Die Geschichte der Toilettenpapierrolle begann nicht - wie vielleicht vermutet - im Häkelumhang verpackt auf der Hutablage eines 60er-Jahre-Opels. Die erste Rolle modernes Toilettenpapier wurde schon 1890 in Philadelphia gesichtet. Mit ihrem perforierten Vlies aus Fasern revolutionierte die Scott Paper Company vor 125 Jahren das archaische Bedürfnis nach körperlicher Hygiene.
Das bis heute übliche Verfahren zur Herstellung von Papier mittels Holzschliff hatte übrigens der Deutsche Friedrich Gottlob Keller 1843 entwickelt. Damit schuf er die Grundlage zur preiswerten industriellen Großherstellung des Stoffs. Aber bereits vor 2.000 Jahren produzierten die Chinesen erstmals Papier aus Bambus. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurde es dort auch zu hygienischen Zwecken verwendet - zumindest in Reihen der privilegierten Schichten.
Dem Papier wurden später Lumpen aus Baumwolle hinzugefügt, um es saugfähiger zu machen. Für den Kaiser gab es im Jahr 1391 ein speziell angefertigtes Toilettenpapier, allerdings im XXL-Format, mehr als einen halben Quadratmeter groß. Warum, ist nicht überliefert. Trotzdem muss es ein Erfolg gewesen sein, denn das kaiserliche Versorgungsamt ordnete eine Jahresproduktion von 720 000 Blatt an.
Als Erfinder des modernen Toilettenpapiers gilt Joseph C. Gayetty. Ab 1857 bot der New Yorker Unternehmer einzelne in Aloe getränkte Blätter in einer Schachtel an. Das pflanzliche "Gleitmittel" wurde damals als medizinische Hilfe gegen Hämorrhoiden gepriesen. Seine "Manilahanffasern" besaßen sogar ein eigenes Wasserzeichen mit den Buchstaben "J C Gayetty N Y". In der Werbung bezeichnete der Hersteller das Produkt als "Therapeutic Paper", dennoch war es nicht sonderlich erfolgreich. Mediziner nannten Gayetty einen Quacksalber. Schließlich waren seine Papiere auch ganz schön teuer. 1000 Blatt kosteten einen Dollar, was nach heutiger Kaufkraft rund 25 Dollar entspricht.
Bevor Toilettenpapier in Rollen sich im späten 19. Jahrhundert verbreitete, wurde die Notdurft mit Hilfe weniger weicher und absorbierender Materialien verrichtet. Dazu gehörten Zeitungen, Kataloge und ähnlicher Lesestoff. In den Zeiten davor, als selbst solches Papier nicht verfügbar war, wurde zur Säuberung des Allerwertesten alles Mögliche verwendet: Gras, Blätter, Fell, Muschelschalen, Heu, Stroh, eingeweichte Maiskolben, Wolle, Seide oder auch schon mal ein lebendes Huhn, falls es gerade griffbereit war.
Die alten Griechen benutzten Steine und Tonscherben, die alten Römer auf Stöckchen aufgespießte Schwämme, die in Salzwasserkrügen aufbewahrt wurden. Im Mittleren Osten kam häufig auch nur die linke Hand zum Einsatz, weswegen sie im arabischen Raum bis heute als schmutzig gilt.
Bereits 1596 hatte der Engländer Sir John Harrington, ein Patenkind von Königin Elizabeth I., das Water Closet (WC) erfunden. Doch die Entwicklung der Hilfsmittel zum Abwischen konnten mit der Neuheit offenbar nicht Schritt halten. Selbst fast 300 Jahre danach gab es immer noch kein spezielles Papier für die Toilettenbenutzung - und ganz sicher kein Papier, das problemlos hinweggespült werden konnte.
Bis die Brüder Edward, Clarence und Thomas Scott 1867 mit dem Verkauf von einer Art Vorläufer des Toilettenpapiers auf einem Stoßkarren in Philadelphia begannen. 1879 gründeten Edward und Clarence die Scott Paper Company. In den Anfangsjahren verkauften sie ihr Toilettenpapier in Rollen, jedoch unperforiert. Um den guten Familiennamen nicht zu "beschmutzen", ließen sie den Namen Scott weg. Den Vertrieb überließen sie Einzelhändlern, die die Papiere unter mehr als 2000 verschiedenen Namen an die Verbraucher brachten. Zur Wende zum 20. Jahrhunderts war so das Waldorf Hotel in New York zum führenden "Anbieter" von Toilettenpapier avanciert, es verkaufte die Rollen paketweise wiederum an Drogerien und Apotheken.
Auch in England, wo in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts eine Alternative zu den bis dahin üblichen Zeitungsschnipseln auf den Markt kam, war man schamhaft. Der Hersteller W.C. Alcock scheute sich, den eigenen Namen auf das als anrüchig empfundene Produkt zu drucken und bot es als "Papierlockenwickler" an. Ab 1907 präsentierte die Firma Scott weltweit auch die ersten Papierhandtücher.
In Deutschland gründete Hans Klenk 1928 in Ludwigsburg die erste Toilettenpapierfabrik. Als Firmennamen wählte er seine erweiterten Initialen: Hakle. Um dem vermeintlich anrüchigen Image des Säuberungsutensils vorzubeugen, warb er geschickt mit dem Slogan: "Verlangen Sie eine Rolle Hakle, dann brauchen Sie nicht Toilettenpapier zu sagen." Auf den produzierten Rollen befanden sich exakt 1000 Blatt, allesamt perforiert und aus kratzigem Krepppapier. Angeblich soll sich Hermann Göring, einer der führenden Nazis im Dritten Reich, geweigert haben, dieses Toilettenpapier zu benutzen - stattdessen verwendete er weiße Stofftaschentücher.
Erst seit Ende der 1950er Jahre verbreitete sich - aus Amerika kommend - das weichere Tissue-Papier, das auf der Haut wesentlich angenehmer ist. Das erste zweilagige Papier wurde 1942 in England angeboten. Seit Anfang der 1970er Jahre gab hierzulande drei Lagen zu kaufen, 1984 wurde erneut aufgestockt und vierlagige Rollen kamen in den Handel.
Heute gibt es Toilettenpapier in den verschiedensten Formen, Größen, Farben, Mustern und sogar feucht. In Zukunft könnten auch andere Materialien als das immer teurer werdende Papier verwendet werden. Übrigens ist die Herstellung von Toilettenpapier recht kompliziert. Denn feuchtes Papier vermodert schnell, die trockenen Blätter müssen reiß- und stoßfest sein und trotzdem flauschiges Wischvergnügen garantieren. Außerdem sollten sie sich in der Kanalisation möglichst schnell auflösen.
Im internationalen Vergleich ergeben sich auf der Toilette einige Unterschiede. Laut einer Studie der Firma Procter & Gamble faltet der Deutsche sein Klopapier meist ordentlich, während Engländer und Amerikaner eher eifrige Papier-Knüller sind. Jeder Deutsche verbraucht rund 20 Blatt am Tag, in den USA sind es täglich pro Einwohner durchschnittlich 57, dafür ist es jedoch dünner.
Etwa drei Jahre unseres Lebens verbringen wir auf dem Klo, jeder besucht das stille Örtchen etwa 2500 Mal im Jahr. Erstmals getrennte Toiletten für Damen und Herren soll es bei einer vornehmen Party im Jahr 1739 in Paris gegeben haben. Während Toilettenpapier in Deutschland stets weicher und dicker wird, müssen immer noch etwa Dreiviertel aller Menschen ganz ohne auskommen. Zudem haben rund 2,6 Milliarden der Erdbewohner nicht einmal Zugang zu ordentlichen Toiletten, vor allem nicht in China und Indien.