Bruchsal: Der tote JVA-Häftling war der Bismarckplatz-Messerstecher
Nach dem Todesfall eines Häftlings in Bruchsal gibt es neue Fragen an Justizminister Stickelberger. Die genaue Todesursache kann erst in einigen Wochen bekannt gegeben werden.

Rainer Stickelberger (SPD) steht seit Monaten in der Kritik. Foto: dpa
Von Bettina Wieselmann, RNZ Stuttgart
Heidelberg/Bruchsal/Stuttgart. Als das Wachpersonal am Mittwoch um kurz nach sechs Uhr die Einzelzelle in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal aufschloss, lag der 22-jährige Häftling leblos auf seinem Bett. Ein Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen.
Nach RNZ-Informationen handelt es sich um Maximilian S., der am frühen Neujahrsmorgen 2012 auf dem Heidelberger Bismarckplatz einen 18-jährigen Schüler niederstach und lebensgefährlich verletzte. Laut Justizministerium war er wegen mehrerer Gewaltdelikte inhaftiert und verurteilt. S., der schon zuvor mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war, wurde zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.
In der Jugendstrafanstalt Adelsheim attackierte er im November 2012 eine Vollzugsbeamtin und verletzte sie so schwer, dass sie dauerhaft dienstunfähig geschrieben wurde. Anfang 2015 wurde er dafür unter Einbeziehung der Vorstrafe zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt. Anfang Oktober 2014 kam er in der JVA Mannheim wegen akuter Gefährlichkeit in Einzelhaft, Anfang Dezember wurde er nach Bruchsal verlegt. Dort wurde die "fortgesetzte Absonderung" nach zwei Wochen aufgehoben und S. "wie üblich", so das Ministerium, in einer Einzelzelle untergebracht. "In den letzten Wochen und Monaten konnte er immer besser in den Justizalltag integriert werden", heißt es.
Woran Maximilian S. gestorben ist, konnte auch die Obduktion am rechtsmedizinischen Institut der Universität Heidelberg bislang nicht feststellen. "Es gibt keine Anzeichen äußerer Gewalteinwirkung", teilte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gestern mit. Und: "Ein Schnelltest auf Methadon ist positiv ausgefallen." Die angeordneten feingeweblichen und chemisch-toxikologischen Untersuchungen werden noch drei bis vier Wochen in Anspruch nehmen.
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Nach Informationen aus dem Justizministerium war bekannt, dass der Gefangene langjährig alkohol- und drogenabhängig war. "Nach unseren vorläufigen Erkenntnissen wies er psychische Auffälligkeiten auf, die mit geeigneten, ärztlich verordneten Medikamenten behandelt wurden." Die ordnungsgemäße Einnahme sei überwacht worden. An einem Methadon-Programm habe er nicht teilgenommen - wie der Gefangene an die Heroin-Ersatzdroge kam, ist noch ungeklärt.
Todesfälle in Gefängnissen gibt es immer wieder, im Schnitt der letzten acht Jahre waren es im Land laut Justizministerium etwa 14 im Jahr - mit Ausreißern: 2014 waren es 23. Einer davon, der ebenfalls in Bruchsal an Unterernährung verstorbene Rasmane K. (33) aus Burkina Faso, hat dafür gesorgt, dass seither die Alarmglocken besonders laut schrillen. Die JVA Bruchsal hat bis heute nur einen kommissarischen Leiter, den eigentlichen hat Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) suspendiert. Das Disziplinarverfahren ist ausgesetzt, solange das die Ermittlungen zum Fall K. laufen.
Gestern sah FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke den Minister mit Blick auf die offenkundig ohne Wissen der Gefängnisleitung erfolgte Methadon-Einnahme erneut in der Verantwortung: "Der Justizminister schafft es offensichtlich nicht, die Missstände im Gefängnis Bruchsal in den Griff zu bekommen." Bernhard Lasotta, suchtpolitischer Sprecher der CDU, verlangte zunächst nur "schnelle vollständige Aufklärung."
In den Anstalten würden "umfassende Maßnahmen" ergriffen, um das Einbringen von Drogen und den internen Handel zu erkennen und zu unterbinden, erklärte gestern das Justizministerium. So versuche man Organisationsstrukturen durch Trennung von Gefangenengruppen aufzubrechen. Personen- und Zellenkontrollen sowie die Anordnung von (freiwilligen) Urintests dienten der Aufdeckung von Missbrauch. Bei positiven Tests oder Verweigerung der Kontrollen würden Disziplinarmaßnahmen verhängt.