-Leiter Kabitz die Stücke mehrstimmig für sein Ensemble arrangiert.
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Ein mutiger Schritt, doch das Konzept funktioniert: Die Lieder, begleitet von Hye-Rim Ma am Klavier, verlieren auch im Chorsatz nichts von ihrem hintergründigen Witz, ihrer Romantik oder Tragik. Vier Stücke erklingen aber im "Original" vorgetragen von der Solistin Bianca Alecu. Kabitz’ kurze Erklärungen zu den Liedern und ihren Komponisten runden diese absolute Premiere für das Ensemble ab. Denn, so Kabitz mit einem Augenzwinkern: "Es ist das erste Mal in der mehr als 120-jährigen Geschichte des Bachchors, dass er sich solch ,seichter’ Literatur hingibt." Am 1. April wird das wieder anders: Dann führt das Ensemble in der Peterskirche Bachs Hohe Messe in h-Moll auf.