Von Willi Berg
Schönau/Heidelberg. Ein 44-Jähriger soll laut Staatsanwaltschaft eine Kollegin vergewaltigt haben. Jetzt muss sich der verheiratete Deutsche deshalb vor dem Heidelberger Landgericht verantworten.
Die Tat soll sich Januar 2017 in einer Einrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Schönau abgespielt haben. Dort hatte eine Mitarbeiterin einmal wöchentlich einen Back- und Kochkurs angeboten. Der Angeklagte, ein angehender Arbeitserzieher, habe ihr dabei geholfen. Danach übernachteten beide in der Einrichtung.
Nachts soll er sich in das Zimmer geschlichen haben, in dem die Erzieherin schlief. Als er sie küsste und ihre Hose öffnete, sei sie erwacht, so die Anklage. Dann habe er sich auf sie gelegt und gesagt, sie solle ihn "reinlassen". Vergeblich habe die Erzieherin versucht, ihn wegzudrücken. Dann soll der Mann sich an ihr vergangen haben.
Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe vehement. "Ich sitze zu Unrecht hier", beteuerte er beim Prozessauftakt. Er habe ihr Zimmer nachts "sicher nicht betreten". Verteidiger Claus Plücken glaubt, sein Mandant könne die Tat nicht begangen haben. Und das aufgrund der Anatomie seines Körpers, wie es in einem Beweisantrag heißt.
Der Angeklagte kann die Vorwürfe nicht verstehen. Gegenüber dem Ermittlungsrichter sprach er von einem Komplott. Er habe sich früher gut mit seiner Kollegin verstanden. Das Verhältnis sei "super" gewesen, erklärte er. Bis zu dem Tag als er ihr sagte, sie sei "zu freizügig gekleidet". Er habe ihren tiefen Ausschnitt als "unpassend" empfunden. Der Grund: "Die Jungs haben sich die Augen rausgeschaut." Von da an habe sich das Verhalten der Frau ihm gegenüber "auf einen Schlag" verändert, berichtete er nun vor Gericht.
Er selber habe den Jugendlichen aus Afghanistan, Pakistan, Syrien und Afrika geholfen, im Alltag zurechtzukommen. Man habe gemeinsam gekocht und Spiele gespielt. Die Jungen und Mädchen waren ohne Eltern aus ihrer Heimat geflohen. Manche seien traumatisiert gewesen und hätten schlecht schlafen können. "Es war immer was los und nie ruhig im Haus."
Nicht erklären könne sich der Angeklagte die Gerüchte, er habe "mit der kompletten Belegschaft geschlafen", wie es der Vorsitzende Richter Jochen Herkle ausdrückte. Auf dessen Vorhalt antwortete der 44-Jährige: "Ich bin fassungslos." Vielleicht seien es Erzählungen von gelangweilten Bewohnern der Einrichtung, meinte er.
Bei der Vernehmung des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Das Gericht folgte damit dem Antrag von Rechtsanwalt Silvio Käsler, der die Frau vertritt.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten noch weitere Übergriffe vor. So soll er eine Auszubildende unsittlich angefasst und sie gefragt haben, ob sie Sex mit ihm haben wolle. Die Frau sei schockiert und angewidert gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Lars-Jörgen Geburtig. Auch das bestreitet er und gab vor Gericht sein "Ehrenwort".
Für den Prozess sind drei Verhandlungstage anberaumt. Das Urteil ist für den 29. November geplant.