„Natürlich bleibe ich in Schwetzingen wohnen“: Staatssekretär Andre Baumann. Foto: Schmidt
Von Sören S. Sgries
Heidelberg/Stuttgart. Nein, wenn sich Andre Baumann eine attraktive Aufstiegschance bietet, dann zögert er nicht. Nicht 2016, als ihn Ministerpräsident Winfried Kretschmann Anfang Mai das erste Mal anrief, um ihm einen Job anzubieten. Staatssekretär im Umweltministerium? Baumann, damals umtriebiger Landeschef des Umweltverbands Nabu, sagte zu.
Und so lief es auch jetzt wieder, als dem 46-Jährigen der Wechsel ins Amt des "Bevollmächtigten des Landes beim Bund" angeboten wurde. Baumann macht es. Ab Februar ist er damit Kretschmanns "Statthalter" in Berlin, derjenige, der die Bundesratsinitiativen vorbereiten, belastbare Bündnisse finden muss.
"Ich wusste schon etwas früher Bescheid", sagt Baumann gestern im Gespräch mit der RNZ. Für die meisten anderen war die Personalentscheidung hingegen eine kleine Überraschung, die da am Dienstagmorgen erst über informelle Kanäle durchsickerte, ehe sie das Staatsministerium um 10.30 Uhr per Pressemitteilung bestätigte. Klar stand der Staatssekretär durchaus auf der Liste derjenigen, die für höhere Ämter berufen sein könnten. Etwa dereinst als Nachfolger "seines" Umweltministers Franz Untersteller, der jüngst angekündigt hatte, sich nach dieser Legislaturperiode aus der Landespolitik zurückziehen zu wollen. Aber Berlin?
Auch der Ministerpräsident selbst sieht in Baumann zunächst den versierten Fachpolitiker. Der promovierte Biologe bringe "profunde Kenntnisse und ein umfassendes Rüstzeug" in Sachen Klimaschutz und Energiewende mit, lobte Kretschmann ihn. Und genau hier, in diesen Themenfeldern, erwartet er zentrale Initiativen in diesem Jahr in Berlin. "Ich habe ihn zudem als guten Netzwerker und sachorientierten Politiker kennengelernt", hebt der Regierungschef jedoch außerdem hervor. "Beste Voraussetzungen" seien das, um die neue Aufgabe gut zu bewältigen.
Schon früh im Umfeld des Ministerpräsidenten anzutreffen: Andre Baumann (r.), damals noch Nabu-Landesvorsitzender, mit Winfried Kretschmann (l.) im Jahr 2013 im Park der Villa Reitzenstein. Foto: Bernd WeißbrodDie Fußstapfen, in die Baumann tritt, sind keine kleinen. Volker Ratzmann, der bisher den Südwesten in Berlin vertrat, galt als tief vertraut mit den Machtstrukturen Berlins. Zumal er – anders als sein Nachfolger – zehn Jahre lang Abgeordneter und später Grünen-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus war, ehe er 2012 in den Landesdienst wechselte. Sein überraschender Wechsel als Lobbyist zur Post – eine eher unangenehme Überraschung für den Ministerpräsidenten.
Der in Heidelberg geborene Baumann, der in Schwetzingen aufwuchs und dort auch heute mit seiner Familie lebt, wird jetzt sehen müssen, wie er sich in der neuen Rolle einfinden kann. "Berliner" will er jedenfalls nicht werden. "Natürlich bin ich ein Kurpfälzer, natürlich bleibe ich in Schwetzingen wohnen", stellt er klar. Zumal sich auch an seinen Plänen, 2021 dort im Wahlkreis für den Landtag zu kandidieren, nichts geändert hat. Er hofft auf die Nominierung. Ein Vorteil, den er sieht: "die größere thematische Breite durch mein neues Amt".
Trotzdem wird der neue Job natürlich eine deutliche Veränderung der Arbeitsroutinen mit sich bringen. Montag und Dienstag in Stuttgart ab Mittwoch in Berlin – so stellt sich Baumann momentan die Aufteilung vor. Manch eine Nacht dürfte er im Nachtzug auf der Strecke zwischen Mannheim und Berlin verbringen.
Ob ihm nicht die Freiheiten fehlen werden, auch mal herauszukommen, in der Natur unterwegs zu sein? 2016 hatte er sich darüber Gedanken gemacht, als er nach neun Jahren an der Spitze des Nabu-Landesverbands in das Regierungsamt wechselte. Heute sagt er: "Ich habe immer darauf geachtet, dass ich viele Vor-Ort-Termine mache. Das will ich auch in Zukunft beibehalten." Zuletzt ging es beispielsweise auf einen Bauernhof zum Praktikum. So etwas, so hofft er, werde auch künftig möglich sein. Vielleicht auch mal wieder an der Seite Kretschmanns? Durchaus bewundernd hatte Baumann mal den 71-Jährigen gelobt. Der kenne "oft die deutschen, wissenschaftlichen und schwäbischen Namen der Pflanzen am Wegesrand".
"Mir ist es nie um Karriere gegangen", behauptete Baumann bei seiner letzten Beförderung. Dafür gelingt dem 46-Jährigen der Aufstieg bemerkenswert reibungslos. Wobei: Sein Karriereziel war ursprünglich ein gänzlich anderes. Naturschützer im Nationalpark Serengeti habe er als Kind werden wollen, verriet Baumann einmal. Jetzt wird es halt doch nur das "wilde Berlin".