Zum Frühlingsstart kommt der kostenlose ÖPNV
Der Klimaausschuss stimmt für das Projekt. Der Wunsch von CDU und Grünen nach Evaluation bleibt unerfüllt. Die Kosten liegen bei 140.000 Euro.

Von Jonas Labrenz
Heidelberg. An vier Samstagen im März und April soll der öffentliche Nahverkehr in Heidelberg kostenlos sein. Dafür votierten die Mitglieder des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität in ihrer Sitzung am Mittwoch. Nur Timethy Bartesch (AfD) gab eine Gegenstimme ab. Ursprünglich sollte das Projekt bereits im Advent stattfinden und auch für die Sonntage gelten, doch aufgrund der Pandemielage hatte der Haupt- und Finanzausschuss das Projekt kurz vor dem Start verschoben. Er entscheidet in seiner Sitzung am Mittwoch, 23. Februar, erneut über das Vorhaben. Im Haushalt hatte der Gemeinderat für das Projekt 50.000 Euro vorgesehen, nun wird es jedoch rund 140.000 Euro kosten – die Marketing-Beratung "Probst & Consorten" hatte für einen durchschnittlichen Samstag Einnahmeausfälle von rund 35.000 Euro errechnet und ihre Berechnung im Ausschuss erläutert.
Den Stadträten ging es in der Sitzung hauptsächlich darum, was man aus diesem Versuch lernen könnte. So hatten CDU und Grüne im Vorfeld beantragt, herauszufinden, welche Effekte der kostenlose ÖPNV hat: Lassen die Bürger etwa das Auto stehen, um Bus oder Bahn zu nehmen, weil diese kostenlos sind? Oder wären die Fahrgäste ohne das Gratis-Angebot stattdessen gelaufen oder mit dem Rad gefahren? "Zu klären ist dabei, ob sogenannte ,Kannibalisierungseffekte’ auftreten", heißt es dazu im Grünen-Antrag. Der Effekt für das Klima wäre dann natürlich deutlich geringer. "Es wäre doch interessant, wenn man mal den einen oder anderen fragt, was der Beweggrund ist", so CDU-Stadtrat Alexander Föhr.
Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) nahm den Stadträten allerdings die Hoffnung darauf, herauszufinden, ob und warum die Fahrgäste von einem anderen Verkehrsmittel umgestiegen sind: Eine repräsentative gutachterliche Auswertung würde nicht nur einen mittleren fünfstelligen Betrag kosten, so Thomas Czeck, sondern müsste deshalb auch öffentlich ausgeschrieben werden. Das sei bis zum Projektbeginn einfach nicht mehr möglich. Und von der Idee, die Menschen einfach so zu befragen, riet er dringend ab: "Das ist wie bei den Fragen danach, ob die Leute gerne Klassiker lesen oder wie oft sie sich die Zähne putzen – da bekommen Sie nicht die Wahrheit, sondern die sozial erwünschten Antworten." Außerdem seien solche Befragungen während der Pandemie schwierig. Stattdessen wird an diesen Samstagen gezählt, wie viele Fahrgäste es gibt – und diese Zahl mit einem Samstag ohne kostenlosen ÖPNV verglichen. Auf Initiative von Bunte-Linke-Stadtrat Arnulf Weiler-Lorentz wird die Stadt zudem die Zahlen von den Radzählstationen und der Verkehrszählung einbeziehen. "Vielleicht machen wir auch nochmal vier Wochen im Juni und Juli", schlug Stadtrat Föhr vor.
Ein weiteres Thema betraf die Verunsicherung darüber, wie Fahrgäste, die von außerhalb nach Heidelberg fahren, beim Ticketkauf vorgehen müssen – also bis zu welcher Haltestelle genau sie noch eine Fahrkarte brauchen. Hier müsse sich aber niemand Sorgen machen, versprach Volkhard Malik vom Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN). Man werde den Leuten keine 60-Euro-Strafen aufbrummen. "Dieser Imageschaden würde ja das ganze Projekt überschatten."