Heilbronn wegen dicker Luft auf der Anklagebank
Zwischenbilanz der Aktion "Heilbronn bietet Klima Schutz" fällt verhalten aus

Die Luftmessstation an der Weinsberger Straße in Heilbronn. Hier werden vor allem bei ungünstiger Wetterlage regelmäßig Feinstaubkonzentrationen erfasst, die deutlich über dem geltenden Grenzwert liegen. Foto: Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. (bfk) Heilbronn hat in Baden-Württemberg nach Stuttgart die höchste Stickoxidbelastung und gehört zu elf "sündigen" Städten Deutschlands, die der Verein "Deutsche Umwelthilfe" (DUH) vor den Kadi zitiert hat. Die Umweltschützer wollen mit diesem Schritt Fahrverbote für Dieselfahrzeuge durchsetzen. Dass es dazu kommen wird, ist rechtlich möglich, auch wenn Oberbürgermeister Harry Mergel Fahrverbote nicht für die ideale Lösung hält. In Heilbronn gibt es erst seit letztem Jahr ernsthafte Bemühungen, die beachtliche Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte in den Griff zu bekommen.
Mergel, bei beiden "Diesel-Gipfeln" im Kanzleramt in Berlin dabei, erwartet Vorschläge von höherer politischer Ebene: "Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, schließlich haben wir immer gesagt, dass der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung an erster Stelle steht. So gibt es außer dem in Arbeit befindlichen Green-City-Plan weitere Maßnahmen, die wir umsetzen wollen. Ziel ist es, die Werte - besonders an der einen kritischen Stelle (gemeint ist die Weinsberger Straße) - zu reduzieren und die Luftqualität zu verbessern.
Darüber hinaus gilt: Die Kommunen, die die hohen Stickoxidwerte nicht zu verantworten haben, dürfen vom Bund und auch von der Autoindustrie nicht alleine gelassen werden." Schuld an den hohen Stickoxidwerten immer noch die Autofahrer selber, die selbst zum Brötchenholen mit dem SUV vorfahren. Bei ihnen setzen auch die von der Stadt initiierten Maßnahmen an
Ob die 2017 gestartete Kampagne "Heilbronn bietet Klima Schutz" tatsächlich Erfolge zeitigt, ist nicht einfach messbar. Danach soll der Geländewagen eben in der Garage bleiben. Die aus vielen Einzelmaßnahmen gefassten Pläne sind Makulatur, wenn der verantwortungsbewusste Bürger nicht mitmacht. Wie, das kann man auf eine Internetseite (www.klimaschutz-heilbronn.de) nachlesen, auf der "Zeitspendenplattform" werden Unterstützer für eigene und symbolhafte Klimaschutzprojekte gesucht, 1261 Stunden sind dafür bisher zusammengekommen.
Bei der Stadt heißt es dazu: "Für den Anfang sind wir mit diesem Wert zufrieden, hoffen aber, dass noch viele weitere Personen durch ihr klimabewusstes Handeln die Aktion unterstützen." Auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung waren animiert, an der Aktion "Klimaschutz in der Mittagspause" mitzumachen, nach "verhaltenem Auftakt" sei der zweite Termin ein voller Erfolg gewesen, heißt es dazu und: "Bislang hat unsere Klimaschutzleitstelle überwiegend positive Reaktionen auf die Kampagne erhalten" hießt es bei der Pressestelle dazu. Weitere Aktionen sollen folgen.
Dennoch: Noch immer gibt es keinen institutionalisierten Fahrradverleih, noch immer fährt die Verwaltungsspitze kein E-Auto, und erste E-Busse werden erst zur Bundesgartenschau 2019 im Einsatz sein. Und wie viele Fichtensprösslinge wurden eigentlich aus dem der Stadt zur Verfügung gestellten Samen gezogen, wie viele Dächer mehr sind begrünt worden? Und ist daran gedacht, weitere Messgeräte aufzustellen? Dafür ist die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg zuständig. Momentan sind keine weiteren Stationen geplant.
Mancher politische Beobachter in Heilbonn hat den Eindruck, die DUH habe sich Heilbronn besonders vorgenommen. Der Verein mit 270 Mitgliedern ist bestens vernetzt in allen politischen Ebenen, wird laut Süddeutscher Zeitung unter Berufung auf den Geschäftsbericht mit über acht Millionen Euro vom Bund mitfinanziert, aber auch vom japanischen Autobauer Toyota. Ihrem sehr "medienaffiner" Geschäftsführer Jürgen Resch bescheinigt die FAZ "eine klassische Verbandskarriere", der die DUH zu einer der schlagkräftigsten und auch lautstärksten Öko-Lobby-Organisationen entwickelte und größeren Einfluss als Greenpeace habe. Resch wird auch vorgehalten, er habe für die DUH ein "einzigartiges politisches wie ökonomisches Geschäftsmodell entwickelt als hochgeförderte Institution und klageberechtigte Umweltorganisation".
Auf einer Veranstaltung in Stuttgart verglich Resch Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit seinem Amtsvorgänger Hans Filbinger: Dass Kretschmann bei Fahrverboten "Staus von Heilbronn bis Tübingen" angekündigt habe, erinnere an Filbinger, der gesagt haben soll, "wenn das Atomkraftwerk Wyhl nicht gebaut wird, gehen 1980 die Lichter aus". Die Klageschrift der DUH liegt der Stadt übrigens bisher nicht vor.