100 Jahre Jugendherbergswerk

Stockbett, Stockbrot und wilde Nächte

Baden-Württemberg erinnert an die Gründung des ersten Verbands im Südwesten

06.02.2019 UPDATE: 07.02.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 54 Sekunden

Insgesamt 47 Jugendherbergen gibt es heute in Baden-Württemberg - wie etwa diese in Stuttgart. Foto: dpa

Von Sönke Möhl

Stuttgart. Einzelne Wanderer und Radfahrer, Schülergruppen oder Familien auf der Durchreise: 450.000 Menschen übernachteten im letzten Jahr in den 47 Jugendherbergen in Baden-Württemberg. In den 100 Jahren seit Gründung des Jugendherbergswerks im Südwesten haben sich die Häuser gründlich verändert. Die Zeiten von Gemeinschaftsduschen, großen Schlafsälen und Massenverpflegung mit Hagebuttentee sind weitgehend vorbei. Nach und nach werden die Häuser saniert oder neu gebaut.

Jüngstes Beispiel ist die Jugendherberge in Heilbronn, die im vergangenen Jahr fertig wurde. Hinter der klar gegliederten sechs Stockwerke hohen Backsteinfassade verbergen sich Zweier-, Gruppen- und Familienzimmer jeweils mit eigenem Bad. Von der Dachterrasse reicht der Blick über das Bundesgartenschaugelände und die Stadt bis ins hügelige Umland Heilbronns. "Wir haben eine offene Rezeption, ein Bistro, einen modernen Speisesaal, gutes Essen, wir haben heute einfach eine moderne Ausrichtung", sagt der Geschäftsführer des baden-württembergischen Jugendherbergswerks, Karl Rosner.

Als Unterscheidungsmerkmal zu Hotels sieht er die Werteorientierung der Jugendherbergen. "Wir wollen Jugendherbergen als Erlebnis- und Bildungsorte verstehen, wir schaffen Begegnungen für Menschen aus allen Ländern." Jugendbegegnung, Abbau von Vorurteilen, Förderung von Toleranz würden durch entsprechende Programme gefördert. "Wir wollen die Menschen zurückbringen, Natur und Heimat zu erleben".

Allerdings wurden in den letzten Jahren auch etliche Jugendherbergen geschlossen. Manche Gebäude seien in einem technisch schlechten Zustand und wirtschaftlich nicht mehr tragbar gewesen. Zuletzt traf es Ende 2017 die Herberge in Heidenheim mit 122 Betten.

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So ging die Zahl der Übernachtungen im vergangenen Jahr auch um rund zwei Prozent auf knapp 1,1 Millionen zurück. Zwei Jugendherbergen in Neckargemünd und Göppingen sind aktuell wegen Modernisierung geschlossen. Er bekomme regelmäßig Anfragen aus Städten und Gemeinden zur Einrichtung neuer Häuser. "Wir prüfen jeden einzelnen Fall", sagt Rosner. Nach wie vor seien die Häuser in Städten und in ländlichen Regionen über das ganze Land verteilt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) weist zum Geburtstagsfestakt in der Stuttgarter Jugendherberge am Mittwoch darauf hin, dass Baden-Württemberg mit über 350.000 Mitgliedern den größten Landesverband des Jugendherbergswerks in Deutschland hat. Jugendherbergen seien heute mehr denn je internationale Begegnungsstätten, "wo Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur zusammenkommen und im besten Sinne des Wortes friedlich unter einem Dach wohnen".

Die Vorsitzende des Jugendherbergswerks Baden-Württemberg, Susanne Pacher, lenkt den Blick auch auf die ökologischen Anstrengungen. So würden die Häuser mit Ökostrom beliefert, es gebe Kaffee und Fisch mit Nachhaltigkeitszertifikat und Bio-Lebensmittel. Das Fleischangebot werde verringert.

Im Jubiläumsjahr gibt es Veranstaltungen und Aktionen in den Jugendherbergen. Am 20. Juli öffnen die Häuser ihre Türen und laden unter dem Motto des 100. Geburtstags "Stockbett, Stockbrot und wilde Nächte" zur Erkundung ein.

Der DJH-Landesverband besteht in seiner aktuellen Form zwar erst seit 2000. Damals schlossen sich die Landesverbände Baden und Schwaben zusammen. Dennoch feiert der Verein in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag, der sich auf eine Vereinsgründung am 20. Juni 1919 in Stuttgart bezieht. Einfache Herbergen für Schüler, Studenten und Wanderer hatte es bereits früher gegeben, oft in Schulräumen oder Turnhallen. Die weltweit erste Jugendherberge entstand 1914 in der Burg Altena im Sauerland.

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