Der Wartberg, hoch über Heilbronn, und seine Grillstellen und Weinberghäuschen sind beliebte Orte zum Feiern, auch schon in Vor-Corona-Zeiten. Durch die Pandemie aber wird daraus ein Problem. Der Vorwurf an die Stadt: Es wird zu wenig kontrolliert. Symbolfoto: Armin Guzy
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Die Heilbronner Inzidenz für Corona-Infektionen hält sich seit nun fast einem halben Jahr – abgesehen von der weihnachtlichen "Delle" – auf einem landesweiten Spitzenplatz, und das heißt: immer über 200. Diesen Wert melden nur sehr wenige Gesundheitsämter im Land. Es muss also einen Grund geben, dass Heilbronn so permanent ausschert, und dies ist wohl kaum mehr nur damit zu erklären, wie noch vor Weihnachten zu hören, dass in Heilbronn eben mehr getestet würde. Um festzustellen, wie in Heilbronn Maskenpflicht, Versammlungs- und Ausgangsverbot kontrolliert werden, muss man nur ab und an Besorgungen in der Stadt oder einen Spaziergang in den Weinbergen machen – eine Begegnung mit Ordnungskräften ist da fast wie ein Sechser im Lotto.
Grillstellen und Weinberghäuschen waren immer schon – auch in Vor-Corona-Zeiten – beliebte Anlaufpunkte für (meist illegale) Feiern, nun sind sie es erst recht. Das regt unter anderem den Heilbronner Einzelhändler Wolfgang Palm mächtig auf, auch weil der ehemalige CDU-Stadtrat selber betroffen ist. Das Mode- und Textilhaus Palm in Heilbronn, eine Institution seit Jahrzehnten, ist geschlossen.
In einem heftigen Rundumschlag zum Mangel an Kontrollen und der dadurch hingenommenen Begünstigung von Hotspots, auch vor dem Hintergrund einer ungleichen Behandlung seiner Branche etwa gegenüber der Gastronomie, hat sich Palm unter anderem an Innenminister Thomas Strobl, an den CDU-Fraktionsvorsitzenden Thomas Randecker, an die IHK-Geschäftsführerin Elke Schweig, vor allem aber auch an die Heilbronner Ordnungsbürgermeisterin Agnes Christner gewandt, die er als Verantwortlich-Schuldige anspricht. Dies allerdings in einer Art, die daran erinnert, dass man nicht nur inhaltlich, sondern auch formell im Recht sein sollte.
Die Wortwahl Palms ist zeitweilig ziemlich heftig, seine Fragen aber sind berechtigt. Er fragt beispielsweise danach, "warum die Grillstellen nicht abgesperrt sind, da es doch jedem vernünftigem Mensch klar sein müsste: Die Grillstellen sind begehbar." Dort würden in der Regel immer mehrere Personen grillen, was laut Landesverordnung unzulässig sei, und es werde auch Alkohol konsumiert.
Tatsächlich waren beim ersten Lockdown die Grillstellen abgesperrt, was das Verbot vor Augen führte, aktuell sind sie es nicht. Palm dazu: "Insofern wäre dies rechtlich als Beihilfe der Stadt gegen Verstöße des Infektionsgesetzes zu werten. Und ich werde dies nun rechtlich prüfen lassen." Und: "Wir zahlen seit 1804 Abgaben", auch daran erinnert Palm die Adressaten seines Schreibens.
Die Grillstelle am Wartberg ist, das weiß man in Heilbronn, "fest in türkischer Hand", während die am Jägerhaus vorzugsweise von "Heilbronner Mittelständlern" genutzt wird.
Palm ist mit seinen Beobachtungen nicht allein. Von ähnlichen Vorkommnissen hört man auch in Bezug auf die Waldheide – auch von einem Heilbronner Stadtrat, der anonym bleiben möchte. Er stoße, sagt er, "immer wieder auf Feten am Stadtrand, in Privatgärten und in Wengert-Häuschen". Auf die Frage, warum er dies nicht anzeige, antwortet der Stadtrat, er befürchte Konsequenzen für sich.
Innenminister Strobl hat Palm geantwortet und verweist auf die geltenden Regeln. Es war wohl auch nicht zu erwarten, dass er sich weiter aus dem Fenster lehnt. In der Antwort von Ordnungsbürgermeisterin Christner an Palm heißt es unter anderem: "Gerne können Sie künftig bei entsprechenden Beobachtungen sofort das Ordnungsamt oder die Polizei informieren. Ich habe veranlasst, dass die Grillstelle in die Kontrollen durch unseren Kommunalen Ordnungsdienst und die Polizei einbezogen werden."
Palm indes droht unverblümt damit, juristische Schritte zu ergreifen, auch unter Einschaltung eines Anwalts: "Wenn das Land etwas so Widersprüchliches verordnet, warum kann die Stadt Heilbronn nicht doch diese Grillstellen absperren? Denn wenn ich Sie richtig verstehe, sind die Stellen geöffnet. Aber man darf dort nicht Grillen." Und weiter: "Dass die Stadt bis heute konsequent verschweigt, wo die Schwerpunkte und Hotspots sind: Ich weiß es. Auch von städtischen Beamten, welche die Ordnungspolitik sehr kritisch sehen."
Ob die Stadt dies wirklich verschweigt? Ein Verschweigen würde voraussetzen, dass sie die Hotspots kennt und diese auch benennt. Das ist bisher nicht geschehen, und das ärgert inzwischen auch "Normalbürger".