Bienenfreunde beerdigen Volksbegehren
Einigung auf Kompromiss - Anteil ökologischer Landwirtschaft soll bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent ausgebaut werden

Stuttgart. (dpa-lsw) Die Initiatoren des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" wollen nicht länger für ihre Forderungen Unterschriften sammeln. Nach wochenlangen Verhandlungen einigten sich Regierungsvertreter, Bienenfreunde, Naturschützer und Bauernverbände am Mittwochabend auf alternative Pläne für mehr Artenschutz.
Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) und Agrarminister Peter Hauk (CDU) hatten mit den Verbänden und den Initiatoren des Volksbegehrens mehrere Stunden in Stuttgart ein letztes Mal am Runden Tisch verhandelt. Im Anschluss gaben die Beteiligten die Einigung bekannt. Der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel soll demnach bis 2030 um 40 bis 50 Prozent reduziert werden. Der Anteil ökologischer Landwirtschaft soll bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent ausgebaut werden. Auf 15 Prozent der Landesfläche soll zudem bis 2030 ein landesweiter Biotopverbund aufgebaut werden. Für die Umsetzung des Pakets stellt die Landesregierung im Doppelhaushalt 2020/2021 mehr als 60 Millionen Euro zur Verfügung.
Gegen das Volksbegehren und seine weitreichenden Forderungen etwa mit Blick auf Pestizidverbote waren vor allem Landwirte Sturm gelaufen. Der Anteil der Flächen, auf denen Pestizide genutzt werden, sollte im Südwesten demnach bis 2025 halbiert werden. In Schutzgebieten sollten sie ganz verboten werden. Die ökologische Landwirtschaft sollte bis 2035 auf 50 Prozent ausgebaut werden.
Die Bienenfreunde hatten die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren nach einem Entgegenkommen der Landesregierung bereits Mitte Oktober gestoppt, um gemeinsam an einem alternativen Entwurf zu arbeiten. In den jetzigen Plänen wurden inhaltliche Ziele des Volksbegehrens übernommen, aber umstrittene Passagen entschärft - etwa zu Pestiziden. Die Einigung zeige, dass Verständigung möglich sei zwischen gesellschaftlichen Gruppen, sagte Untersteller. "Artenschutz geht uns alle an."
Allerdings gibt es offenbar nach wie vor Unstimmigkeiten, was den umstrittensten Punkt der Einigung betrifft, die Reduktion von Pestiziden. Die Bauern sehen das Ziel von 40 bis 50 Prozent weiter sehr skeptisch. Es wäre sehr schade, wenn man die Diskussion auf "dieses politische Ziel", dass sich das Land setze, reduzieren würde, sagte der Präsident des Landesbauernverbands, Joachim Rukwied. Man sehe das sehr skeptisch. Die Ziele erschienen den Bauernverbänden sehr hoch und sehr ambitioniert. Das müsse evaluiert werden.
Auch interessant
Dieses politische Ziel sei schwer zu erreichen, sagte auch der Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, Werner Räpple. Mit einem Volksantrag wolle man die Debatte weiterführen. Man stehe nicht am Ende, sondern eher am Anfang.
Das stehe nun als Relativierung und Konflikt im Raum, kommentierte die Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Brigitte Dahlbender, die Äußerungen Räpples. Man könne aber damit leben, da das Ziel als Gesetz beschlossen werde. Man habe unglaublich viel im Gesamtpaket erreicht. Der Initiator des Bienen-Volksbegehrens, Tobias Miltenberger, äußerte sich kritischer. "Ein Stück weit bin ich schon irritiert", sagte er. "Für uns besteht die Aussage." Dem Ziel der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln sei zugestimmt worden.
Kurz darauf versicherte Räpple bei der Pressekonferenz, dass alle Verbände den Weg der Reduktion der Pflanzenschutzmittel mitgehen würden. Der vorgegebene Weg sei akzeptabel, sagte er. "Unsere Aufgabe wird es sein, diese Skepsis in der Umsetzung aufzulösen", sagte Umweltminister Untersteller. Agrarminister Hauk kündigte an, dass man nun einen Referentenentwurf entwickeln und bis Anfang Februar ins Kabinett geben werde.