Was man zum ersten Herbst ohne Corona-Auflagen wissen muss
Karl Lauterbach rät zum Impfen. Es gibt angepasste Vakzine. Stiko prüft RSV-Impfung noch.

Von Sascha Meyer
Berlin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat vor dem ersten Corona-Herbst ohne staatliche Schutzregeln zu Auffrischimpfungen und Rücksichtnahme aufgerufen. "Die Covid-Infektion ist keine Erkältung, das ist keine Kleinigkeit", sagte der SPD-Politiker am Montag in Berlin. Menschen über 60 Jahre und mit Vorerkrankungen sollten das gesundheitliche Risiko senken und ihren Impfschutz auffrischen lassen.
In den Praxen ist dafür ein an aktuelle Virusvarianten angepasster Impfstoff von Biontech zu haben. Lauterbach und das Robert Koch-Institut (RKI) rieten, in bestimmten Situationen freiwillig Maske zu tragen. Im Herbst sei wieder mit vielen Infektionen zu rechnen. Es gebe aber eine breite Immunität. "Wir brauchen auch keine Maßnahmen im Sinne von Kontaktbeschränkungen nach allem, was wir derzeit wissen", so Lauterbach.
> Die Impfungen: Die Impfsaison läuft an. Seit Montag kann dafür ein weiterentwickeltes Präparat von Biontech in den Praxen eingesetzt werden. Es handelt sich um einen an die Omikron-Sublinie XBB.1.5 angepasstes Mittel, das besser gegen kursierende Varianten schützen soll. Personen ab 60 und Risikogruppen sollten sich impfen lassen, am besten auch gleich gegen Grippe – denn da seien sie ebenfalls am stärksten gefährdet, sagte Lauterbach.
> Die Corona-Lage: Der amtierende RKI-Präsident Lars Schaade sagte, man beobachte seit einigen Wochen einen Anstieg an Atemwegsinfektionen, darunter Covid-19. Das sei nicht ungewöhnlich. Indikatoren wie Dynamik, Krankheitsschwere und Belastung des Gesundheitssystems lägen aber auf niedrigem Niveau.
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> Der freiwillige Schutz: Auflagen zu Masken, Tests und Quarantäne wie im Herbst 2022 gibt es nicht – Empfehlungen aber schon. "Bei Symptomen einer akuten Atemwegsinfektion sollte man generell drei bis fünf Tage zu Hause bleiben", erläuterte Schaade. Eine Maske helfe dann zum Schutz anderer, was besonders wichtig sei, wenn man Kontakte zu Risikopersonen nicht vermeiden könne. Lauterbach riet auch zu Eigenschutz, wenn man Risikofaktoren für schwere Corona-Verläufe hat. "Dazu kann auch die Maskennutzung gehören in Räumen mit vielen Personen." Sinnvoll könne es etwa sein, wenn man in Pflegeheime geht.
> Die Herbst-Aussichten: "Die Pandemie ist vorbei, das Virus bleibt", sagte Lauterbach. Dabei könne man den Verlauf kommender Wellen nicht vorhersagen. Das gilt auch für den Krankenstand. Im ersten Herbst ohne Schutzmaßnahmen sei es nicht auszuschließen, dass sich auch andere Infektionskrankheiten stärker verbreiten. Zugleich hätten alle in der Pandemie gelernt, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Er gehe daher davon aus, "dass wir es gemeinsam schaffen werden, auch freiwillig uns gegenseitig zu schützen".
> RSV-Impfung noch ohne Empfehlung: Im vorigen Herbst und Winter macht eine enorme Welle des Respiratorischen Synzytial-Virus Babys und Kleinkindern zu schaffen – und mit ihnen den Familien und dem Gesundheitssystem. Nun rechnen Fachleute eher mit Fallzahlen "in normalen Höhen", sagte Folke Brinkmann, Leitung der Sektion Pädiatrische Pneumologie an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, am Montag.
Nachgeholte Infektionen bei Ein- bis Zweijährigen, die in der Pandemie nicht mit RSV in Kontakt gekommen waren, seien voraussichtlich nicht mehr so ausgeprägt zu sehen. Als Risikogruppen gelten bei RSV u.a. Früh- und Neugeborene, Säuglinge, Kinder mit vorerkrankter Lunge, mit Herzfehlern sowie Erwachsene über 65 und Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem. Die typische Saison geht von November bis April.
In den vergangenen Monaten sind in der EU zwei RSV-Impfstoffe zugelassen worden – allerdings nicht für Kinder. Sie sind für Menschen ab 60 Jahren gedacht, einer davon auch für Schwangere, mit dem Ziel der Weitergabe des Immunschutzes an Babys. Bisher liegt in Deutschland jedoch keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission dazu vor. Dies sei auch für diesen Herbst nicht mehr zu erwarten, sagte Stiko-Mitglied Klaus Überla. Die Erstattung der Kosten für die Impfung hängt Überla zufolge damit zunächst von der Krankenkasse ab.