Heidelberg. Günther Jauch ist einer der beliebtesten Deutschen und eine feste Bank im hiesigen Fernsehgeschäft. Nun kommentiert Jauch mit seiner markanten Stimme die groß angelegte BBC-Naturdokumentation "Unsere Erde 2", die am 15. März in die Kinos kommt. Unser Mitarbeiter André Wesche traf ihn zum Gespräch.
Herr Jauch, Sie sind ein leidenschaftlicher Winzer. Trotzdem erwecken Sie nicht den Eindruck, ein echter Naturbursche zu sein.
Sie meinen, weil Sie mich selten beim Wandern erwischt haben? (schmunzelt) Es stimmt schon, ich würde mich auch nie als Naturburschen bezeichnen. Aber ich kann mit der Natur schon etwas anfangen. Naturfilme habe ich schon früher gern gesehen. Es ging los mit Grzimek und Heinz Sielmann und seinen "Expeditionen ins Tierreich". Das war für die damalige Zeit technisch schon gut gemacht. Aber es kommt natürlich nicht ansatzweise an das heran, was heute möglich ist.
Wie hat man Sie ins Boot von "Unsere Erde 2" geholt?
Ich habe schon "Unsere Erde 1" vor zehn Jahren gesehen und fand den Film absolut faszinierend. Ich habe mir dann dieses aktuelle Werk angesehen und war auf Neudeutsch geflasht von dem, was sich da in 90 Minuten abspielt. Gleich am Anfang, wenn diese Meerechsen von den Schlangen verfolgt werden! Da können Sie mir jede James-Bond-Verfolgungsjagd schenken. Ich weiß, dass Super-Drohnen zum Einsatz kamen. Aber ich frage mich trotzdem bis heute, wie man so etwas drehen kann. Als ich dann noch hörte, dass der Sprecher der US-Version tatsächlich Robert Redford ist, war die Sache klar. Den deutschen Robert Redford geben - das ist mal eine Herausforderung.
Kennen Sie einige der Drehorte aus persönlicher Erfahrung?
Nein, ich war noch an keinem dieser Orte. Vor zwei Jahren reiste ich mal nach Botswana ins Okavangodelta. Dort gibt es zum Beispiel Löwen, die ihre Beute im Wasser schwimmend jagen. Das hatte ich noch nie gesehen. Auch beim Film steht für mich das Staunen im Vordergrund. Viele Bilder gehen einem nicht mehr aus dem Kopf. Wir sehen ja normalerweise nicht, wie ein Regentropfen auf eine Biene fällt und die dann völlig ins Taumeln gerät. Erst diese Supertechnik zeigt uns, wie solche Dinge in der Natur ablaufen. Früher kamen in solchen Dokus noch Menschen vor, die einem irgendetwas erklärt haben. Dass das nun nicht so ist, macht für mich einen Teil der Qualität aus.
Wo sind Ihre Sehnsuchtsorte: Am Meer, im Gebirge, in der Wüste?
Unterschiedlich. Ich habe in meinem Leben wenig von der Welt gesehen. Zumindest im Vergleich zu anderen Leuten. Botswana war als Urlaubsreise für mich eine extreme Ausnahme. Ich mag die Dinge vor der Haustür, zum Beispiel die Landschaft Brandenburgs oder das Oderbruch. In Brandenburg gibt es diesen Buchenwald in Grumsin. Den finde ich herrlich. Oder die Nordsee, Dünenlandschaften.
Was würde Sie noch reizen?
Die Antarktis. Viele weit gereiste Menschen haben mir gesagt, das sei etwas ganz Besonderes. Ein Kreuzfahrtkapitän meinte, an diesem Ort sei er Gott am nächsten gewesen. Hier hätte er verstanden, was sich der Schöpfer bei der Erschaffung der Welt gedacht hätte.
Gibt es Orte, die Sie an eine göttliche Ordnung glauben lassen?
Das weiß ich gar nicht. Es sind so kleine Momente. Wenn Sie zum Beispiel auf Sylt sind, einer Insel, die man für überlaufen bis zum geht nicht mehr hält, können Sie auf große, zusammenhängende Heidelandschaften stoßen. Die gibt es in Europa fast gar nicht mehr. Wenn Sie die richtigen Wege kennen, begegnen ihnen auch kaum Menschen. Solche Augenblicke sind schon großartig. Wenn man in Botswana auf einem kleinen Hügel steht, kann man hunderte von Kilometern in die Savanne blicken und ganz hinten geht die Sonne unter.
Hat diese Reise in Ihnen nicht die Lust auf mehr geweckt?
Die allermeisten Leute fliegen ja heute nach Mallorca oder New York, bevor sie das eigene Land erkunden. Das finde ich schade, gerade weil durch die deutsche Einheit zumindest für die Westdeutschen eine Unbekannte hinzugekommen ist, deren Erkundung sich absolut lohnt. Sowohl die Landschaft als auch die Städte.
Der Film spricht auch an, wie zerbrechlich unser Planet ist. Leben Sie selbst nachhaltig?
Ich wusste, dass diese Frage kommt. Und ich möchte sie ehrlich beantworten. Wenn ich mir meinen ökologischen Fußabdruck des heutigen Tages anschaue, dann ging es mit einem Flug von Köln nach Berlin los. So gesehen hätte ich schon eher mit der Bahn fahren sollen, aber dann hätten wir heute unsere Termine nicht geschafft. Ich bin zuhause zwar ein braver Müll-Trenner. Aber wenn man meine Energiebilanz im Ganzen betrachtet, gehöre ich wohl nicht zu den großen Vorbildern.
Wie stehen Sie als Autofan zum Thema Elektromobilität?
Die wird kommen. Aber ich denke schon, dass es deutlich länger dauern wird, als es sich unsere Politiker am grünen Tisch ausgedacht haben.
Wie gut waren Sie in der Schule in Erdkunde und Biologie?
In Erdkunde war ich mittelprächtig. In Biologie nicht schlecht. Biologie war das naturwissenschaftliche Fach, das mich am meisten interessiert hat. Ich habe es auch ins Abitur gewählt und wurde darin geprüft. Es ging um Ökologie und darum, was alles passiert, wenn ein Gewässer umkippt. Erdkunde hat mich vor allem im Zusammenhang mit Geschichte interessiert. Aber ich gebe zu, dass ich von all diesen Landschaften keine Ahnung hatte. Das Exotischste, was ich als Kind gesehen habe, war Grzimeks "Serengeti darf nicht sterben". Und dann ging es wieder ins Schullandheim ins Fichtelgebirge.
"Unsere Erde 2" zeigt sehr eindrucksvoll den großen Tag der Eintagsfliegen. Was würden Sie tun, wenn Sie wüssten, dass morgen alles vorbei ist?
Das ist echt schwer zu sagen. Man verdrängt solche Gedanken ja auch. Ist es nicht ein Lutherwort: "Wenn ich wüsste, dass ich morgen das Zeitliche segne, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen"? Ich wüsste nicht, ob mich nicht doch eine gewisse Panik beschleichen würde, wenn ich wüsste, dass der heutige Tag der letzte ist. Ich glaube, nicht viele Menschen hätten die Souveränität zu sagen, jetzt bringen wir diesen Tag zu Ende wie jeden anderen auch. Mir würde das schwer fallen.
Wann waren Sie zum letzten Mal als zahlender Gast im Kino?
Ich habe den Churchill-Film gesehen, der hat mir gut gefallen. Davor war es der "Borg/McEnroe"-Film, den fand ich auch sehr gut. Sportfilme sind ja oft so "öhh". Gerade die Sportszenen sind häufig nicht ganz koscher. McEnroe hat ja sehr über den Film geschimpft. Immer würde nur über Borg geredet, es sei ein Werbefilm für ihn. So habe ich es nicht empfunden.
An welchem Ort sind Sie am liebsten?
Es wechselt. Potsdam ist ja auch eine Großstadt und hat diese Nähe zu Berlin. Das finde ich großartig. Das Weingut wiederum liegt in einem Dorf an der Saar in Rheinland Pfalz. Das Gutshaus befindet sich am Ende einer Sackgasse, völlig abseits. Wenn man da so auf der Terrasse sitzt und im Mai, Juni die Nachtigallen in den Hecken singen, dann hat das auch etwas. Das ist auch so ein Sehnsuchtsort und ganz anders als Berlin, diese Stadt in ihrer ständigen Umbruchsituation, die dieses ruppige hat.
Es kann einem in Berlin widerfahren, dass ein Taxifahrer erzählt, er habe schon mal den Günther Jauch gefahren. Und der sei gar nicht so nett, wie er im Fernsehen immer tut.
Manche erwarten, dass ich jede Fahrt "durchmoderiere". Vielleicht bin ich aber auch mal müde oder möchte lesen oder einfach nur schweigend aus dem Fenster schauen. Da komme ich dann vielleicht gelegentlich etwas maulfaul rüber. Die meisten Taxifahrer verstehen das übrigens. Die sind sogar froh, wenn sie nicht wieder von einem Gast zugetextet werden.