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17.06.2021 UPDATE: 18.06.2021 16:45 Uhr 1 Minute, 13 Sekunden

Spätes Frühlingserwachen

Die deutsche Wirtschaft steht nach Einschätzung von Konjunkturforschern vor einem kräftigen Aufschwung. Nach der tiefen Corona-Rezession 2020 und der erneuten Vollbremsung Anfang 2021 dürfte der Konjunkturmotor allerdings nicht mit dem von Vizekanzler Olaf Scholz erhofften "Wumms" starten – sondern eher in zwei Stufen zünden, wie mehrere Forschungsinstitute in ihren aktuellen Prognosen berichteten.

> Lieferkette stockt noch: Wesentliche Stütze ist demnach zunächst nur der private Konsum. In der Industrie dürfte es wegen der erheblichen Störungen in den globalen Lieferketten erst in der zweiten Jahreshälfte rund laufen: Das verarbeitende Gewerbe sitzt zwar auf prall gefüllten Orderbüchern, kann die Aufträge wegen Lieferengpässen bei Rohstoffen und Vorprodukten aber oft nicht abarbeiten. Trotz der sehr guten Auftragslage werde die Produktion im verarbeitenden Gewerbe "deshalb wohl erst in der zweiten Jahreshälfte wieder nach und nach auf ihren Erholungskurs einschwenken". Zudem stößt die Nachfrage nach Einschätzung des Dekabank-Chefvolkswirts Ulrich Kater zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen, die in der Pandemie geschrumpft seien.

> Dennoch positive Erwartungen: "Deutsche Wirtschaft mit spätem Frühlingserwachen", heißt es etwa beim Berliner DIW. Der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Stefan Kooths sagt: "Der deutsche Konjunkturkessel steht unter Dampf." Oder: "Die Konjunktur in Deutschland nimmt im Zuge der Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen wieder Fahrt auf", heißt es beim Konjunkturchef des Essener RWI, Torsten Schmidt.

> Wachstumsprognose bis zu 3,7 Prozent: 2020 war die Nummer vier der Weltwirtschaft unter dem Eindruck der Coronapandemie um 4,8 Prozent eingebrochen. Das IfW rechnet nun für 2021 mit einem Wirtschaftswachstum von 3,9 Prozent (Märzprognose: 3,7). Das DIW traut ein Zuwachs von 3,2 (zuvor: 3,0) Prozent zu und das RWI stockte seine Erwartungen auf 3,7 (3,6) Prozent auf. Einzig das Münchner Ifo-Institut hatte am Vortag auf 3,3 (3,7) Prozent reduziert.

> Konsumstau: Bei den privaten Haushalten haben die immer wieder nötigen Lockdowns mit Schließungen beispielsweise von Einzelhandel, Fitnessstudios oder Kinos zu einem gewaltigen Konsumstau geführt, der zu beispiellosem Sparen geführt hat. Die Sparquote habe bei geschätzten zehn Prozent gelegen.