In preußischem Blau zeigt sich dieser Postbriefkasten. Foto: Christiane Barth
Sinsheim-Steinsfurt. (cba) Wer kann sich wohl noch an das alte Postgebäude erinnern, das bis 1970 dort stand, wo heute ein Sanitätshaus ist, direkt hinter dem – ja – dem Postgarten natürlich, also der heutigen "alla Hopp!"-Anlage? Dort wurden einst die Kutschen ausgespannt, die Truhen abgeladen und stiegen die Reisenden aus. Großer Bahnhof, damals.
Oder wer kennt etwa noch Bilder vom Kaiserlichen Postamt, das am 30. September 1888 bezogen wurde, dort, wo heute in der Bahnhofstraße das Pressehaus der RNZ steht? Wer vermag sich diese Zeit noch vorzustellen, als Post und Bahn eins waren?
Ja, der Besuch der Ausstellung im oberen Stock des Friedrich der Große-Museums "Lerchennest" in Steinsfurt ist eine Reise in die Vergangenheit. Eine Vergangenheit aber, an die sich viele etwas ältere Bürger noch erinnern können. So wie etwa Manfred Götzinger, einer der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins der "Freunde des Lerchennests", der den Besuch der Ausstellung "Sinsheimer Postgeschichte(n)" mit vielen Geschichten, die die Geschichte wirklich lebendig machen, bereichert.
1701 gab es eine erste Posthalterei in Sinsheim. Seither hat sich die Art der Kommunikation und der Beförderung von Nachrichten, Briefen und Paketen mit den Epochen rasant weiterentwickelt. Einige Stationen davon streift diese Ausstellung, die auch ein Zeugnis der Liebhaberei zu einer Branche und zu einem Berufsbild ist, das mit charmanten Klischees unterlegt ist.
Die Gemeinschaftsausstellung der "Freunde des Lerchennestes", des Briefmarken- und Münzsammelvereins Sinsheim und des Kreisarchivs Rhein-Neckar-Kreis gibt einen Überblick über die Postgeschichte Sinsheims und seiner Stadtteile von den Anfängen bis zur Gegenwart.
Die Ausstellung zeigt öffentliche und private Leihgaben, nämlich des Stadtarchivs, des Museums Neckarelz sowie des "Lerchennests" selbst, außerdem Exponate des verstorbenen Sinsheimer Sammlers Peter Skarplik, der auch Gründungsmitglied des Briefmarkensammlervereins Sinsheims war. Ein altes Posthorn, ein urtümlicher Stempel, bei dem noch der Hebel zum Einsatz kam, eine blaue Mütze, ein 60 Jahre alter Briefmarkenautomat, alte Wappen und viele alte Schilder zum Thema. Die Geschichte der Post als Aspekt der Kommunikationsgeschichte wird hier anschaulich dargestellt.
Und wer vermag noch zu unterscheiden, zwischen der Badisch-Großherzoglichen Post, der Württembergisch-Königlichen, der Badisch-, der Sächsisch-, oder der Preußisch-Königlichen Post? Nach der Reichsgründung 1871 gingen diese Splitter des damaligen Postwesens in die Reichspost über: Manfred Götzinger und Hans-Ingo Appenzeller, Gründer und Vorsitzender des Vereins, führen durch die Ausstellung, gerne auch nach Vereinbarung. Sie sorgen dafür, dass auch jüngere Besucher mit Bildern von dem Gasthaus "Zur Eisenbahn" Steinsfurt anno 1900, der einstigen "Posthalterei" und damalige Station der Postkutsche, oder vom Gasthaus "Adler Post" in Sinsheim aus dem Jahr 1910, der Thurn und Taxischen Posthalterei, etwas anfangen können.
Schönes mit hohem Nostalgiewert gibt es auch zu sehen: Etwa den Postbriefkasten in reinstem Blau, wie er tatsächlich in Sinsheim einmal hing. Die Chronologie der Post in Sinsheim wird in den engen Nischen des Museums dargestellt und erklärt.
Info: Die Ausstellung wurde verlängert, da das Museum wegen der Corona-Krise lange geschlossen war. Sie ist zu besichtigen bis 25. Oktober an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 16.30 Uhr, oder eben nach Vereinbarung.