Bei der Heidelberger Bettensteuer ist wieder alles offen
Abgabe wurde im Ausschuss knapp abgelehnt - Gemeinderat entscheidet am Donnerstag

Heidelberger Hoteliers protestieren auf einem Schiff der Weißen Flotte gegen die Bettensteuer. Foto: Rothe
Von Anica Edinger
Knapper hätte die Entscheidung nicht sein können: Im Haupt- und Finanzausschuss stimmten am Mittwoch acht Stadträte gegen und acht für die Einführung der Bettensteuer, SPD-Stadtrat Michael Rochlitz enthielt sich. Damit ist die umstrittene Abgabe vorerst abgelehnt, der Ausgang der Entscheidung ist damit wieder völlig offen. Der Gemeinderat stimmt endgültig am Donnerstag, 21. Juli, ab.
Sollten sich die Räte dann für die Bettensteuer entscheiden, wird sie nicht wie ursprünglich geplant zum 1. Januar 2017, sondern erst zum 1. Januar 2018 eingeführt. Die Grünen-Fraktion entsprach damit in ihrem Antrag zur Beschlussfassung einem Wunsch der SPD-Fraktion.
Hintergrund
Bettensteuer: Hoteliers und Freiburger Kämmerer uneins
ani. Bernd Nußbaumer, Leiter der Freiburger Stadtkämmerei, und Caroline von Kretschmann, Geschäftsführerin des "Europäischen Hofs", legten im Haupt- und Finanzausschuss ihre Positionen zur
Bettensteuer: Hoteliers und Freiburger Kämmerer uneins
ani. Bernd Nußbaumer, Leiter der Freiburger Stadtkämmerei, und Caroline von Kretschmann, Geschäftsführerin des "Europäischen Hofs", legten im Haupt- und Finanzausschuss ihre Positionen zur Bettensteuer dar - und die könnten unterschiedlicher nicht sein.
> Caroline von Kretschmann sprach für ihre zig Kollegen, die die Zuschauerränge füllten: vom "Bürokratiemonster", von der Mehrbelastung des Hotelpersonals, das mit dem Unmut der Gäste zu kämpfen hätte - und von Einsparungen, die man im Falle der Einführung vornehmen müsste. "Unsere Sponsoring-Aktivitäten etwa für den Karlstorbahnhof oder den Heidelberger Frühling werden wir dann kürzen", so von Kretschmann. Schließlich entscheide die Bettensteuer am Europäischen Hof über ein Plus oder ein Minus in der Bilanz. Noch schwerer werde das kleinere Hotels treffen. Als "zutiefst unsozial" bezeichnete sie die Abgabe. Zumal die Tagestouristen, die hauptsächlich die Infrastruktur nutzten, nicht zur Kasse gebeten werden. "Es ist frustrierend, dass Argumente nicht mehr zählen. Ich habe noch mit keinem grünen Stadtrat gesprochen, bei dem ich das Gefühl hatte, man könne in den Diskurs eintreten", beklagte von Kretschmann.
> Bernd Nußbaumer machte dagegen Hoffnung auf ein volles Stadtsäckel. Im Jahr 2014 - dem ersten Jahr der Einführung - habe die Stadt dank der Steuer 2,1 Millionen Euro eingenommen, 2015 waren es 2,4 Millionen Euro. Wie viel davon zurück in den Tourismus fließt, muss der Gemeinderat noch entscheiden. Dem gegenüber steht ein Verwaltungsaufwand von 250 000 Euro (2014). Im Jahr 2015 habe man die Kosten dafür auf 170 000 Euro reduzieren können - und Nußbaumer ist zuversichtlich, dass sie weiter sinken. Die Bettenauslastung sei nach wie vor gut. Das belegen auch Zahlen, die der RNZ von der "Freiburg Wirtschaft und Touristik Messe GmbH" vorliegen. Demnach gab es im Jahr 2015 in Freiburg so viele Übernachtungen wie noch nie: rund 1,4 Millionen - eine Steigerung um 6,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2014 habe es allerdings eine "Delle" gegeben, denn in diesem Jahr wurde die Polizeiakademie geschlossen, die gut 40 000 Übernachtungen ausgemacht habe.
Grundsätzlich halte die SPD die Bettensteuer für vertretbar, sagte Fraktionsvorsitzende Anke Schuster, allerdings nur, wenn die Einführung um ein Jahr nach hinten verschoben würde - "um diverse Dinge zu klären". Zum einen müsse besprochen werden, wie mit Reisenden umgegangen wird, die aus medizinischen Gründen in die Stadt kommen. Und außerdem solle das Rechtsamt einschätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass einer Verfassungsbeschwerde aus Freiburg stattgegeben wird (die RNZ berichtete). Der Freiburger Leiter der Stadtkämmerei, Bernd Nußbaumer, machte im Ausschuss außerdem darauf aufmerksam, dass auch Internetplattformen wie "Air B’n’B" oder "Couchsurfing" problematisch sind. "An diese Reisenden kommen wir noch nicht heran", sagte er während seines Vortrages. Nußbaumer berichtete von den Erfahrungen, die Freiburg mit der Bettensteuer bislang gemacht hat. Noch immer sei die Lage zwischen Stadt und Hoteliers angespannt, sagte er. Zuvor hielt Caroline von Kretschmann, Geschäftsführerin des Hotels Europäischer Hof, ein leidenschaftliches Plädoyer gegen die Steuer - und gab einen Vorgeschmack darauf, wie sich auch in Heidelberg das Verhältnis zwischen Stadt und Hoteliers ändern könnte.
Die Grünen-Fraktion beeindruckte das wenig. Peter Holschuh (Grüne) zerriss dagegen das Gutachten der Mannheimer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft VHP, das die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage zur Begründung gegen die Bettensteuer heranzog. Im Gutachten sei etwa von einem Bundesverwaltungsgerichtshof die Rede - "den gibt es aber nicht", so Holschuh, "es gibt nur ein Bundesverwaltungsgericht." Ein Desaster sei dieses Gutachten - und deshalb zu ignorieren. Man müsse jetzt handeln, um den Haushalt endlich zu füllen. "Die mittelfristige Finanzplanung macht uns große Probleme." Schließlich stünden kostenintensive Projekte an: die Großsporthalle, das Konferenzzentrum, die Schul- und Straßensanierung. Für Jan Gradel, Fraktionsvorsitzender der CDU, ist das die Rückkehr "in die Politik des vorletzten Jahrhunderts". Gradel: "Wenn dem König das Geld ausging, wurde eben eine neue Steuer erfunden und eingeführt."



