Mythisches Peru

Kondor und Inkaprinzessin

Peru überrascht an jeder Ecke: Hier lassen sich eine Welt der Mythen hinter der Berglandschaft der Anden entdecken, Kolonialstädte mit ihren Spuren aus der Zeit der Inkas erkunden und eine unglaubliche Tierwelt bestaunen.

28.06.2025 UPDATE: 29.06.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 46 Sekunden
Über dem Colca-Tal lässt sich ein Kondor ohne wahrnehmbaren Flügelschlag, dank seiner imposanten Spannbreite von der Thermik tragen. Alle Fotos: Getty

Von Uwe Junker

Palmen wiegen sich am Strand, Schwärme von Pelikanen und Fregattvögeln ziehen vorbei. Im Hintergrund läuft John Denvers "Annie’s Song". Bald wandern die Gedanken am Strand des beschaulichen Strandhotels "Punta Sal Club" im Norden Perus weit zurück in eine andere Zeit, in der das Schicksal des Inkamädchens Juanita sich erfüllte: Nach Tagen des Fastens macht sich die Vierzehnjährige, begleitet von Priestern, auf ihren beschwerlichen Weg hinauf zum Gipfel des Vulkans Ampato in 6380 Meter Höhe. Sie ist festlich gekleidet, in einer Umhängetasche aus Wolle trägt sie reichlich Coca-Blätter mit sich. Die lindern Schmerzen, euphorisieren und geben dem Mädchen Energie.

Die braucht es, um diesen letzten Weg seines Lebens über Gletscher, durch Schneefelder und beißende Kälte zu schaffen. Schließlich ist der Gipfel erreicht. Dort oben angekommen, geben ihm die Inkapriester reichlich "Chi Cha", Maisbier, zu trinken – ein Narkotikum für Juanitas durch Fasten und Bergsteigen ausgezehrten Körper. Sie schläft rasch ein. Kurz darauf wird die auserwählte Jungfrau von einem der Priester mit einem steinernen Hammer durch einen Schlag getötet – ein Opfer für den Vulkangott Ampu Ampato. Wie eine Prinzessin gekleidet lassen die Priester Juanita sitzend im vermeintlich ewigen Eis zurück. Für Jahrhunderte wird der Vulkan schweigen.

Vielen Lamas werden bunte Schleifen an die Ohren gebunden.

500 Jahre später: In unmittelbarer Nachbarschaft bricht der Vulkan Sabancaya in den 1990er-Jahren immer wieder aus. Die Gletscher am Gipfel des Ampato schmelzen dahin, auch Juanitas eisiges Grab. Die Mumie des Mädchens finden 1995 der amerikanische Inkaforscher und Anthropologe Dr. Johan Reinhard und Dr. José Antonio Chavez mit seinem Team der katholischen Universität Arequipa. Und hier, im kleinen "Museo Santuarios Andinas", ist Juanita heute in ihrem gläsernen Sarg aus Eis zu bestaunen.

Marcia Chavez, als Nichte von Dr. Chavez früh in den Fund involviert, beginnt hier die Führung durch ihre Heimatstadt Arequipa. Sie erzählt von Ritualen und Tieren, die den Inkas heilig waren: "Die Schlange symbolisiert Weisheit, der Puma Kraft und Stärke, der Kondor Frieden, Freiheit und Gottesnähe." Die drei Tiere finden sich auch an der Fassade der Jesuitenkirche wieder – kunstvoll eingearbeitet in christliche Symbolik. "Diese Mischung indigener und christlicher Symbole nennt man Synkretismus", erklärt Marcia. "Ein kluger Schachzug der spanischen Kolonialherren, um die Ureinwohner in ihre Kirchen zu locken."

Szenenwechsel: Esel, Schafe, Lamas mit bunten Schleifen an den Ohren werden von ihren Hirten auf Weiden getrieben oder tragen Lasten. Frauen, die ihre farbenfrohe Tracht hier im Colca-Tal nicht nur für die Touristen, sondern auch im bäuerlichen Alltag tragen. Das ganze, bis zum gleichnamigen Canyon stetig enger werdende Tal scheint in Terrassen gemeißelt zu sein. "Die haben Ureinwohner schon vor der Zeit der Inkas angelegt", weiß Marcia. "Hier werden Bohnen, Mais und Kartoffeln angebaut. Fotostopps im Tal machen wir später, wir fahren erst zu den Kondoren."

Sie lässt unseren Fahrer Angel am "Mirador Tapay" anhalten. Dort verharren wir in gespannter Erwartung. Lassen den Blick über das Dorf Tapay hinweg auf schneebedeckte Berge und hinunter in die über 4000 Meter tiefe Schlucht schweifen. Wind, ansonsten Stille. Plötzlich ruft Angel: "El Condor". Und da schraubt er sich aus der Tiefe des Canyons majestätisch empor, ohne wahrnehmbaren Flügelschlag, dank seiner imposanten Spannbreite von der Thermik getragen. Höher und höher über die 5000er-Gipfel zu den Göttern hin – wie einst die Inkaprinzessin Juanita.


INFORMATIONEN

Anreise: Condor fliegt zweimal in der Woche direkt von Frankfurt nach Lima. Mit Iberia, KLM und Air France kann man ebenfalls ab Frankfurt nach Lima starten, allerdings mit Zwischenstopp in Madrid, Amsterdam oder Paris. Für Reisen im Land sind Busse das beliebteste Fortbewegungsmittel, insbesondere für längere Strecken. Die Busunternehmen Cruz del Sur, Tour Peru und Movil Tours bieten Komfort und Sicherheit, fahren nur von offiziellen Busbahnhöfen und nehmen keine Passagiere von der Straße mit.

Reisezeit: Für Besuche des Hochlands sind April bis Dezember am günstigsten, wer auch die Küste besuchen möchte, sollte im Zeitraum von Dezember bis Mai reisen.

Pauschalangebote: GeBeCo hat die zwölftägige Erlebnisreise "Peru kompakt" ab 2995 Euro pro Person im Programm inklusive Flug, Frühstück, dreimal Mittagessen, einmal Abendessen: www.gebeco.de 

Papaya Tours bietet die 14-tägige Individualreise "Peru Highlights" ab 2019 Euro pro Person ohne Flug, inklusive Frühstück und ausgewählter Mahlzeiten an: www.papayatours.de 

Mit Wikinger kann man 20 Tage durch das "Reich der Inka" wandern, Preis ab 4375 Euro pro Person inklusive Flug, Frühstück und einzelner Mahlzeiten im Tourverlauf: www.wikinger-reisen.de 

Weitere Infos: www.peru.travel