RNV will bei Reklamationen "kulant" sein
Viele Fahrgäste waren am ersten Gratis-Samstag im Nahverkehr unterwegs. Manche kauften jedoch trotzdem ein Ticket. Nun soll die Werbung verstärkt werden.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) zieht eine vorsichtig optimistische Zwischenbilanz zum ersten Gratis-Nahverkehr-Samstag in Heidelberg. Zwar sind die Zählungen per Lichtschranke in den Bussen und Bahnen noch nicht vollständig ausgewertet. Doch ein Sprecher des Verkehrsunternehmens sagte auf RNZ-Anfrage bereits: "Wir hatten im Stadtgebiet nach einer recht belastbaren Schätzung fast 74.000 Fahrgäste." An den vergangenen Samstagen hätten in Heidelberg durchschnittlich jeweils rund 6000 bis 7000 Menschen weniger die Busse und Bahnen genutzt.
Zwar gebe es immer Sondereffekte wie Veranstaltungen, Baustellen oder das Wetter. Aber: "An anderen Stellen in unserem Verkehrsgebiet gab es diesen Anstieg am Samstag nicht", so der Sprecher. Die Tendenz sei klar: "Offensichtlich haben viele Menschen das Angebot in Anspruch genommen." Daher sei auch gut gewesen, dass man auf einigen Linien zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt habe.
Bereits am frühen Samstagnachmittag hatte sich allerdings gezeigt, dass einige Fahrgäste gar nichts von dem Angebot mitbekommen hatten. Bei einer Umfrage unter den Fahrgästen in den Bahnen, am Hauptbahnhof und am Bismarckplatz berichteten etliche Passagiere, dass sie sich – nichts ahnend von der Gratis-Aktion – ein Ticket gekauft hatten. Mit Unverständnis reagierten einige Leserinnen und Leser im Nachgang deshalb darauf, dass die RNV die digitale Anzeige an den Haltestellen nicht genutzt hatte, um ihre Kunden zu informieren. Es gab auch keine Aushänge an den Automaten.
"Wir haben eigentlich recht breit über das Angebot informiert, und die Stadt Heidelberg hat ebenfalls großen Aufwand betrieben", sagte der RNV-Sprecher. Er versteht aber auch die Verärgerung der Kunden, die nichts von dem Aktionstag mitbekommen hatten. "Daher werden wir in den kommenden Tagen gemeinsam mit der Stadt kommunikativ noch einmal nachlegen", verspricht er. Schon diesen Samstag sollen auch die digitalen Anzeigen an den Haltestellen über den Gratis-Nahverkehr informieren. Zwar wäre es theoretisch auch möglich, die Automaten für so eine Anzeige umzuprogrammieren. Da aber vorerst der Nahverkehr nur an vier Samstagen kostenlos sei, wäre der Aufwand, der dafür betrieben werden müsste, aktuell nicht vertretbar.
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Die Fahrten mit Bussen und Bahnen sind auch noch an den nächsten drei Samstagen kostenlos. Das Angebot gilt jeweils von 0 Uhr bis 3 Uhr morgens in der Nacht auf Sonntag. Die Aktionstage sind der erste Probelauf auf dem Weg zu einem generellen Gratis-ÖPNV. Nach dem Vorbild von Montpellier sollen im nächsten Schritt Kinder und Jugendliche kostenlos fahren. So sieht es der Vorschlag von Oberbürgermeister Eckart Würzner vor. Danach soll das Angebot auf Senioren ausgeweitet werden.
Zunächst aber wird es jetzt erst einmal die Aktionssamstage geben. Zur Kompensation der erwarteten Einnahmeausfälle für den Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) hat der Gemeinderat 140.000 Euro zur Verfügung gestellt. Würzner wollte eigentlich an den vier Adventssamstagen einen kostenlosen Nahverkehr anbieten. Aufgrund der Corona-Pandemie sprach sich die Mehrheit der Stadträte aber dafür aus, das Projekt in den Frühling zu verschieben.
Was die mangelnde Werbung für das Samstagsangebot angeht, hätten sich bislang nur vereinzelt Fahrgäste bei den RNV-Kundencentern beschwert, berichtet der Unternehmenssprecher. Er verspricht, dass die Verkehrsbetriebe mit Reklamationen "sehr kulant" umgehen werden. Wie die Passagiere ihre Kosten für die bezahlten Tickets erstattet bekommen, steht aber noch nicht fest. Der RNV-Sprecher glaubt auch nicht, dass so viele Menschen davon Gebrauch machen werden. Ein Kurzstreckenticket vom Hauptbahnhof bis zum Bismarckplatz kostet 1,80 Euro.



