Weil die Oma pflegt, muss sie bezahlen
Veronika Buchholz kümmert sich um ihre Enkelin mit Behinderung und versucht seit Jahren, sich vom Rundfunkbeitrag befreien zu lassen
Von Christian Beck
Sinsheim-Weiler. Den Rundfunkbeitrag zahlen wohl die wenigsten besonders gerne. Und manche müssen es auch nicht: Menschen, die Sozialleistungen wie zum Beispiel Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter erhalten, können eine Befreiung beantragen. Auch Claudia muss nichts bezahlen. Denn die junge Frau, die jeden, den sie sympathisch findet, sofort innig umarmt, hat das Down-Syndrom und erhält Grundsicherung. Sie lebt ihr ganzes Leben schon bei Veronika Buchholz, sagt "Mama" zu ihr. Doch die 71-Jährige ist nicht ihre Mutter, sondern ihre Oma. Und genau deshalb muss diese offenbar auch den Rundfunkbeitrag zahlen.
Rechtsanwalt Klaus-Dieter Haas kann seine Frustration nicht gänzlich verbergen: "Recht haben und Recht kriegen sind zwei Paar Schuhe", sagt er. Der Anwalt aus Neckargemünd vertritt Veronika Buchholz: Seit rund drei Jahren geht der Schriftverkehr zwischen ihm und dem Beitragsservice hin und her. Denn Buchholz will ihrer Enkelin, die eine Vollzeitbetreuung braucht, ein schönes Leben ermöglichen. Doch das Geld ist knapp. Sie bekommt Rente und als formal eingesetzte Betreuerin eine überschaubare Betreuungsvergütung. Die 17,50 Euro Rundfunkbeitrag im Monat würde sie gerne für ihre Enkelin ausgeben. Doch daraus wird wohl nichts.
Denn Claudia ist 23, also volljährig. Und für die Grundsicherung, die sie erhält, wird das Einkommen ihrer Oma nicht berücksichtigt. Denn die beiden bilden rechtlich gesehen keine Bedarfsgemeinschaft. Diese läge beispielsweise vor, wenn sie nicht die Oma, sondern die Mutter wäre. Im jüngsten Schreiben des Beitragsservice, das der RNZ vorliegt, wird mit eben jener Begründung der Antrag auf Befreiung abgelehnt. "Das erscheint nicht gerecht. Aber hier wird ein Unterschied gemacht", sagt Anwalt Haas dazu.
Auf RNZ-Nachfrage erklärte Christian Greuel, beim Rundfunkbeitrag in der Kommunikation tätig, dass bei Anträgen auf Befreiung vom Rundfunkbeitrag die rechtlichen Regelungen maßgeblich seien. Erneut verweist er darauf, dass die Einkommen beider Frauen getrennt voneinander betrachtet werden. "Im Sinne der Gleichbehandlung aller Beitragszahler/-innen kann der Beitragsservice im Fall von Frau Buchholz daher leider keine Ausnahme machen", heißt es abschließend in dem Schreiben.
Auch Anwalt Haas erklärt, alles versucht zu haben. Er habe eine Härtefallregelung vorgeschlagen, doch die Gegenseite habe sich nicht darauf eingelassen. Wie es nun weitergeht? "Ich fürchte, hier ist das Ende der Fahnenstange erreicht", erklärt Haas.