Der Messerstecher vom Bismarckplatz bleibt in Haft

20-Jähriger zu drei Jahren und neun Monaten Jugendstrafe verurteilt. Gericht hat keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten

30.06.2012 UPDATE: 30.06.2012 07:07 Uhr 1 Minute, 55 Sekunden
Von Holger Buchwald

Es ist eine Geschichte, die empört. Weil er am frühen Neujahrsmorgen am Bismarckplatz einen Streit zwischen zwei Passanten schlichten wollte, bekam ein 18-jähriger Schüler zunächst von einem Angreifer Pfefferspray in die Augen und anschließend von einem anderen ein Messer in den Bauch gerammt. Am Freitag ging der Prozess vor der dritten großen Jugendkammer des Heidelberger Landgerichts zu Ende. Maximilian S. (20) wurde zu drei Jahren und neun Monaten Jugendstrafe verurteilt. Zudem muss er 9000 Euro Schmerzensgeld an den Geschädigten zahlen.

"Ich war es nicht", hatte der Angeklagte, der aus der Untersuchungshaft ins Landgericht gebracht worden war, bis zuletzt behauptet. Seine Verteidigerin Iris Lemmer hatte in ihrem Plädoyer einen Freispruch beantragt. Es sei dunkel gewesen am Bismarckplatz, die zahlreichen Zeugen hätten sich in ihren Aussagen widersprochen und sich noch vor ihrer Vernehmung bei der Polizei untereinander über das Erlebte ausgetauscht, so die Rechtsanwältin. Daher sei nun nicht mehr erkennbar, was die Zeugen selbst wahrgenommen oder von anderen gehört hätten.

Keinen Zweifel an der Schuld des Angeklagten hatte hingegen die Vorsitzende Richterin Gisela Kuhn: "Wir haben aus vielen Puzzleteilen und Zeugenaussagen das Geschehen zusammengesetzt." Demnach wartete S. mit zwei Freunden am Bismarckplatz auf die OEG, als er im Wartehäuschen Streit mit einem Obdachlosen anfing. Auch einer seiner Begleiter konnte ihn nicht davon abhalten, auf den älteren Mann einzuprügeln.

Als ein Passant dazwischenging, versuchte das spätere Opfer zu schlichten. "Regt euch nicht auf. Ein gutes Neues", soll der 18-Jährige gesagt haben. Und dann ging alles blitzschnell. Zunächst sprühte ein Freund von Maximilian S. dem Schüler eine Ladung Pfefferspray in die Augen. Fast zeitgleich stach sein Kumpel zu. Richterin Kuhn glaubt, dass Maximilian S. ursprünglich den Schüler mit der Klinge nur bedrohen wollte, doch das Opfer habe wegen des brennenden Reizstoffs in den Augen den Fuchteleien des Angreifers nicht mehr ausweichen können.

"Sie haben sicherlich nicht beabsichtigt, den Geschädigten zu töten", sagte Kuhn zu dem Angeklagten. Maximilian S. habe es aber "billigend in Kauf genommen", dass der Jugendliche durch das Messer verletzt wird. "Oh Shit, ich habe ihn getroffen", soll der 20-Jährige direkt nach der Tat ausgerufen haben. Dann flüchtete er mit seinen Freunden.

Für den jungen Streitschlichter bestand zu diesem Zeitpunkt akute Lebensgefahr. Die Klinge hatte die Lunge und eine Zwischenrippenarterie verletzt. Der 18-Jährige habe enormes Glück gehabt, dass ihm direkt nach der Tat so viele Menschen geholfen hätten, betonte Kuhn. Und auch der Angeklagte sollte froh sein, dass das Opfer durch eine Notoperation gerettet werden konnte. Kuhn: "Sonst hätten wir uns heute über ganz andere Strafdimensionen unterhalten."

Obwohl alles in Sekunden vor sich ging und die Sichtverhältnisse sehr schlecht waren, gebe es nach der Beurteilung aller Zeugenaussagen keinen vernünftigen Zweifel daran, dass Maximilian S. der Täter sei, betonte Kuhn. Der mehrfach vorbestrafte 20-Jährige sei wegen der vielen Defizite in seiner persönlichen Entwicklung noch nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. Und auch wenn der Angeklagte während der Urteilsverkündung mehrmals in sich hineinlachte, glaubt die Richterin, dass bei dem jungen Mann "Hopfen und Malz noch nicht verloren" sind.

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