Günter Brandt (r.) kommt seit der Eröffnung täglich ins Freibad, auch, um dort seine Clique zu treffen. Dann sitzt der 70-Jährige mit seinen Kumpels auf den Stühlen nahe am Becken, genießt die Sonne und hört dabei Musik aus einem Bluetooth-Lautsprecher. Fotos: Anjoulih Pawelka
Von Anjoulih Pawelka
Reichartshausen. Hochbetrieb im Freibad. Das heiße Wetter der vergangenen Tage hat dazu geführt, dass das Schwimmbad schon die ganze Woche ab der Mittagszeit ausgebucht ist. Ein Härtetest, der zeigt, ob das Hygienekonzept aufgrund der Corona-Pandemie dem Ansturm standhält.
Die schwüle Wärme treibt so manchen Besucher ins kühle Nass. Trotzdem gibt es selbst auf dem Parkplatz direkt vor dem Gelände um 15 Uhr noch einige wenige freie Plätze. Am Eingang ist von dem Ansturm der 500 Gäste, die das Bad zwischen 13 und 18 Uhr besuchen dürfen und sich dafür online angemeldet haben, ebenfalls wenig zu sehen. Keine Schlange weit und breit. Lediglich ein Paar mit seinem Kind hält das Handy, auf dem der QR-Code für die Anmeldung gespeichert ist, an den Scanner. Bezahlt wird dann in bar.
Im Freibad selbst ist es ebenfalls nicht überfüllt. Die Personen verteilen sich recht gut auf dem Gelände. Das liegt sicherlich auch daran, dass noch rund 200 Gäste, die sich angemeldet haben, fehlen. Vor allem Familien und ein paar Senioren sind zu sehen. An einem Tisch sitzen zwei Männer. Sie Beide haben ihre Beine übereinander geschlagen und die Arme im Nacken verschränkt. So schauen sie sich das Treiben im Schwimmbecken an. Dort herrscht (Schwimm)Betrieb mit Abstand. 100 Leute dürfen zur selben Zeit das Becken nutzen. Schwimmmeister Ralf Jung kontrolliert das. Er sei permanent damit beschäftigt, die Menschen im Becken zu zählen, sagt er. Durch nur einen Ein- und Ausgang funktioniere es aber gut, den Überblick nicht zu verlieren. Zusätzliche Arbeit ist es für den Schwimmmeister aus Leidenschaft trotzdem.
Die vielen Schuhe zeigen, dass sich im Schwimmbecken einige Gäste tummeln. Morgens wird es im Becken durchaus enger, da sich die Besucher weniger auf der Wiese aufhalten. Foto: Anjoulih PawelkaJung sitzt gerade auf seinem Schwimmmeister-Podest, von dem er einen guten Blick über das Becken hat. Rechts vor ihm steht ein Ventilator der wenigstens für ein bisschen Wind sorgt an diesem heißen Tag. Derweil dreht sich Jung auf seinem Stuhl in regelmäßigen Abständen von links nach rechts und wieder zurück. So kann er auch gut beobachten, ob sich trotz Absperrung jemand auf die Rutsche oder die Sprungtürme wagt. Dass diese derzeit geschlossen sind, stört hier wohl niemanden. Dann wird eben vom Beckenrand gesprungen. Der Schwimmmeister erzählt, dass er immer wieder die Gäste daran erinnern müsse, den Abstand zu wahren. Teilweise muss er sich dann auch noch belehren lassen, dass das mit Corona alles Quatsch sei. "Mansche nehmen es ernst, manche nicht", sagt er.
Auch die Gäste am Nachbartisch finden es schade, dass Jung immer wieder per Durchsage an die Abstandsregeln erinnern muss. Sie seien froh, dass das Freibad geöffnet habe, erzählt eine der Frauen. Noch schöner wäre es allerdings, wenn sich manche noch besser an die Regeln halten würden. Ihre Freundin erklärt, dass viele Menschen an dem Ein- und Ausgang des Beckens stehen würden, obwohl das eigentlich verboten sei. Auch über die abgesperrten Flächen laufen die Gäste teilweise, genauso wie sie auf Stühlen sitzen, auf denen in großen Buchstaben steht, dass man sich hier nicht hinsetzen dürfe.
Zwischen 12 und 13 Uhr, wenn das Bad geschlossen ist und die Morgenschwimmmer ihre Bahnen gezogen haben, desinfizieren die Schwimmmeister alle Flächen, auf denen Menschen saßen. Insgesamt drei Mal täglich geschieht das – zusätzlich zum normalen Tagesgeschäft. Mittlerweile sind schon einige Mütter mit ihren Kindern Richtung Toilette verschwunden. Das Schild, dass dort Maskenpflicht herrscht, hat keine der Frauen dazu bewegt, ihre aufzusetzen. Kontrollieren kann Jung das nicht wirklich, denn er ist alleine. Wer soll sich in dieser Zeit um das Becken kümmern?
Die Regeln seien "den Umständen entsprechend angebracht", sagt Günter Brandt. Der 70-Jährige Reichartshausener kommt seit der Eröffnung täglich ins Bad und trifft dort seine Clique. Etwas Gutes habe die derzeitige Situation allerdings: Man könne besser schwimmen als in den vergangenen Jahren. Anita Schmitt aus Schönbrunn sieht das ähnlich. So schlimm das mit Corona auch sei, habe die ganze Sache doch den Vorteil, dass weniger Leute ins Freibad dürften. So könne sie mit ihren Enkelinnen auch auf der Wiese gut Abstand halten.