Verkehrsversuch hat auch Befürworter

09.08.2021 UPDATE: 10.08.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Trotz der Schließung des Fahrlachtunnels sprechen sich die Fraktionen von Grünen sowie Linkspartei, Tierschutzpartei und Die Partei (LiParTie) für eine Durchführung des Verkehrsversuchs, also der Teilsperrung von Kunststraße und Fressgasse, aus. "Die Sperrung des Fahrlachtunnels darf keinesfalls zu einer weiteren Verschiebung des geplanten Verkehrsversuchs in der Innenstadt führen und damit zulasten der Bewohnerinnen und Bewohner", betonte Gerhard Fontagnier, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Gemeinderatsfraktion.

Der Verkehrsversuch sei ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende. Damit der Ausweichverkehr nicht durch Mannheim geleitet wird, sei eine weiträumige Umfahrung aktuell die einzige Alternative. Diese müsse von der Verwaltung vor allem in Abstimmung mit den regionalen Partnern gut geplant und umgesetzt werden, sodass es nicht zu weiteren Belastungen komme. "Die Stimmen, die nun verlangen, dass der Verkehrsversuch in der Innenstadt nicht gestartet werden soll, sind die gleichen Stimmen, die von Beginn an gegen diese Verkehrsberuhigungsmaßnahme waren", so Fontagnier. "Wer stattdessen verlangt, dass der Ausweichverkehr ungehindert durch die Innenstadt fahren können soll, hat den Blick für die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt verloren. Aber auch für den Handel und das Gewerbe ist die Innenstadt als Ausweichroute inakzeptabel."

Die Fraktion Lipartie stimmt zu: "Der Schaden für die Wohnbevölkerung in ganz Mannheim muss so gering wie möglich gehalten werden. Das gilt auch für die Quadrate", heißt es in einer Mitteilung der Fraktion. Es werde immer unerwartete Einschränkungen im Straßenverkehr geben. Würde man auf all diese Rücksicht nehmen, könnte der Verkehrsversuch Innenstadt vermutlich nie durchgeführt werden. "Die Sperrung des Fahrlachtunnels als einer leistungsstarken Hauptachse des Regionalverkehrs sollte im Gegenteil erst recht Anlass bieten, Fressgasse und Kunststraße zu sperren, um zu verhindern, dass sich Ausweichverkehre zwischen Ludwigshafen und dem Mannheimer Hinterland den Weg durch die Quadrate suchen", so die Meinung von Lipartie. Der Durchgangsverkehr durch das Stadtzentrum und die Stadtteile müsse unterbunden werden, unter anderem durch eine weiträumige Umleitung über die A 6.

"Die Sperrung des Fahrlachtunnels sollte vielmehr den Druck erhöhen, über Alternativen im Mobilitätskonzept der Stadt Mannheim und der Rhein-Neckar-Region nachzudenken und die Verkehrswende voranzutreiben", so die Fraktion und fordert Kritiker des Verkehrsversuchs – wie die IHK oder den Einzelhandelsverband Nordbaden – auf, für die Nutzung von alternativen Verkehrsmitteln wie ÖPNV oder Fahrrad zu werben. In einem Brief hat die IHK derweil Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrssituation nach der Sperrung des Fahrlachtunnels veröffentlicht. Dazu zählen auch Taktverdichtungen der Bus- und Bahnlinien, wenn es nötig wird. Die IHK empfiehlt ebenso eine engere Verzahnung: So sollen aktuelle und geplante Baumaßnahmen rechts und links des Rheins geprüft, bewertet und wenn nötig verschoben werden. Damit der Verkehr auf den Umleitungen fließen kann, dürften dort nicht gebaut werden. Verbesserte Ampelschaltungen, Verkehrslenkungssysteme und digitale Echtzeitinformationen sollen rheinübergreifen koordiniert werden.

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Die IHK nimmt die Tunnelsperrung auch zum Anlass, um bereits bekannte Ideen ins Spiel zu bringen: die Seilbahn über den Rhein und eine dritte Rheinquerung. Beide Projekte sollten auf ihre Machbarkeit geprüft werden. Zudem solle ein Arbeitskreis "Innenstadt-Logistik" mit der Stadtverwaltung und den Akteuren des Wirtschaftsverkehrs gegründet werden. Auch sei zu überlegen, ob Mannheim nicht wie Heidelberg und Stuttgart einen Wirtschaftsverkehrsbeauftragten braucht.