Luminous von Aleph Alpha

Europas Antwort auf ChatGPT kommt aus Heidelberg

Gründer Jonas Andrulis sieht sein Unternehmen bei künstlicher Intelligenz auf Augenhöhe mit dem US-Unternehmen OpenAI.

18.02.2023 UPDATE: 18.02.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 57 Sekunden
OpenAI - ChatGPT
Das Logo von OpenAI, dem Hersteller von ChatGPT, auf dem Bildschirm eines Smartphones. Foto: dpa
Interview
Interview
Jonas Andrulis
Gründer von Aleph Alpha

Von Matthias Kros

Heidelberg. Eines der wenigen europäischen Start-ups, die beim Technologie-Wettrüsten rund um die Künstliche Intelligenz (KI) mithalten können, ist Aleph Alpha aus Heidelberg. Gründer Jonas Andrulis hat mit dem Sprachmodell Luminous bereits eine europäische Alternative zu ChatGPT des US-Anbieters OpenAI geschaffen.

Herr Andrulis, wenn in diesen Tagen von KI die Rede ist, dann stehen meist OpenAI, Microsoft und der Textroboter ChatGPT im Mittelpunkt und weniger Aleph Alpha mit Luminous. Ärgert Sie das?

Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Auf der einen Seite haben OpenAI und Microsoft etwas erreicht, was wir alleine nie geschafft hätten. Sie haben einer weltweiten Öffentlichkeit gezeigt, was KI heute kann. Das hat auch für uns positive Auswirkungen. Andererseits ärgert es mich, wenn sich deutsche oder europäische Stimmen zu KI äußern und gar nicht erwähnen, dass wir als einziges europäisches Unternehmen in einer ähnlichen Leistungsklasse unterwegs sind. Natürlich ist das keine böse Absicht. Es liegt vor allem daran, dass wir ein viel kleineres Marketingbudget haben als OpenAI.

Kann man Luminous wirklich mit ChatGPT vergleichen?

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Ja, das kann man. Wir haben nur einen unterschiedlichen Fokus. Aleph Alpha will kein Verbraucherprodukt machen, mit dem jeder spielen und seine Hausaufgaben erledigen kann. Das funktioniert bei ChatGPT besser. Unsere Partner sind eher Unternehmen und öffentliche Verwaltungen.

So wie die Stadt Heidelberg, die Luminous bereits als virtuellen Assistenten bei Bürgeranfragen nutzt.

Richtig, wir sehen Luminous immer als Assistenzsystem, um Menschen zu unterstützen. Wir wollen nicht den kompletten Arbeitsschritt übernehmen. Luminous kann zum Beispiel sehr komplexe Informationen in Texten zusammenzufassen und verschiedene Perspektiven und Aspekte eines Themas darstellen. Dem Anwender hilft das beim Suchen, Strukturieren und Formulieren.

Welche Auswirkungen erwarten Sie von KI auf den Arbeitsmarkt?

Ich glaube nicht, dass KI Menschen ersetzen wird. Aber die informationsbasierte Wertschöpfung wird sich verändern und mit ihr die Berufsprofile. Das haben wir bei der Einführung des Internets schon einmal erlebt. Und fraglos werden Unternehmen, die KI konsequent nutzen, viel wettbewerbsfähiger sein. Da machen mir Europa und Deutschland schon etwas Sorgen.

Warum sind die USA beim Thema KI so dominant?

Das fängt mit dem Silicon Valley und seinem Netzwerk aus Investoren und Unternehmen an. In den USA gibt es aber auch grundsätzlich eine risikofreudigere Kultur. In Europa haben wir dagegen stets eine strenge Regulierung, die unsere Innovationskraft hemmt.

Spielt auch Geld eine Rolle? Hinter OpenAI steht Microsoft mit Milliarden von Dollar.

Natürlich spielt Geld eine Rolle. Wobei es nicht so ist, dass in Europa das Geld fehlen würde. Auch bei uns gibt es starke Unternehmen mit dreistelligen Millionenetats für IT. Und für die Digitalisierung von Verwaltungen stehen große Fördertöpfe zu Verfügung, die aber teilweise gar nicht abgerufen werden.

Ist Aleph Alpha also ausreichend finanziert?

Im Moment haben wir noch Geld. Auch, weil wir es sehr effizient einsetzen. Ohne ein weiteres Investment wird es aber nicht gehen. Ich habe immer gesagt, dass wir einen dreistelligen Millionenbetrag brauchen, um unsere Ziele zu erreichen. Das gilt nach wie vor.

Warum ist es eigentlich so wichtig, dass Europa beim Thema KI souverän ist?

Weil wir unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen sollten. Wenn wir künftig nur mit ChatGPT reden, dann wird dieses System bei kontroversen Themen natürlich dass sagen, was Microsoft gut findet. Da sind wir zwar mit den USA eher auf einer Linie als mit China. Dennoch sollten wir die Welt, in der wir leben, nach eigenen Vorstellungen gestalten. Außerdem geht es natürlich um die künftige Wertschöpfung, die KI ermöglicht. Die sollte auch in Europa stattfinden.

Wie wird KI unser Leben verändern?

Bisher hat sich der Mensch immer dem Computer angepasst, also gelernt, Tastaturen zu bedienen und Eingabemasken zu füllen. Nun passt sich der Computer erstmals uns Menschen an, versteht uns und beherrscht unsere Sprache. Computer können uns dank der KI auf eine menschliche Art unterstützen.

Aleph Alpha hat seinen Sitz in Heidelberg. Passt die vermeintliche Provinz mit Ihren Zielen zusammen?

Natürlich haben wir auch ein kleineres Büro in Berlin und werden noch andere Standorte eröffnen. Aber wir fühlen uns wohl hier, wir sind umgeben von den besten Universitäten, die man sich vorstellen kann.

Dann finden Sie hier die richtigen Mitarbeiter?

Wir holen sie hierher. Wir brauchen die besten Leute aus aller Welt.

Nutzt Ihnen auch die Nähe zur SAP? Da Sie beide Unternehmen als Kunden haben, läge eine Zusammenarbeit nah.

Da möchte ich derzeit keine Details nennen.

Und wie könnte die Politik Ihnen helfen?

Ich erwarte jedenfalls keine Fördergelder. Stattdessen wünsche ich mir eigentlich nur, dass die Politik die Verwaltung mit europäischer KI digitalisiert und damit das tut, was in unser aller Interesse ist. Wenn das gelingt, dann hat uns die Politik sehr geholfen.

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