"Maßgeschneiderte Services" für Investoren
Wie Baden-Württemberg sich aktiver als bisher um Firmen wie Tesla, Northvolt & Co. bemühen will.

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Der Standort Baden-Württemberg hatte zuletzt bei mehreren spektakulären Investitionsentscheidungen das Nachsehen. So hat der US-Elektroauto-Hersteller Tesla Brandenburg, der US-Chip-Hersteller Intel Sachsen-Anhalt und der schwedische Batterie-Hersteller Northvolt Schleswig-Holstein den Vorzug gegeben. In allen drei Fällen geht es um Investitionen in Milliardenhöhe, mehrere tausend Arbeitsplätze und auch ein Signal: Welche Standorte sind für Leitanbieter von grünen Technologien und für Leitmärkte der Zukunft attraktiv – und welche nicht?
Die Antwort fällt trotz Gegenbeispielen wie dem Bau einer Brennstoffzellen-Fabrik von Cellentric im Kreis Esslingen aus Sicht der Landesregierung bislang unbefriedigend aus. Sie setzt deshalb künftig auf eine "aktive Ansiedlungsstrategie" sowie auf die verstärkte Unterstützung heimischer Unternehmen bei deren Erweiterungsplänen. Mit der Strategie solle sich Baden-Württemberg vor dem Hintergrund "der zunehmenden Verschärfung des nationalen und internationalen Standortwettbewerbs" bei Neuansiedlungen sowie Investitionsentscheidungen heimischer Firmen positionieren, begründen Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) und Staatsminister Florian Stegmann (Grüne) die Pläne in einer gemeinsam Vorlage für die Kabinettssitzung an diesem Dienstag.
In den deutschen Südwesten will die Landesregierung laut dem internen Dokument vor allem ausländische Unternehmen "in besonders wachstumsstarken Technologie- und Geschäftsfeldern" locken. Genannt werden etwa die Bereiche Green Tech, wozu die Wasserstofftechnologie zählt, Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie, Medizintechnik oder Chip-Fertigung. Ein weiterer Schwerpunkt soll auf der Akquise von Unternehmen aus Branchen liegen, die für den Standort prägend sind und von der Regierung ebenfalls als Zukunftsmärkte eingestuft werden. Dazu zählen die Automobilindustrie und der Maschinen- und Anlagenbau, die Gesundheitswirtschaft und die Luft- und Raumfahrt.
Wie aber sollen ausländische Investoren von den Qualitäten überzeugt werden? Zum einen setzen Hoffmeister-Kraut und Stegmann auf sogenannte Ansiedlungsscouts, die vor Ort potenzielle Investoren identifizieren und aktiv ansprechen sollen. Zum anderen auf den Ausbau der Landesagentur "Baden-Württemberg International" (BW-i) zum zentralen Ansprechpartner für die Ansiedlungspolitik. BW-i soll für seine "Lotsenfunktion" 28 zusätzliche Planstellen erhalten. Dazu kommen vier weitere Stellen für die Ansiedlungsscouts. Der Aufwuchs, heißt es in der Kabinettsvorlage, orientiere sich an den Strukturen vergleichbarer Länder wie Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Sprich: Baden-Württemberg holt nach, was andere bei der Personalstärke bereits etabliert haben. Insgesamt sind im Doppelhaushalt für 2023 und 2024 rund 8,5 Millionen Euro für die Umsetzung der Strategie eingestellt.
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Als Standorte für Scouts sind die West- und die Ostküste der USA sowie Israel vorgesehen; perspektivisch könnten Japan sowie Indien dazukommen. Die Scouts sollen nicht nur die Vorteile von Baden-Württemberg – wie seine reiche Forschungslandschaft – herausstreichen, sondern auch Leistungspakete anbieten. Sie sollen dabei auf die Arbeit von BW-i zurückgreifen können, das als zentrale Anlaufstelle für alle Anfragen potenzieller Investoren agieren soll. Das Leistungsportfolio von BW-i soll deshalb um "maßgeschneiderte Services" für Investoren erweitert werden. Zum Angebot zählen die rasche Information von Interessenten über die Verfügbarkeit von Flächen, von erneuerbaren Energien oder Fördermöglichkeiten und Hilfe bei der Abstimmung mit Genehmigungsbehörden. Ebenso soll BW-i expansionswillige heimische Unternehmen unterstützen, um mögliche Abwanderungen zu verhindern.
Innerhalb der Landesregierung liegt die Federführung für Ansiedlungsfragen beim Wirtschaftsministerium. Investitionen von "herausragender volkswirtschaftlicher Bedeutung" werden aber als Chefsache deklariert: Sie verantwortet laut der Kabinettsvorlage die Regierungszentrale von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).