Tödlicher Vorfall in Stuttgart

Unfallfahrer "bedauert das Geschehen zutiefst"

Der Fahrer drückt sein Mitgefühl mit den Opfern aus. Doch was sich da genau an einer Kreuzung ereignete, müssen die Ermittler noch klären.

02.05.2025 UPDATE: 04.05.2025 13:00 Uhr 5 Minuten, 58 Sekunden
In der Stuttgarter Innenstadt ist nach Polizeiangaben ein Auto in eine Personengruppe gefahren. Foto: Marco Krefting/dpa

Stuttgart. (dpa) Zutiefst bedauert er das Geschehen. So lässt der Autofahrer, der in Stuttgart einen Unfall mit einer Toten und sieben Verletzten verursacht hat, es seinen Anwalt ausrichten. "Mein Mandant ist erschüttert, fassungslos und tief betroffen von diesem entsetzlichen Unfall und seinen tragischen Folgen", teilt Ben M. Irle auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.

Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen fahrlässiger Tötung sowie fahrlässiger Körperverletzung in sieben Fällen. Eine 46 Jahre alte Frau war am Freitagabend ums Leben gekommen, als der schwarze Luxus-Geländewagen des 42-Jährigen in eine Menschengruppe an einer Stadtbahn-Haltestelle fuhr. Sieben weitere Personen wurden verletzt. Unter ihnen sind fünf Kinder. 

Im Unfallauto - eine Mercedes-G-Klasse - saß nach Angaben der Polizei auch ein fünfjähriges Kind des Fahrers. Es sei wie sein Vater unverletzt geblieben.

Keine Gründe für U-Haft

Der nicht vorbestrafte Tatverdächtige wird festgenommen, bleibt über Nacht in Polizeigewahrsam, darf am Samstag aber wieder gehen. Der Deutsche kommt nicht in Untersuchungshaft. Es lägen keine Haftgründe vor, erklärt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Dazu zählt zum Beispiel Fluchtgefahr.

"In dem Wissen, dass seine Worte den Schmerz der Betroffenen und deren Angehörigen nicht werden lindern können, spricht mein Mandant sein aufrichtiges Mitgefühl aus und wünscht den Verletzten eine schnelle und vollständige Genesung", teilt Irle mit, der den 42-Jährigen medienrechtlich vertritt. "Mein Mandant bedauert das Geschehen zutiefst." Der Familie der 46-Jährigen spreche sein Mandant sein tief empfundenes Beileid aus. "Ihr Tod ist auch für ihn ein unerträglicher Verlust, der ihn zeitlebens begleiten wird."

An der Unfallstelle in der Innenstadt haben Menschen unter anderem Blumen niedergelegt. Rot-weiße Absperrgitter aus Kunststoff säumen jene Stelle, an der am Freitag Menschen nichtsahnend an einer Ampel standen. Zwei schwerst Verletzte sind am Samstagmorgen außer Lebensgefahr. 

Ermittlungen zum Geschehen dauern an

Unklar bleibt bis auf weiteres der Unfallhergang. In einer Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft am Samstagnachmittag heißt es, das Auto sei stadtauswärts auf der zweispurigen Bundesstraße unterwegs gewesen, aus bislang unbekannter Ursache nach links von der Fahrbahn abgekommen und gegen das Geländer eines Fußgängerüberwegs an der Haltestelle geprallt. 

Das könnte nicht zur ersten Einschätzung passen, dass der Unfall beim Abbiegen passierte. Es gebe unterschiedliche Aussagen, sagt eine Sprecherin der Polizei. Der Staatsanwalt verweist auf die Formulierung in der Mitteilung. 

Der Anwalt des Fahrers wiederum äußert sich nicht dazu: "Zum tatsächlichen Geschehen können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Angaben machen, da die Ermittlungen zum Unfallhergang noch andauern", schreibt Irle.

Unter der Internetadresse bw.hinweisportal.de hat die Verkehrspolizei Stuttgart ein Hinweisportal geschaltet. Zeugen werden gebeten, Bilder und Videos hochzuladen, insbesondere aus der Zeit unmittelbar vor dem Unfall. 

Welche Rolle spielt der Fahrzeugtyp?

Eine weitere Ursache für die Zahl an Verletzten könnte auch in der Wucht liegen, die große, schwere Fahrzeuge wie Geländewagen oder SUV (Sports Utility Vehicle: Geländelimousine oder Stadtgeländewagen) mit sich bringen.

Gerade in der Region Stuttgart sind die Erinnerungen noch recht frisch an einen solchen Unfall: Im Oktober war ein Fahrer im benachbarten Esslingen mit einem SUV ins Schleudern geraten und nach rechts auf den Gehweg abgekommen. Eine Mutter und ihre drei und sechs Jahre alten Söhne kamen ums Leben.

2019 sorgte ein Unfall in Berlin für eine Debatte über ein SUV-Verbot in Innenstädten: Nach einem epileptischen Anfall rammte ein Fahrer eine Ampel, der Wagen überschlug sich mehrfach. Dabei erfasste er mit einem Tempo von mehr als 100 Kilometern pro Stunde vier Menschen auf dem Gehweg. 

Viele Faktoren beeinflussen Verletzungsgefahr

Doch statistisch sterben nur wenige Fußgänger wegen derartiger Unfälle. Im Jahr 2023 erfasste das Statistische Bundesamt 159.118 Verkehrsunfälle mit Personenschaden, bei denen das Fahrzeug in ein Segment eingeordnet wurde. 15.285 Mal waren SUV Hauptverursacher, 8.885 Mal Geländewagen. 

Der Anteil der Fußgänger unter den Getöteten war gering: Unter 121 Toten nach von SUV verursachten Unfällen waren 7, bei Geländewagen waren es 8 von 81.

SUV seien im Unfallgeschehen auch nicht gefährlicher als andere Pkw, teilte die Björn-Steiger-Stiftung nach Auswertung statistischer Daten im Dezember mit. "Grundsätzlich beeinflussen viele Parameter die reale Verletzungsgefahr. Eine hohe Front ist nicht unbedingt gefährlicher als eine kurze Front bei einem Kleinwagen", erklärte Siegfried Brockmann, Unfallforscher der Stiftung, die nach dem Tod eines Jungen infolge eines Autounfalls gegründet worden war.

Wie schwer sich ein Opfer verletzt, hängt demzufolge maßgeblich mit davon ab, ob der Kopf gegen den Scheibenrahmen prallt. Dies sei das härteste Teil am Fahrzeug. Gar nicht vorherzusehen sei der sogenannte Sekundäraufprall, hieß es. Gemeint ist die Kollision mit einem Hindernis oder der Fahrbahnoberfläche.

Keine Hinweise auf Anschlag

Neben all dem Leid und Schmerz, die der Unfall in Stuttgart verursacht hat, machte sich aber auch ein Stück weit Erleichterung breit: Denn Hinweise auf einen Anschlag mit böswilliger Absicht gab und gibt es nach wie vor nicht. 

Sofort waren am Freitagabend entsprechende Vermutungen da - und die Gerüchte. Zu frisch sind die Erinnerungen an Mannheim, München, Magdeburg.

Update: Sonntag, 4. Mai 2025, 13 Uhr


Von Ulrike Bäuerlein

Stuttgart. Die Verkäuferin der Konak-Bäckerei hält sich immer wieder die Hand vor den Mund. "Furchtbar, ganz furchtbar", sagt sie und statt auf die Szenerie keine zehn Meter vom Eingang der Bäckerei in den Arkaden direkt neben der Stadtbahn-Haltestelle Olgaeck am Stuttgarter Charlottenplatz.

Ein Pizzakarton liegt dort drüben an den Treppen zur Haltestelle, ein herrenloser Trolley, einzelne Kleidungsstücke, Versorgungsmaterial von Rettungskräften. Es wimmelt vor Polizei und Feuerwehr, die Straße hinauf werden Verletzte in einem Rettungsbus der Feuerwehr behandelt.

Halb auf der Straße, halb im Fußgängerbereich am Aufgang zur Haltestelle, steht ein schwarzer Mercedes G-Klasse, am mächtigen Kühler ein paar grobe Kratzer und leichte Dellen. Davor ein völlig verbeultes Metallgeländer, das unter der Wucht des knapp zwei Tonnen schweren Fahrzeuges niedergedrückt wurde.

Um gegen 17.50 Uhr am Freitagabend fuhr das Fahrzeug, aus der Olgastraße kommend, an der Kreuzung rechts abbiegend, in die Menschen, die zur Haltestelle strömten. "Da war alles voller Menschen, dann hat ein Kind furchtbar geschrien, ein Mann gebrüllt", sagt die Verkäuferin, die aber den Aufprall selbst nicht mitbekommen hat.

Sekunden später ging der erste Notruf bei Polizei und Rettungskräften ein, schon wenige Minuten später wimmelte es von Blaulicht, Feuerwehr, Polizei und Rettungskräften, die Straßen rund um den Charlottenplatz wurden gesperrt.

Die Haltestelle liegt mittig. Auf dieser Seite führt die Straße stadtauswärts aus dem Tal-Kessel heraus, auf der anderen Seite stadteinwärts. Der Unfallort befindet sich außerhalb der teils verkehrsberuhigten Innenstadt, östlich des Cityrings. An der oberirdischen Haltestelle fahren mehrere wichtige U-Bahn-Linien ab.

Anschlag oder Verkehrsunfall durch ein außer Kontrolle geratenes Fahrzeug? Dazu konnte und wollte Polizeisprecher Tobias Kutter vom PP Stuttgart am Abend zunächst noch nichts sagen. Der 42-jährige Fahrer des Wagens sei unverletzt geblieben, und werde von der Polizei vernommen, so Kutter, weitere Angaben zu Identität und Alter gab es zunächst nicht.

Mindestens acht Menschen wurden von dem Fahrzeug an der Haltestelle erfasst und verletzt, drei davon schwer, sagte Daniel Anand von der Stuttgarter Feuerwehr im ersten Pressestatement. "Mehrere verletzte Personen, darunter auch drei lebensgefährlich Verletzte, wurden an der Einsatzstelle versorgt", teilte die Feuerwehr Stuttgart in einer Mitteilung mit. Eine Person hätten die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst erfolgreich reanimieren können. Im Großraumrettungswagen der Feuerwehr würden die Leichtverletzten versorgt.

Gegen 20 Uhr gab die Polizei eine weitere Einschätzung ab: "Wir gehen im Moment von einem Unfall aus, ermitteln aber in alle Richtungen", sagte ein Sprecher. 

Am Samstagmorgen teilt die Polizei mit, dass alle Verletzten außer Lebensgefahr sind. Eine 46 Jahre alte Frau war am frühen Abend im Krankenhaus gestorben. Zwei weitere Menschen wurden zunächst lebensgefährlich verletzt. Insgesamt seien mindestens acht Menschen verletzt worden, hieß es.

Schon am Abend gibt es zumindest für die verletzten Kinder vorsichtig Entwarnung aus dem Krankenhaus. "Ein Kind wurde am Abend noch operativ durch Traumatologen und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen operativ versorgt und wird im Anschluss intensivmedizinisch weiterbehandelt", erklärt der Sprecher des Klinikums Stuttgart, Stefan Möbius. 

Der 42-jährige Unfallfahrer wurde festgenommen. Er befindet sich den Angaben zufolge immer noch in Polizeigewahrsam. Im Auto des Unfallfahrers saß auch ein fünf Jahre altes Kind des Mannes. Dieses sei - wie der Vater - unverletzt geblieben, sagte ein Polizeisprecher. Weitere Details zu dem Kind nannte er nicht.

Am Abend normalisiert sich die Verkehrslage an dem wichtigen Knotenpunkt wieder langsam. Nachdem die Straße und die Bahn-Strecke zeitweise komplett gesperrt waren und weder Fahrzeuge noch Bahnen passieren konnten, gibt die Polizei am Abend zunächst die Gegenfahrbahn wieder frei. Auch Straßenbahnen passieren die Unfallstelle wieder.

Am Abend lädt ein Abschleppwagen das Unfallfahrzeug - laut Polizei eine schwarze Mercedes-G-Klasse - auf und transportiert es ab. Die Mercedes-G-Klasse ist eine Art Geländewagen. Auf der Straße bleiben nur weiße Markierungen der Position des Autos zurück.

Update: Samstag, 3. Mai 2025, 10.30 Uhr


Foto: 7aktuell

Stuttgart. (bub/dpa) Zur Stunde läuft in der Stuttgarter Innenstadt ein Großeinsatz von Polizei und Rettungskräften. Die Lage ist noch unklar. Nach Angaben einer Sprecherin des Polizeipräsidiums Stuttgart gab es gegen 18 Uhr auf einer zentralen Kreuzung in der Innenstadt in Nähe der U-Bahn-Station "Olgaeck" einen Unfall mit mehreren Verletzten.

Ein Fahrzeug soll in mehrere Personen gefahren sein. Bisher gebe es drei Verletzte. Der Fahrer sei festgenommen, sagte eine Polizeisprecherin. Ob es sich dabei um einen Verkehrsunfall oder einen Anschlag gehandelt hat, stehe derzeit nicht fest.

Derzeit werden die Straßen rund um die Kreuzung Charlottenplatz gesperrt. "Es sind alle Kräfte im Einsatz, die erreichbar sind", sagte die Polizeisprecherin unserer Redaktion am frühen Abend.

Ort des Geschehens

Update: Freitag, 2. Mai 2025, 18.52 Uhr