Bundesgartenschau Heilbronn: Parkhäuser sind die Saurier der Stadtplanung
Ein Stellplatz soll 35 000 Euro kosten – Die Bundesgartenschau verhilft Heilbronn zu neuem Viertel mit hoher Lebensqualität

Schöner Wohnen im Neckarbogen: So stellen sich Planer das Vorzeigeviertel für die Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn vor. Foto: Kruck und Partner
Von Hans Georg Frank
Eine Bundesgartenschau bietet mehr als Blumenrabatte, Park und Wasserspiele. Heilbronn verspricht einen neuen "Stadtteil der Zukunft". Hans-peter Fass, Geschäftsführer der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn, kann sehr simpel beschreiben, wann ein neues Cityquartier gelungen ist: "Der Stadtteil wird gut, wenn man sich darin küssen kann." Die Zärtlichkeit wertet der gelernte Gärtner als Ausdruck des Wohlfühlens. Ginge es nach Faas, kämen Bewohner und Besucher des "Neckarbogens", dessen erster Abschnitt bis 2019 fertig sein soll, kaum mehr voneinander los. Mit der "Buga" will Heilbronn ja auch "bundesweit Signale setzen".
Stadtentwicklung stößt auf stark zunehmendes Interesse. Zu einer Podiumsdiskussion kamen 400 Zuhörer. Eine solche Resonanz sei vor wenigen Jahren noch unvorstellbar gewesen, stellte Harald Kegler, Experte für Stadterneuerung und -umbau an der Universität Kassel, fest. Das Publikum rekrutierte sich freilich überwiegend aus der Generation 50 plus. Dabei sind sich alle Fachleute einig, dass künftig so gebaut werden muss, dass alle Generationen angesprochen und vertreten sind. "So furchtbar es klingt, aber im Neckarbogen müssen Senioren neben Studenten wohnen", witzelte Faas.
Wohnen und Arbeiten dürften nicht länger getrennt werden, Handwerk dürfe nicht vernachlässigt werden, waren sich alle einig. Steffen mag auf "ihren" Schreiner nicht verzichten. Allerdings gab Kegler zu bedenken, dass das Gewerbe im Neubaugebiet eher vorsichtig kommuniziert werden sollte: "Gutsituierte wollen so etwas nicht haben."
Die "technisch organisierte Stadt" sei gescheitert, sagte Kegler, sie müsse jetzt angepasst werden an "Lebensalltäglichkeiten". Monofunktionale Flächen haben seiner Ansicht nach keine Zukunft mehr. Ein gleichberechtigtes Nebeneinander vieler Nutzungen sei unabdingbar. Als großen Fehler empfindet Kegler, dass bisher der Fokus auf die Autos gerichtet wurde: "Das hat die Stadt so teuer gemacht." Tiefgaragen und Parkhäuser seien "eine infrastrukturelle Erblast", weil sie als nichts anderes zu nutzen seien. "Das sind Saurier aus einem Zeitalter, das uns in Zukunft enorme Probleme bereiten wird."
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Angesichts von 35 000 Euro für einen Stellplatz im "Neckarbogen" schüttelte auch Gabriele Steffen, Hauptgeschäftsführerin eines Unternehmens für Stadtplanung und Sozialforschung, nur den Kopf. Solche Kosten würden sie "wahnsinnig machen". Parken sei "ein riesiges Zukunftsthema". Sie wunderte sich, dass die Autofirmen selbstfahrende Vehikel entwickelten, aber bis jetzt sei es nicht gelungen, vollautomatische Parkhäuser zu errichten, "in denen man sein Fahrzeug einfach abgibt".
Weder Steffen noch Kegler würden in den ersten Abschnitt des "Neckarbogens" ziehen, trotz Zentrumsnähe und hoher Lebensqualität mit Seen. Beide Experten, die kein Auto besitzen, lehnen damit einen Kompromiss ab, zu dem sich der Heilbronner Gemeinderat durchgerungen hat.
Ursprünglich sollte es in dem Viertel keine individuellen Garagen geben. Weil Investoren jedoch um die Rentabilität ihrer Gebäude fürchteten, wurden die Parkmöglichkeiten eher zähneknirschend zugestanden. Für die nächsten Abschnitte sollen andere Lösungen gefunden werden, versprach Hanspeter Faas. Baubeginn dafür ist erst nach der Bundesgartenschau.



