50 Jahre SAP

"Eine große Leistung"

Über den eigenen Erfolg hinaus spielt SAP aus Sicht von Professor August-Wilhelm Scheer eine entscheidende Rolle bei der Digitalisierung in Deutschland und in Europa.

22.03.2022 UPDATE: 31.03.2022 19:00 Uhr 3 Minuten, 27 Sekunden
Professor August-Wilhelm Scheer sieht SAP sehr gut aufgestellt. Foto: Scheer GmbH

Von Barbara Klauß

Saarbrücken/Walldorf. Wie kaum ein anderer hat Professor August-Wilhelm Scheer die SAP über viele Jahre begleitet. Scheer, 80 Jahre alt, ist Unternehmer, zudem war er Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Universität des Saarlandes und Präsident des Branchenverbands Bitkom. Mehrfach saß er im Aufsichtsrat der SAP.

Herr Professor Scheer, Sie haben die Entwicklung der IT und der Digitalwirtschaft in Deutschland mit gestaltet. Welche Bedeutung hatte die SAP für diese Entwicklung?

SAP ist das einzige IT Unternehmen, das es geschafft hat, aus Deutschland heraus eine weltweite Marktführerschaft dauerhaft zu etablieren. Das ist eine große Leistung, zu der man Gründern, Managern und Mitarbeitern gratulieren muss.

SAP hat über den eigenen Erfolg hinaus eine wichtige Rolle bei der Entwicklung weiterer IT Unternehmen in Deutschland gespielt. Eine Vielzahl von großen und mittelständischen Implementierungspartnern gestalten die Digitalisierung in Deutschland und Europa maßgeblich mit. Das sind auch meine persönlichen Erfahrungen aus über 40 Jahren Zusammenarbeit. Für mein Unternehmen IDS Scheer war in den 90er Jahren die Entwicklungskooperation mit SAP ein maßgeblicher internationaler Wachstumstreiber. Ohne die SAP und ihr Ökosystem würde unsere Wirtschaft und Verwaltung bei der digitalen Transformation noch mehr von den IT-Giganten aus Asien und den USA abhängig sein.

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Sie bezeichnen Hasso Plattner und Dietmar Hopp als sich ergänzendes Führungspaar. Wie haben sie SAP geprägt? Und wie sehr hängt der Erfolg noch an diesen Persönlichkeiten?

Bei der Gründung eines Unternehmens ist es wichtig, dass das Team aus unterschiedlichen, sich ergänzenden Persönlichkeiten besteht. Hasso Plattner war und ist der unruhige, temperamentvolle und mutige Macher, den Widerstände eher motivieren als ausbremsen. Dietmar Hopp war mit seiner Sozialkompetenz und Bodenständigkeit als "Vadder" Hopp gelegentlich ein gutes Korrektiv, wobei sie sich bei ihrem fachlichen, sportlichen Wettbewerb in den ehrgeizigen Zielen und in der Strategie einig waren. Zusammen haben sie die Unternehmenskultur nachhaltig geprägt. Hasso Plattner ist zudem heute noch Vorsitzender des Aufsichtsrates und sein Innovationsgeist sowie seine Antennen für drohende Gefahren durch neue Techniken oder Konkurrenten geben nach wie vor der SAP entscheidende Impulse. Mit dem Eigengewächs Christian Klein als CEO ist aber der Übergang in die nächste Generation gelungen.

Sie haben als Professor eng mit SAP und den Gründern zusammengearbeitet. Wie wichtig ist der Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft?

Hasso Plattner, der sich immer auf den beiden Feldern Wissenschaft und Wirtschaft bewegt hat, gibt uns hier ein Paradebeispiel: Schon Anfang der 80er Jahre hat er an meinem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik in Saarbrücken an Sonnabenden vormittags Vorlesungen gehalten und den Dialog mit den Studierenden und Doktoranden gesucht. Die SAP war damals in einer starken Wachstumsphase und dennoch scheute er diese zusätzliche Belastung nicht.

Für meine Doktoranden und mich war es ein Glücksfall, so früh den fachlichen Kontakt zur SAP gefunden zu haben und von der Komplexität einer ganzheitlichen digitalen Unternehmenssteuerung fasziniert und für unsere Forschung inspiriert zu werden. Leider haben zunächst nur wenige Professoren der Betriebswirtschaftslehre Zugang zum ganzheitlichen Ansatz der SAP gefunden, da sie nur die Perspektive ihrer Spezialdisziplinen wie Rechnungswesen, Marketing oder Produktion einnahmen.

Heute wird aber international an vielen Universitäten und Fachhochschulen das SAP-System in die praktische Ausbildung einbezogen und ist somit ein Exportschlager der Inhalte deutscher Betriebswirtschaftslehre. Ich bin stolz darauf, dass Hasso Plattner von meiner Universität Saarbrücken den ersten Ehrendoktor und die erste Professur vor vielen weiteren internationalen Ehrungen erhalten hat.

Die besondere Nähe zur Wissenschaft zeigten auch die Gründer Tschira und Hector durch großzügige Spenden. Das äußerst verdienstvolle Engagement von Dietmar Hopp für Medizin- und Biotechnik ist allgemein bekannt. Besondere Bedeutung hat das 1998 von Hasso Plattner in Potsdam gegründete Institut für Systemtechnik (HPI) gewonnen. So ist der Prototyp der neuen Datenbank HANA am HPI entwickelt worden. In der Lehre steht das Institut an der Spitze der deutschen Informatikausbildung.

Die Privatinitiative von Hasso Plattner zeigt, wie erfolgreich neue Forschungsformen und Ausbildungskonzepte die verkrusteten Strukturen deutscher Universitäten herausfordern. Ich selbst habe das HPI als Vorbild genommen und ebenfalls ein privates gemeinnütziges Forschungsinstitut gegründet und hoffe im Interesse des deutschen Wissenschaftsstandortes noch auf weitere Follower.

Für wie innovativ halten Sie SAP noch?

Bei SAP weiß man um die Gefahren des Erfolges, aufkommende neue Technologien, Geschäftsmodelle und Konkurrenten zu unterschätzen. In den 50 Jahren hat die SAP aber mindestens fünfmal ihre Architektur grundsätzlich geändert. Zunächst war dieses an den Systembezeichnungen R1, R2, R3 abzulesen, hinterher bekamen die Systeme neue Namen wie jetzt "S/4HANA". Diese Änderungen zeigen die Anpassungsfähigkeit. Auch mit strategischen Zukäufen erhält sie ihre Innovationskraft.

Ein besonderes Gewicht hat aber die Herausforderung durch ihren enormen Kundenstamm aus den vielen großen und mittelständischen Unternehmen im In- und Ausland. Das SAP Management ist mit seinem CEO Christian Klein sehr gut aufgestellt. Bei ihm und dem gesamten Vorstand sehe ich die notwendige ständige Wachsamkeit, das sensible Bauchgefühl für neue Strömungen sowie die Offenheit und Lernbereitschaft gegenüber Neuem.

Natürlich muss sich ein etabliertes Unternehmen wie die SAP auch gelegentlich Kritik stellen. An die SAP werden dabei härtere Maßstäbe an Wachstum und Gewinn gestellt als bei einem Start-up. Aber viele zunächst glanzvoll gestartete Start-up Unternehmen sind während der letzten Jahrzehnte wieder vom Markt verschwunden, während sich die SAP behauptet hat. Deshalb mache ich mir um die Zukunft der SAP keine Sorgen. Es geht darum, dass sich die SAP immer wieder auf der Basis des technologischen Fortschritts für neue, mutige Entwicklungen entscheidet, die dem Kunden einen deutlichen Mehrwert sichern.

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