Ein immer häufigeres Bild: Junge Bäume werden mangels Regen bewässert. Foto: Alex
Sandhausen. (lesa) Die Rechnung ist simpel: Bekommt ein Baum kein Wasser, geht er ein. Angesichts der zunehmend heißen und trockenen Sommer hat sich daraus eine Leitlinie für die Arbeit im Forst entwickelt. "Wo man nichts tut, stirbt alles", bringt es der Sandhäuser Revierförster Robert Lang auf den Punkt.
"Etwas tun" bedeutet in diesem Fall konkret, dass die Bäume im Wald wie das heimische Blumenbeet gegossen werden. Und zwar durchaus wie im Hausgebrauch mit der Gießkanne. "Es kommen aber auch große Fahrzeuge mit Wassertanks und Schläuchen zum Einsatz", lacht Lang. Doch bei Weitem nicht alle Bäume im Wald erhalten die künstliche Bewässerung. "Wir machen das, solange wir mit dem Regner über die Pflanzen drüber kommen", erklärt der Förster. Spätestens sobald die Bäume ein Alter von fünf bis sechs Jahren und damit eine entsprechende Höhe erreicht hätten, sei eine Beregnung logistisch und finanziell nicht mehr leistbar.
Während einer Bewässerungsaktion erhält eine Pflanze laut Robert Lang etwa zehn Liter Wasser. "Pro Pflanze verursacht das Kosten von circa 30 Cent", erklärt er weiter. Auf eine drei Hektar große Schonung – so nennt man das eingezäunte Gelände mit jungen Bäumen in einem Wald – gerechnet ist also eine Summe von 6300 Euro fällig. Denn auf einem Hektar Wald stehen im Schnitt 7000 Pflanzen. Entsprechend ist die Bewässerung vor allem eines: eine Starthilfe für die jungen Bäume. "Ohne Regen halten sie keine zwei Wochen durch", betont Lang. "Wenn wir das Geld für die Bewässerung nicht ausgeben, können wir den Laden, also den Wald, dichtmachen."
Um dergleichen zu verhindern, gilt es für die Förster, den richtigen Moment abzupassen: "Wenn das Wasser nicht mehr ausreicht, um die Blätter stabil zu halten, braucht der Baum schnellstmöglich Hilfe", erklärt Lang. Denn wenn die Pflanze den sogenannten Welkepunkt überschritten hat und die Blätter beginnen braun zu werden – also zu welken – ist es Lang zufolge zu spät. Deswegen gehen die Förster ihr Waldgebiet regelmäßig ab und reagieren bei Bedarf kurzfristig.
"Wir empfehlen den Waldbesitzern dann, an entsprechender Stelle eine Bewässerung durchzuführen." Diese beauftragen dann wahlweise ein Bewässerungsunternehmen oder organisieren das groß angelegte Gießen anderweitig. Auch die Kosten trägt der Waldbesitzer – im Sandhäuser Fall also die Gemeinde. "Politisch ist das momentan sehr gefördert", berichtet der Förster über die Resonanz. "Die Gemeinderäte und Bürgermeister wollen ihre Wälder nach vorne bringen."
Das gilt nicht nur für Sandhausen. Die Auswirkungen der Trockenheit bekommen laut Lang Waldflächen in der gesamten nördlichen Rheinebene zu spüren, die künstliche Bewässerung etabliere sich immer mehr. Und das nicht nur per Wassertank und Beregnungs-Fahrzeug: "In St. Leon wurde sogar ein spezielles Rohrleitungssystem verlegt, mit dem die Bäume bewässert werden", berichtet der Fachmann.
Doch unabhängig davon, ob die Bewässerung mit Gießkanne oder professioneller Ausrüstung erfolgt, ist die Frage aller Fragen die gleiche: Rettet die künstliche Bewässerung die Bäume und damit den Wald? Eine klare Antwort kann auch Lang nicht geben: "Momentan sieht es gut aus. Aber ob die Bäume, nachdem sie gut angewachsen sind, auch ohne Hilfe überleben, weiß man noch nicht." Nach den Erfahrungen der jüngsten Sommer ist er aber sicher: "Es ist unsere einzige Chance."