Wiesloch. (hds) "Ich werde morgen eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht gegen Sie einreichen", erklärte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dr. Gerhard Veits, in einer persönlichen Erklärung in Richtung Oberbürgermeister Dirk Elkemann in der Mittwoch-Sitzung des Gemeinderats im Palatin.
Der Vorwurf: Elkemann hatte in der Februar-Sitzung des Gemeinderats zum Grünen-Antrag bezüglich einer Neugestaltung des Neujahrsempfangs Stellung bezogen. "Sie haben mich darin persönlich angegriffen und diskreditiert – und um die Konsequenzen geht es jetzt." Veits bezieht sich dabei konkret auf die Aussage von Elkemann, der gesagt hatte, der Fraktionsvorsitzende der Grünen habe sich in der Gemeinderatsitzung davor "explizit geäußert, der Verwaltung nicht zu trauen".
Grünen-Fraktionschef Gerhard Veits (l.) und Oberbürgermeister Dirk Elkemann. Fotos: PfeiferVeits hat zwischenzeitlich anhand der Aufzeichnungen nachgeprüft, dass diese Aussage im nichtöffentlichen Teil der Sitzung gefallen ist, zudem "aus dem Zusammenhang gerissen und verallgemeinert" worden sei. "Darüber ist gemäß den gesetzlichen Bestimmungen Verschwiegenheit zu wahren", erläuterte er, auch müsse er sich als Stadtrat darauf verlassen können, dass der Oberbürgermeister als Sitzungsleiter diese Bestimmungen kenne und einhalte. "Es kann nicht angehen, Äußerungen aus nichtöffentlicher Sitzung zu verwenden, um mich öffentlich zu diskreditieren, hier ist der Rubikon überschritten." Denn es gehe hier nicht mehr um guten Geschmack oder Fairplay, sondern, so Veits, um Rechtsbruch und um Nichteinhaltung von Dienstpflichten und gesetzlichen Vorschriften.
Elkemann verstoße in "vielerlei Hinsicht" gegen das, was man unter einer neutralen und souveränen Amtsführung verstehe. Das sei zu bedauern, aber dagegen lasse sich im konkreten Fall etwas unternehmen, eben eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Diese bezeichnete Veits als einen "ersten Schritt" in dieser Angelegenheit. Der Grünen-Fraktionschef hielt dem Oberbürgermeister vor, man vermisse bei seiner Amtsführung sowohl Haushaltsdisziplin als auch Lösungsansätze und Zukunftsvisionen, aber auch die Führung im Rathaus selbst. Elkemann sei der parteiischste Oberbürgermeister, den er über all die Jahre erlebt habe.
Veits bemängelte in diesem Zusammenhang die "fehlende Neutralität" bei Elkemann. Es spreche Bände über dessen Rolle, wenn er gar die Grünen-Fraktion dazu aufgefordert habe, den angeblich "konfrontativen Weg" von Veits nicht weiter mitzugehen. Er habe seine Fraktion gebeten, den Vorsitz neu zu wählen. "Ich bin dabei ohne Gegenstimme in meinem Amt bestätigt worden", sagte er.
"Dagegen sind Sie der zuverlässige Partner, wenn es gegen uns und unsere Anträge geht", betonte Veits und nannte dazu einige Beispiele, bei denen der OB so gehandelt habe: "Alles, was dem Radverkehr in dieser Stadt nützt, müssen wir gegen Sie durchsetzen oder es scheitert an Ihnen", erklärte der Grünen-Fraktionsvorsitzende.
Dirk Elkemann selbst gab am Donnerstag auf Anfrage der RNZ zu den Vorwürfen keine Stellungnahme ab.
Update: Freitag, 15. Mai 2020, 6 Uhr
Auch SPD und FDP äußern sich zu Veits nach seinen Elkemann-Vorwürfen
Wiesloch. (RNZ) Die Debatte um die jüngste Gemeinderatssitzung, die persönliche Erklärung des OB dort und die Erwiderung von Grünen-Stadtrat Gerhard Veits reißt nicht ab. Nun haben sich auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Richard Ziehensack und FDP-Stadtrat Prof. Thorsten Krings zu Wort gemeldet.
Richard Ziehensack zufolge kann die Stellungnahme von Dr. Veits "nicht unkommentiert bleiben". Anders als von dem Grünen-Stadtrat behauptet, habe es weder Absprachen der anderen Fraktionen gegeben noch hätten diese "eine Anschuldigung nach der anderen" gegen dessen Person formuliert. Vielmehr sei über einen Tagesordnungspunkt beraten worden (den Grünen-Antrag zum Neujahrsempfang der Stadt), zu dem sich üblicherweise jede Fraktion äußern könne. Alle diese Stellungnahmen seien "sachlich formuliert" gewesen und hätten "keinerlei persönliche Angriffe oder Anschuldigungen" gegen Dr. Veits enthalten. Allerdings haben die Redebeiträge dem SPD-Fraktionsvorsitzenden zufolge auch gezeigt, "dass es wichtig und notwendig war, auch über das Thema ’Umgangston im Rat’ zu reden". Denn in der Vergangenheit hätten Redebeiträge "nicht immer die Grundsätze von Respekt, Anstand und Wertschätzung" berücksichtigt, so Ziehensack.
"Nur mit Unverständnis" kann FDP-Stadtrat Prof. Thorsten Krings auf die aktuelle Diskussion um die Stellungnahme von OB Elkemann und die "Androhung einer Dienstaufsichtsbeschwerde" gegen ihn durch Grünen-Stadtrat Dr. Gerhard Veits reagieren. Er selbst erlebe das Klima im Gemeinderat "als sehr unangenehm", weil immer wieder "Sache und Person vermischt" würden, schreibt der FDP-Stadtrat. Wie die anderen Fraktionen habe auch er als fraktionsloser Stadtrat die Gelegenheit genutzt, um seine Betroffenheit angesichts des Umgangs zu artikulieren. "Dazu wurden wir nicht vom OB angestachelt, sondern uns allen bereitet die Situation Unbehagen und wir alle wünschen uns einen wertschätzenderen Umgang miteinander", so Krings.
Update: Donnerstag, 5. März 2020, 18.45 Uhr
Wiesloch. (RNZ) Die "persönliche Stellungnahme" des Grünen-Fraktionsvorsitzenden im Wieslocher Gemeinderat (siehe unten) hat die Fraktion der Freien Wähler nun ebenfalls zu einer eigenen Stellungnahme veranlasst. "Mit Erstaunen" habe man "die pauschalen Vorwürfe unseres Stadtratskollegen Dr. Veits, Bündnis 90/Die Grünen, gegen die Freien Wähler und die anderen Fraktionen im Rat registriert", heißt es in der Erklärung des Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzenden Fritz Zeier. Dies bezieht sich auf Veits’ Äußerung, die anderen Ratsfraktionen hätten "offensichtlich abgesprochen, eine Anschuldigung nach der anderen", gegen seine Person abgesetzt.
Zwar habe OB Elkemann in der Ratssitzung mit einer persönlichen Stellungnahme auf öffentliche Vorwürfe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen seine Person reagiert, so Zeier weiter. Aber dies aus Sicht der Freien Wähler "mit vollem Recht". Seiner Fraktion sei es in deren Redebeitrag zu diesem Thema "insbesondere um die Art und Weise der Kommunikation im Rat untereinander" gegangen, so Zeier weiter. Der Tenor seiner Rede sei gewesen: "Persönliche Angriffe haben im Rat nichts zu suchen", betont Zeier.
Update: Mittwoch, 4. März 2020, 18 Uhr
Wiesloch. (RNZ) Die Vorwürfe gegen seine Person in der jüngsten Gemeinderatssitzung hat der Stadtrat und Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Gerhard Veits, zum Anlass für eine eigene "persönliche Stellungnahme" genommen, mit der er auf die Stellungnahme von Wieslochs OB Dirk Elkemann in der Gemeinderatssitzung reagiert. Veits kündigt in seiner Erklärung an, er werde zunächst seine Fraktion bitten, ihn "im Amt des Fraktionsvorsitzenden zu bestätigen". Parallel dazu lasse er prüfen, ob er "zum jetzigen Zeitpunkt eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Herrn Elkemann einleiten" könne.
Veits wirft dem aus seiner Sicht "eigentlich zur Neutralität verpflichteten" Oberbürgermeister Parteilichkeit vor. "Wertungen meiner Person stehen einem OB nicht zu", schreibt Veits in seiner Erklärung. Die Auseinandersetzung darüber, ob ein Neujahrsempfang vom OB "zur persönlichen Halbzeitbilanz degradiert werden" dürfe oder "wieder ein Zukunftsthema mit einem neutralen Referenten haben" solle, hätten, "in absurde Vorwürfe gegen meine Person" gegipfelt, so Veits. Dabei sei er weder auf diesem Neujahrsempfang zugegen gewesen noch habe er sich "in irgendeiner Form dazu öffentlich geäußert". Er habe auch keine Stellungnahme dazu abgegeben und noch nicht einmal den jetzigen Antrag in der Sitzung begründet. Den anderen Ratsfraktionen hält Veits vor, "offensichtlich abgesprochen eine Anschuldigung nach der anderen" gegen seine Person abgesetzt zu haben.
Update: Dienstag, 3. März 2020, 19 Uhr
Wiesloch. (hds) Nicht durchsetzen konnte sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Februarsitzung des Gemeinderats mit ihrem Antrag, den Neujahrsempfang 2021 unter das Thema "Auswirkungen des Klimawandels und die Maßnahmen der Stadt Wiesloch zum Klimaschutz" zu stellen.
Die Fraktionen von CDU, Freien Wählern, SPD und WGF/AWL sowie die FDP hatten sich dagegen ausgesprochen. Seitens der Grünen war zudem gefordert worden, als Hauptreferent eine neutrale Person aus der Wissenschaft einzuladen, um über das Thema zu berichten.
Auch sollten junge Menschen, die sich im Rahmen von "Fridays for Future" in Wiesloch engagieren, in die Vorbereitung und Durchführung des Neujahrsempfangs mit einbezogen werden. Zudem sollten Personen, Verbände und Organisationen eingeladen werden, die sich für den Klimaschutz in der Weinstadt einsetzen.
Der Antrag hatte indes eine Vorgeschichte. Bereits in der Januarsitzung des Gremiums hatten die Grünen Oberbürgermeister Dirk Elkemann vorgeworfen, den diesjährigen Neujahrsempfang zu einem "Frontalangriff" gegen ihre Fraktion genutzt zu haben. Der Rathauschef habe gegen die mit großer Mehrheit im Gemeinderat beschlossenen Klimaschutzaktivitäten agitiert. Konkret ging es dabei um den Beschluss des Gemeinderats, für das Baugebiet "Quartier am Bach" eine "Plus-Energie-Lösung" umzusetzen. Elkemann hatte sich dazu geäußert und betont, es müsse nunmehr das "Wie" geklärt werden, nämlich einen Weg zu finden, "den Klimaschutz so auszugestalten, dass die Wohnungen auch tatsächlich gebaut werden". In seiner Rede stellte der OB den Beschluss selbst nicht infrage.
Elkemann nutzte die letzte Sitzung nun zu einer persönlichen Stellungnahme. Er sei "völlig perplex" gewesen, als der "mehr oder minder offene Frontalangriff" – so der Grünen-Wortlaut – gegen die Grünen-Fraktion thematisiert worden sei. "Dies bestreite ich entschieden", so der OB. Er ging konkret auf die Sachlage ein. "Ich habe lediglich darauf verwiesen, dass es noch keine Definitionen und Richtlinien gibt, wie eine ’Plus-Energie-Siedlung’ zu gestalten ist und die Grünen-Fraktion mit keinem Wort angegriffen." Er habe daher eigens einen Workshop mit externen Experten zu diesem Thema einberufen.
Elkemann nutzte die Gelegenheit, Grundsätzliches über das Verhalten im Gemeinderat anzufügen. Es könne nicht angehen, dass der Fraktionsvorsitzende Dr. Gerhard Veits von Bündnis 90/Die Grünen in der Januar-Sitzung sich dahingehend geäußert habe, "der Verwaltung nicht zu trauen". Dies treffe die vielen engagieren Menschen im Rathaus, die sich tagtäglich für das Wohl der Stadt einsetzten. Direkt an die Adresse von Veits gerichtet sagte er, "seit meinem Amtsantritt bauen Sie eine politische Gegnerschaft zu mir auf, in der ich mich inhaltlich überhaupt nicht sehe". Hinzu kämen teils "unsachliche und verletzende Kommentare" zu unterschiedlichen Mitgliedern des Gremiums. "Nach vier Jahren muss ich mit einiger Resignation feststellen, dass Sie (Veits) den Konflikt suchen und bei manchen Themen – trotz ihrer unbestrittenen fachlichen Kompetenz und hoher Intelligenz – sachlichen Kompromissen einfach nicht zugänglich sind."
Elkemann appellierte an die übrigen Mitglieder der Grünen-Fraktion: "Überlegen Sie, ob Sie diesen konfrontativen Stil auf Dauer mittragen und mitverantworten wollen." Denn gerade beim Klimaschutz habe man doch ein gemeinsames Ziel, trotz teilweise unterschiedlicher Auffassungen, wie dies am besten zu erreichen sei. "Wichtig wird es sein, das uns nur begrenzt zur Verfügung stehende Geld möglichst effektiv im Sinn des Klimaschutzes einzusetzen."
Die übrigen Fraktionen stellten sich klar hinter den OB. Richard Ziehensack (SPD) sprach in der Stellungnahme seiner Fraktion von einem "Zungenschlag und einer Schärfe, die diesem Gremium nicht gerecht werden". Anstand und Wertschätzung müssten im Vordergrund stehen und eine "angemessene Kultur gilt es zu pflegen". Und dies gelte für alle Ebenen. Dem Antrag von Bündnis90/Die Grünen erteilte er eine klare Absage. "Die Gestaltung des Neujahrsempfangs ist nicht beim Gemeinderat angesiedelt", sagte er, das jetzt praktizierte Format mit dem Stehempfang habe sich bestens bewährt.
Ähnlich äußerte sich Werner Philipp (CDU) und fügte hinzu, es sei "anmaßend und oberlehrerhaft", einen solchen Antrag zu stellen. Dem schloss sich Dr. Fritz Zeier (Freie Wähler) an. "Persönliche Angriffe haben im Rat nichts zu suchen." Stefan Seewöster (WGF/AWL) meinte, was denn der Antrag überhaupt solle. "Da wird aus einer Mücke ein Elefant gemacht", und Prof. Thorsten Krings (FDP) forderte einen respektvollen Umgang miteinander ein. "Der Trend ist jedoch negativ", meinte er. "Wir als Kommunalpolitiker sollten als gutes Vorbild vorangehen."
Katharina Ebbecke (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete die Stellungnahme von OB Elkemann in einer kurzen Reaktion als einen weiteren "Frontalangriff auf unsere Fraktion und unseren Vorsitzenden".
Stand: Montag, 2. März 2020, 13.30 Uhr