Baden-Württemberg

Landespolizei soll Taser nun ab 2026 im Streifendienst testen

Kurskorrektur im Innenministerium in Sachen Distanzwaffe Taser: Innenminister Thomas Strobl verweist auf fortgeschrittene Technik und neue Anforderungen.

23.06.2025 UPDATE: 23.06.2025 17:30 Uhr 3 Minuten, 37 Sekunden
Taser bei der NRW-Polizei
Geht es nach dem Willen der Polizeigewerkschaft im Südwesten, werden Polizisten bald flächendeckend mit Tasern ausgestattet. (Symbobild)

Von Theo Westermann

Stuttgart. Kurskorrektur des Innenministeriums, was den Einsatz der sogenannten Taser angeht. Die Distanzwaffe Taser soll nun in mehreren Polizeirevieren in Baden-Württemberg und beim Präsidium Einsatz in Göppingen getestet werden. Bisher war die Haltung der Landesregierung, dass Taser, also Distanz-Elektroimpulsgeräte, ausschließlich durch Spezialeinheiten eingesetzt werden und dass man keine flächendeckende Einführung plane.

Gegenüber unserer Redaktion bestätigte CDU-Innenminister Thomas Strobl den Kurswechsel und begründete dies mit der fortgeschrittenen Technik und den neuen Anforderungen: "Die Polizei Baden-Württemberg wird künftig Taser auch im Streifendienst und bei Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten testen. Unsere Polizisten sollen eine optimale Ausrüstung und Ausstattung haben – das ist weiterhin mein klares Ziel als Innenminister."

Man überprüfe ständig die auf dem Markt verfügbaren Einsatzmittel und habe dabei auch die Entwicklung der Taser im Blick gehabt. Bei den Spezialeinheiten der Polizei im Land wie dem SEK sind Taser bereits seit 2007 im Einsatz.

Neben diesen Erfahrungen fließen demnach auch Erkenntnisse der Polizei aus anderen Ländern und des Bundes und der aktuelle technische Entwicklungsstand in die Bewertung mit ein. "Dabei sehen wir eine neuere Generation von Tasern auf dem Markt, die für die Polizei Vorteile haben könnte. Daher gehen wir nun einen Schritt weiter und werden den Einsatz von Tasern außerhalb der Spezialeinheiten erproben", so Strobl.

Im Innenministerium verweist man auf die technische Fortentwicklung. Der aktuell bundesweit am häufigsten verwendete Taser (zwei Auslösungen möglich) sei weiterentwickelt worden, nämlich nun mit zehn möglichen Einzelauslösungen.

In einem ersten Schritt beginnt nun 2026 ein zweijähriger Test im Wesentlichen bei vier Polizeirevieren im Bereich des Polizeipräsidiums Freiburg. Der genaue Zeitplan soll in den kommenden Wochen entstehen, heißt es im Innenministerium.

Innenminister Strobl legt dabei Wert auf ein umfassendes Bild. Die Taser sollen deshalb im städtischen Raum bei den Polizeirevieren Freiburg-Nord und -Süd, auf dem Land beim Polizeirevier Titisee-Neustadt und mit Weil am Rhein bei einem Polizeirevier in Grenznähe getestet werden. Außerdem werde eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit beim Polizeipräsidium Einsatz in Göppingen mit Tasern testweise ausgestattet, so Strobl.

Der Innenminister betonte aber: "Eines ändert sich nicht: Wer Polizisten mit einem Messer angreift, riskiert das eigene Leben! Als ultima ratio machen unsere Polizisten weiterhin von ihrer Schusswaffe Gebrauch." 

Seit Monaten wird bundesweit verstärkt über den Einsatz von Tasern diskutiert. Sie sollen eine Alternative zum Griff zur Schusswaffe bieten, um einen Angreifer zu stoppen. Mit dem Taser wird ein Gegner mehrere Sekunden lang handlungsunfähig gemacht, sprich das Nervensystem wird kurzfristig gelähmt. Aus einer Distanz von zwei bis fünf Metern schießt der Polizist mit Draht verbundene Pfeile ab. Ganz ohne Risiko ist dies aber nicht, vor allem für gesundheitlich vorbelastete Personen.

Bisher war die Haltung im Stuttgarter Innenministerium gegenüber Tasern im Streifendienst skeptisch, vor allem mit dem Blick auf die Schwierigkeiten für die Beamten bei "dynamische Einsatzlagen", auch sah man einen erheblichen Trainingsaufwand.

Die Bundespolizei soll laut Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) mit Tasern ausgerüstet werden. "Ich bin davon überzeugt, dass der Einsatz von Tasern bei unserer Polizei zwingend notwendig ist", sagte Dobrindt jüngst. Fünf Bundesländer setzen den Taser im Streifendienst bereits ein.

Unter anderem die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Baden-Württemberg fordert seit längerem, Polizeibeamte im Streifendienst mit Tasern auszustatten, auch wegen zunehmender Messerattacken.  Auch psychisch Kranke und Menschen unter Drogeneinfluss sowie in Ausnahmesituationen würden immer mehr zum polizeilichen Problemfall, da bleibe bisher als einziges Mittel oft die Schusswaffe. 

Update: Montag, 23. Juni 2025, 17.30 Uhr


Polizei-Gewerkschaft fordert Taser und kürzere Arbeitszeiten

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hatte sich zuletzt für eine Einführung von Tasern starkgemacht. Die GdP gibt die Forderung an die Landesregierung weiter - und will noch mehr.

Stuttgart. (dpa) Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Baden-Württemberg fordert die Landesregierung auf, flächendeckend Polizisten mit Tasern auszustatten. Damit stellt sie sich hinter den Vorstoß von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), der sich für eine Einführung der Taser bei der Bundespolizei starkgemacht hatte. "Was für die Bundespolizei richtig ist, darf für die Landespolizei in Baden-Württemberg nicht länger tabu sein", sagte Thomas Mohr, stellvertretender Landesvorsitzender der GdP.

Angesichts der dramatisch gestiegenen Gewalt gegen die Polizei müsse auch in Baden-Württemberg endlich konsequent gehandelt werden. "Das CDU-geführte Innenministerium lehnt den Taser-Einsatz im Streifendienst bislang mit Verweis auf die Kosten ab – das ist sicherheitspolitisch nicht tragbar. Der Schutz unserer Kolleginnen und Kollegen darf keine Frage der Haushaltslage sein", so Mohr weiter.

Der Taser könne insbesondere in gefährlichen Einsatzlagen, etwa bei tätlichen Angriffen oder bei psychisch auffälligen Personen, eine entscheidende Lücke zwischen Schlagstock und Schusswaffe schließen. Zudem könne schon die Androhung des Einsatzes deeskalierend wirken.

Taser sind bundesweit schon länger umstritten

Dobrindts Vorstoß hatte zuletzt bundesweite Diskussionen um Taser wieder neu angefacht - nicht alle sind davon überzeugt. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Gerade in Hochstresssituationen könnte die Auswahl des geeigneten Einsatzmittels zu einer erheblichen Erhöhung der Komplexität im Einsatz führen."

Auch die Partei Die Linke äußerte sich kritisch zu dem Vorhaben. "Es gibt zahlreiche dokumentierte Todesfälle nach Taser-Einsätzen, auch bei unbewaffneten oder verwirrten Personen. Die angebliche Erfolgsquote ist in der Praxis erschreckend niedrig", sagte Clara Bünger, die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, der "Rheinischen Post" (online). Taser wirkten nicht zuverlässig, "senken aber gleichzeitig die Hemmschwelle für Gewaltanwendung", sagte Bünger. 

Ein Taser ist ein Gerät, mit dem Elektroschocks aus etwas Distanz abgegeben werden. Diese führen zu schmerzhaften Muskelkontraktionen. Dadurch wird ein Mensch in der Regel handlungsunfähig. Die Waffen sind allerdings umstritten, da sie beim Einsatz gegen Menschen etwa mit Herzerkrankungen oder Herz-Kreislauf-Problemen zu gesundheitlichen Folgen führen können.

GdP fordert Reduzierung der Arbeitszeit

Die GdP forderte zudem eine Herabsetzung der Arbeitszeit von 41 auf 38,5 Stunden sowie ein Lebensarbeitszeitkonto mit individuellen Übergangsmodellen. Die bisherige Ankündigungspolitik sei ohne Umsetzung nicht ausreichend.