Die Schulen sind geschlossen, die Klassenzimmer wie hier in Leimens Geschwister Scholl-Schule leer – aber Schüler und Lehrer haben (noch) keine Ferien. Der Unterricht erfolgt digital. Foto: Alex
Region Heidelberg. (aham/bmi/cm/lew/ luw) Noch mindestens bis zum Ende der Osterferien bleiben die Schulen in Baden-Württemberg wegen der möglichen Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus geschlossen. Die vom Land verordnete Ausnahmeregelung gilt seit dem 17. März. Nach derzeitigem Stand würden die Schulen ab dem 20. April wieder ihren regulären Betrieb aufnehmen. Die RNZ hat sich bei Schulen in der Region rund um Heidelberg umgehört, wie den Schülern in dieser Zeit der Lernstoff vermittelt wird.
> An der Geschwister-Scholl Schule im Leimener Stadtteil St. Ilgen läuft der Notunterricht "in ganz großen Teilen sehr gut". Konstanze Stöckermann-Borst, die Leiterin der Gemeinschaftsschule, berichtet auf RNZ-Nachfrage, dass es nur wenige Fälle gebe, in denen sich der Kontakt per Telefon oder E-Mail schwierig gestalte. Ansonsten gebe es eine "ganze Palette unterschiedlicher Ansätze", mit denen die Lehrer ihren Schülern den Unterrichtsstoff zukommen lassen. Angefangen von Arbeitsblättern, über Telefonsprechstunden bis hin zu kostenlosen Zugängen zu digitalen Lernplattformen. Feste Unterrichtszeiten gebe es derzeit natürlich keine.
"Wir motivieren die Kinder zu lernen und bekommen viele gute Rückmeldungen", meint Stöckermann-Borst. Einzelne Schüler lägen bei ihrem Arbeitspensum sogar über dem Soll; hier gebe es digitale Aufgaben oder Lesetagebücher, die man bei Bedarf nachreichen könne. Abgesehen von den Lehrern in der Notbetreuung würden übrigens alle Lehrkräfte im "Homeoffice" arbeiten.
> Am Gymnasium in Bammental strebt Schulleiter Benedikt Mancini einen gesunden Mittelweg an: Einerseits möchte man die Schüler mit möglichst viel Lernmaterial versorgen. "Andererseits wissen wir, dass es angesichts der schwierigen Betreuungssituation in vielen Familien kaum eins zu eins umzusetzen ist", betont Mancini. Der Unterricht wird in Bammental komplett über die Plattform Webuntis abgewickelt. Vor längerer Zeit eigentlich als System für Stundenplan und Vertretungen eingerichtet, können dort Lehrer etwa auch Materialien und Aufgaben digital an die Schüler verteilen und wieder einsammeln.
Gruppenchats und direkte Nachrichten sind ebenfalls möglich. "Das hat sich nach anfänglichen technischen Problemen mittlerweile richtig gut eingespielt", sagt der Schulleiter. Kernfächer wie Deutsch, Mathe, Fremdsprachen und Naturwissenschaften haben gerade Vorrang. Dabei werden leicht verständliche Inhalte vermittelt oder schon Bekanntes vertieft. "Man kann jetzt ja keine komplizierten Formeln in Physik oder schwierigen Stoff in Chemie einzuführen", erklärt Mancini.
> Am Friedrich-Ebert-Gymnasium in Sandhausen hat man laut Schulleiter Peter Schnitzler schnell reagiert: "Wir haben gleich nach der Bekanntgabe der Schließung aller Schulen Moodle-Räume für alle Klassen und Kurse eingerichtet." "Moodle" ist eine Online-Lernplattform, über die Schüler und Lehrer wie in einem Raum für Chatnachrichten kommunizieren können.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Unterrichtsmaterial wie Texte, Grafiken, Aufgaben und Videos auf dieser Plattform für alle zur Verfügung zu stellen. "Wir waren quasi vom ersten Tag an vorbereitet", so Schnitzler. Den letzten Schultag vergangene Woche habe man genutzt, um alle Schüler mit den nötigen Zugangsdaten für die Plattform auszustatten. Der Unterricht laufe derweil je nach Klassenstufe und Schulfach unterschiedlich ab, erklärt der Schulleiter. "Dabei betreiben die Abiturienten das Ganze sicher auch mit einer anderen Ernsthaftigkeit als Fünftklässler."
Wichtig sei für Schnitzler und seine Kollegen, dass dabei auch Eigenverantwortung und Kreativität gefördert würden. So finde der Unterricht nicht in Echtzeit statt, sondern eher individuell. Insgesamt berichtet Schnitzler von positiven Rückmeldungen auch seitens der Schüler. "Das wird rege genutzt, es gibt auch Quizfragen und viele haben Spaß daran."
> Am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Eppelheim läuft derzeit alles über E-Mail. Und zwar über die Mailadresse der Eltern. "So ist eine Kontrolle gegeben und die Eltern wissen, was ankommt", erklärt Schulleiter Thomas Becker. Denn nur weil die Schule derzeit geschlossen ist, bedeutet es nicht, dass Schüler und Lehrer Ferien haben.
Vielmehr seien beide Seiten derzeit gefordert. "Die Schüler bekommen für jedes Fach Aufgaben geschickt", erklärt Becker. Diese sind für eine Woche gedacht; wann sie erledigt werden, können die Jugendlichen selbst bestimmen. Entscheidend ist, dass sie die Arbeitsblätter – in der Regel von ihren Lehrern erstellte PDF-Dokumente – ausgefüllt zurückschicken. Sollten sie dies nicht tun, bekommen die Eltern eine E-Mail. Die ausgefüllten Arbeitsblätter werden von den Lehrern korrigiert. "Es gibt aber keine Benotung", sagt Becker.
Denn es könne einfach nicht sichergestellt werden, dass auch wirklich der Schüler die Aufgaben gemacht hat – und nicht etwa der Vater oder die große Schwester. Zudem würde sich ein Lehrer-Team mit dem Thema "Video-Konferenzen" beschäftigen. Aber: "Wir sehen Datenschutz-Probleme", erklärt der Schulleiter. Denn in den Videos sei der private Raum der Schüler sichtbar, auch seien Mitschnitte möglich.
> Am Max-Born-Gymnasium in Neckargemünd zahlt sich nun aus, dass die Schule seit mehreren Jahren einen digitalen Weg geht. Die schuleigene App ist längst zum Begleiter der Schüler geworden und auch mit der Cloud des Gymnasiums kennen sich alle aus. "Über diese Kanäle wird derzeit alles organisiert", erzählt Schulleiter Joachim Philipp. "Das ist schon eingespielt." In der Cloud – also einem virtuellen Dateiverzeichnis – habe jede Klasse einen Ordner.
Die Lehrer der einzelnen Fächer stellen Aufgaben als Dateien bereit, Schüler bearbeiten diese zu Hause am Computer und senden sie an den Lehrer zur Korrektur zurück. "Wir halten den Stundenplan aufrecht, um den Schülern eine Struktur für die Tage zu geben", erklärt Philipp. So stünden die Lehrer zu den Zeiten für Fragen bereit, zu denen sie auch die jeweilige Klasse unterrichten würden. Tatsächlich müssten die Schüler jedoch nicht in dieser Zeit die Aufgaben erledigen. Wichtig sei lediglich, dass diese zu einem vom Lehrer vorgegebenen Zeitpunkt bearbeitet sind. Der Fokus liege zunächst auf den Hauptfächern.
"Jeder Kollege regelt den Unterricht selbst", erklärt der Direktor. "Manche bieten auch Unterricht als Videokonferenz an, um den persönlichen Kontakt zu halten." Das System laufe sehr stabil, berichtet Philipp. Die Arbeitsweise gilt übrigens auch für den einzigen Gymnasiasten, der derzeit im ganzen Schulzentrum notbetreut wird. Der Fünftklässler erhält Zugang zu einem Computer und arbeitet dort Aufgaben ab. "Er fühlt sich wohl", sagt Philipp.