Unter Aufsicht eines Rabbis wird koscherer Wein angebaut
Aus dem Staatsweingut in Weinsberg soll es bereits im nächsten Jahr einen koscheren Riesling geben.

Von Theo Westermann, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Koscherer Wein unter anderem aus dem Gewann "Himmelreich" bei Weinsberg: Der Aufwand ist erheblich, der materielle Ertrag wird vergleichsweise gering sein, doch die Botschaft dahinter ist bedeutsam. Das Staatsweingut Weinsberg (Kreis Heilbronn) baut auf seinen Flächen künftig auch koscheren Wein an, beobachtet und beraten von Rabbinern aus Baden und Württemberg. Eine erste Abfüllung soll es bereits im nächsten Jahr geben, nämlich einen Riesling, die Rebsorte Lemberger soll folgen. Geplant sind zunächst mehrere tausend Flaschen von jeder Sorte.
Das Projekt ist in Baden-Württemberg einmalig. In anderen Bundesländern gibt es zwar vereinzelt Winzer, die auch koscheren Wein anbauen. Doch dass ein Staatsweingut zertifizierten koscheren Wein anbaut, dürfte mit Ausnahme des Staats Israel einmalig sein, hieß es am Montagabend bei der Präsentation auf einem Neckarschiff. Angestoßen hat das Projekt die CDU-Landtagsfraktion, das Landwirtschaftsministerium unterstützte.
Fraktionsvorsitzender Manuel Hagel erinnerte an das Jubiläum 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland im vergangenen Jahr. "Weinbau gehört ganz tief zu unserem Selbstverständnis, der in etwa eine gleich lange Tradition hat wie jüdisches Leben in Baden-Württemberg". Hagel verwies auf den Anschlag auf eine Synagoge in Ulm vor einem Jahr. Anlass für CDU-Fraktion zum Handeln. Einmal bestehe dies aus klarer Repression gegen Antisemitismus. Aber es gehe auch darum, "jüdisches Leben, als das, was es ist, als Bestandteil von Baden-Württemberg, wieder in den Mittelpunkt zu rücken". Der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Gehring betreute das Projekt und entwickelte es gemeinsam mit den beiden Israelitischen Religionsgemeinschaften im Land und deren Rabbinern. Agrarminister Peter Hauk (CDU) zeigte sich begeistert von der Idee, dies in einem Staatsweingut anzupacken. Das Land stehe damit "als Bekenntnis" dahinter.
Rami Suleiman, Vorsitzender des Oberrats der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, zeigte sich angetan: "Ich bin sicher, alle jüdischen Gemeinden in Bade-und Württemberg werden den Wein kaufen. Ich bin mir sicher, dass er schmeckt." Der Stuttgarter Rabbiner Yehuda Puschkin betonte: "Wein hat eine heilige Bedeutung, eine sakrale Bedeutung". Die christliche Tradition habe hier ihren Ursprung. Koscherer Wein sei eine anspruchsvolle Aufgabe. Doch "wir wollen koscheren Wein aus Deutschland haben, aus unserem Land". Moshe Flomenmann, Landesrabbiner von Baden, sah ebenfalls den großen Zusammenhang: "Wir wollen nach vorne schauen und Normalität fortsetzen. Wir wollen miteinander leben". Einfach sei die Produktion koscheren Weins natürlich nicht, gab der Rabbiner mit Blick auf die komplexen Regeln zu. Die jüdischen Gemeinden hätten dafür aber eigens dafür ein Team gebildet.