"Absolute Ausnahme": Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) über die gymnasiale Oberstufe an Gemeinschaftsschulen. Foto: Franziska Kraufmann
Von Andreas Böhme, RNZ Stutttgart
Stuttgart. Die Ergebnisse der jüngsten Vergleichsstudie in den achten Klassen aller Schularten haben auch das Kultusministerium aufgeschreckt: Ein eigenes Qualitätscontrolling soll künftig dafür sorgen, dass Schulen mit schlechteren Ergebnissen rasch Rückmeldung und Hilfe aus den Schulämtern bekommen. Die technische Infrastruktur und die Daten liegen lange vor, nur sollen sie jetzt zusammengeführt und zeitnah ausgewertet werden. "Wir sind in der Lage, Probleme zu erkennen und zu beheben, wir müssen nur handeln", erklärte Eisenmann gestern auf der traditionellen Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn.
Mehr Qualität versprechen auch zwei zusätzliche Deutsch- und Mathestunden in den Grundschulen. Die Praxis, wie die Rechtschreibung vermittelt wird, werde überprüft und wo nötig, nachgesteuert. Das klingt wie das Aus für die hochumstrittene Methode Schreiben nach Gehör, also Kinder zunächst so schreiben zu lassen, wie sie die Worte verstehen, auch wenn das grottenfalsch ist und die Fehler sich verfestigen.
Zentrales Anliegen ist die Stärkung der Realschulen, auch die kriegen zwei zusätzliche Stunden. Ein Konzept für die pädagogische Weiterentwicklung für die Realschulen, die zur tragenden Säule der Sekundarstufe eins werden sollen, ist hingegen noch in Arbeit. Zwei zusätzliche Vertiefungsstunden für Deutsch, Mathe und die Fremdsprachen bekommt auch das Gymnasium, und die Gemeinschaftsschulen sollen, ganz anders als die ursprüngliche Idee, von Klasse acht an leistungsdifferenzierten Unterricht bieten, möglicherweise sogar in getrennten Klassen. Die "absolute Ausnahme" bleibe indes eine gymnasiale Oberstufe, nur etwa zehn Gemeinschaftsschulen im Land erfüllen derzeit die strengen Kriterien, darunter die Vierzügigkeit. Die beruflichen Gymnasien schließlich sollen, wie alle anderen Schulen ab kommender Woche schon, ab 2021 neue Bildungspläne bekommen, die Vorarbeiten starten jetzt. Insgesamt schafft die Schulverwaltung für die Zusatzstunden zahlreiche neue Stellen: 111 Deputate fürs Gymnasium, 109 an den Real- sowie 640 an den Grundschulen.
Zweiter Schwerpunkt: Die Integration von Flüchtlingskindern. Rund 40.000 Kinder wurden im vergangenen Schuljahr unterrichtet, die 1165 dafür eingesetzten Deputate bestehen fort. Das Land ist jetzt bundesweiter Vorreiter eines wissenschaftlichen, vom Bund geförderten Programms, das die Potenziale von Kindern in Vorbereitungsklassen besser analysiert und unter Anderem bausteinartige Unterstützung in Mathe, Deutsch und Englisch bietet. In den Vorbereitungsklassen für Arbeit und Beruf gibt es bis zu fünf Deutschstunden mehr, dazu Berufspraktika und stundenweisen Probeunterricht in den Regelklassen. Erhöht wird auch das Angebot an Lehrerfortbildung und Supervision für den Umgang mit traumatisierten Schülern.
Die digitale Aufrüstung der Schulen schließlich gilt als dritter Schwerpunkt Eisenmanns. Erste Schritte sind geschafft, der neue Bildungsplan sorgt für ein methodisch-didaktisches Fundament, und knapp zehn Prozent der insgesamt 111.000 Lehrkräfte sind entsprechend fortgebildet. Daneben wird noch gearbeitet an einer digitalen Bildungsplattform des Landes, die allen Schulen eine Grundinfrastruktur bis hin zum digitalen Lehrbuch bereitstellt. Was fehlt, ist die Verständigung mit den Kommunen als Schulträger, wobei Eisenmann klar macht, dass mit mehr Geld aus Stuttgart nicht zu rechnen sei. Und auch an den Grundschulen werde es keine mediale Großoffensive geben, dort sollen die Kinder erst mal rechnen, lesen und schreiben lernen, "aber nicht programmieren".