Ein letzter Wunsch der scheidenden Chefin
Ingrid Wolschin leitete das Kulturhaus mehr als 21 Jahre. Bei ihrem Abschiedsfest gab es viel Lob.

Heidelberg. (rie) Im Karlstorbahnhof ist am Sonntag eine Ära zu Ende gegangen. Mit einem rauschenden Fest wurde Ingrid Wolschin nach über 21 Jahren als Geschäftsführerin in den Ruhestand verabschiedet. In den Dankesreden wurde deutlich: Da geht eine, die ihren Job richtig gut gemacht hat – und dabei sympathisch blieb.
Weitsichtig, professionell und durchsetzungsstark: So beschrieb Baden-Württembergs Kunstministerin Theresia Bauer Ingrid Wolschin. "Du hast hier eine enorme Erfolgsgeschichte geschrieben und den Karlstorbahnhof zu einem soziokulturellen Leuchtturm über die Landesgrenzen hinaus gemacht", so Bauer. Heidelbergs Kulturbürgermeister Joachim Gerner schloss sich an: "Mit Ingrid Wolschin ist das Haus zur ersten Adresse für Gegenwartskultur geworden."
Christian Weiss, der Wolschin 1999 mit eingestellt hatte und noch heute im Karlstorbahnhof-Vorstand sitzt, erinnerte daran, wie Wolschin damals im Gemeinderat um Anerkennung und nachhaltige Förderung für ihr Haus kämpfte. Alle Redner stellten heraus, wie selbstbewusst Wolschin für die Interessen des Hauses eintrat, dabei aber stets gesprächsbereit und verlässlich war. "Mit Ingrid als Geschäftsführerin setzte ein inhaltlicher Aufschwung ein, weil sie Raum gelassen hat für die verschiedensten Kooperationen", sagte Weiss.
Das bestätigte Programmchef Martin Müller: "Du hast dich programmatisch wenig eingemischt – und wenn, dann konstruktiv." Wolschin habe zwar auch selbst Projekte angestoßen, vor allem aber eine Kultur geschaffen, in der permanent Neues entstehen konnte – wie 2009, als Müller und Dominic Hauser ein Queer Festival vorschlugen. "Niemand wusste, was das ist, aber Ingrid sagte einfach nur: Super, macht mal!" Heute ist das Festival deutschlandweit bekannt. Müller stellte seiner langjährigen Chefin ein exzellentes Zeugnis aus: "Du hast jedem eine zweite Chance gegeben, hast Talente gefördert und hattest die Größe, Fehler zuzugeben. Du warst das Familienoberhaupt dieses Hauses." Zum Abschied schenkte ihr Team Wolschin kiloweise Müsli.
Wolschin war überwältigt von den Lobreden, den Musikbeiträgen – und den 200 Menschen aus Kultur, Politik und Wirtschaft, die teils von weit herkamen, um mit ihr Abschied zu feiern: "Das ist ein unheimlich gutes Gefühl." Die 65-Jährige dankte ihren Weggefährten und ihrer Nachfolgerin Cora Malik ("Du machst es mir leicht, zu gehen, denn du wirst das hervorragend machen") – und äußerte einen allerletzten Wunsch: "Die Stadtgesellschaft und besonders die Politik sollen dieses Haus beim Umzug in die Südstadt weiter nach vollen Kräften unterstützen – denn das wird kein Spaziergang."



