Airfield-Naivität macht IBA-Chef sprachlos
Michael Braum hält nichts von einer Buga auf dem Airfield. "Das hat mit ernster Politik wenig zu tun", sagt er.



Chef der IBA Heidelberg
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Michael Braum, Chef der Internationalen Bauausstellung (IBA) Heidelberg, hat die Bundesgartenschau in Potsdam (2001) und die Planungen für das Tempelhofer Feld in Berlin begleitet. Die RNZ befragte ihn zum Vorschlag einer Buga auf dem Airfield.
Herr Braum, SPD-Stadtrat und OB-Kandidat Sören Michelsburg will 2025 eine Bundesgartenschau auf das Airfield holen. Wie finden Sie den Vorschlag?
Wenig durchdacht. Ich halte das für eine typische Sommerloch-Aktion. Das hat mit ernster Politik wenig zu tun.
Warum ist die Idee so schlecht?
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Sie ist nicht umsetzbar. Eine Buga braucht eine sorgfältige Vorbereitungszeit. Mindestens fünf, eher sieben oder acht Jahre – nicht zweieinhalb! Eine Buga kostet mehr als 100 Millionen Euro, wovon eine Menge die Stadt selbst trägt. Und schlussendlich: Das Airfield ist viel zu klein. Man müsste schon den ganzen Landschaftsraum zwischen Bahnstadt, Pfaffengrund, Kirchheim und Patrick-Henry-Village nehmen.
Hintergrund
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Michelsburg hat seinen Vorschlag konkretisiert: Er will eine "schlanke Buga" als Katalysator für Stadtentwicklung – mit Fokus auf die Landwirtschaft rund um das Airfield.
Warum spricht man solche Vorschläge nicht mit Fachleuten ab? Der Ursprung einer Buga ist eine "Blümchenschau", die will der Bundesgartenschau-Verband auch sehen – der Aspekt der Stadtentwicklung ist immer zweitrangig! Und einen "Blumen-Park" auf das Airfield zu pflanzen, wenn auch nur temporär, halte ich für ein vollkommen absurdes Signal.
Michelsburg sagt auch, das "bestehende Konzept des Landwirtschaftsparks" solle Grundlage der Buga sein. Der Landwirtschaftspark ist ein IBA-Projekt – das müsste Ihnen doch gefallen.
Nein, gefällt mir nicht. Der Buga-Vorschlag torpediert alle Bemühungen, den Landwirtschaftspark voranzutreiben. Denn eine Buga besorgt die Landwirte! Sie ist eingezäunt, kostet Eintritt – sollen die dann für ein halbes Jahr die Landwirtschaft einstellen? Da geht Vertrauen verloren, das wir im IBA-Prozess mühsam aufgebaut haben. Die große Herausforderung auf diesem Areal ist doch, die Interessen der Landwirte mit den Interessen von Erholungssuchenden in Einklang zu bringen. Mit einer Buga noch Bundes-, Landes und Verbandsinteressen reinzuholen, wo wir schon bei Beherrschung der lokalen Interessen Schwierigkeiten haben, ist wirklich eine sehr schlechte Idee.
Wie weit sind denn die Pläne der IBA für den Landwirtschaftspark?
Herr Michelsburg ist hier falsch informiert: Es gibt noch gar kein fertiges Konzept, weil zwei Drittel des Planungsbudgets, das für eine Konzepterarbeitung notwendig gewesen wäre – insgesamt etwa 150.000 Euro – den coronabedingten Kürzungen des Gemeinderats im letzten Haushalt zum Opfer fielen. Es gibt lediglich gute Ideen. Wir wollen auf dem Landwirtschaftspark konkret zeigen, wie wir mit künftigen Herausforderungen umgehen: lokal ernähren, lokal Energie gewinnen – etwa mit Biogas – und lokal recyceln.
Kommen wir mal zur aktuellen Situation auf dem Airfield: Es ist stundenweise offen, aber kaum einer kommt.
Da stellt man eine Frittenbude und eine Radhügelstrecke in die pralle Hitze auf eine Asphaltfläche – und dann wundert man sich, dass keiner kommt. Das ist doch bitter! Und dann diese Vergleiche mit dem Tempelhofer Feld! Diese Naivität macht mich wirklich sprachlos.
Sie haben bei der Entwicklung des Geländes des ehemaligen Flughafens Tempelhof in Berlin zu einer Freizeitfläche mitgearbeitet. Was kann Heidelberg von der Hauptstadt lernen?
Beim Tempelhofer Feld wurde nicht einfach der Zaun geöffnet und die Leute kamen. Das war ein professioneller, choreografierter Planungsprozess über zwei, drei Jahre hinweg – nicht minder anspruchsvoll wie das Planen einer neuen Wohnsiedlung.
Machen Sie es mal konkret: Was muss jetzt passieren, damit das Airfield sinnvoll entwickelt und der Landwirtschaftspark ein Erfolg werden kann?
Erstens: Man muss das Airfield ganz klar als Teil des umgebenden Landschaftsraums sehen. Zweitens: Das Planungsbudget, das den Corona-Einsparungen zum Opfer fiel, muss her. Dann können Landschaftsplaner und andere Profis ein Konzept für den Landwirtschaftspark und das Airfield als Teil dessen erstellen. Und drittens muss man in einem professionellen, kommunal gesteuerten Prozess Menschen ansprechen, die das Konzept mit Leben füllen. Schauen sie sich das Oberfeld in Darmstadt an, das ist doch klasse, was die da machen.



