Der Mercedes-Stern ist bald Geschichte, das Autohaus weicht einer Wohnbebauung.
Von Thomas Frenzel
Neckargemünd. Die Schaufenster sind schier leer, die allermeisten Autos abtransportiert. Reduzierte Öffnungszeiten weist der Aushang an der Glastür aus, die in den Verkaufs- und Serviceraum führt. Auch hier wurde schon einiges Mobiliar herausgeräumt. Wo noch vor wenigen Monaten an der B 37 in Kleingemünd geschäftiges Treiben herrschte, hält Robert Treibel mit einer nur noch kleinen Rumpfmannschaft Stellung: Ende September schließt der 59-Jährige sein Autohaus, das für viele Mercedes-Kunden aus Heidelberg und dem östlichen Rhein-Neckar-Kreis eine hochgeschätzte Anlaufstelle gewesen war.
Autohauschef Robert Treibel. Fotos: Alex
Im Gespräch ist Robert Treibel deutlich anzumerken, dass ihm die Entscheidung zum Schließen alles andere als leicht gefallen ist. Wie auch anders? 1922 hatte der Großvater mit einer Schmiede den Grundstein gelegt. Später wurde umgestiegen auf Landmaschinen, 1972 kam die Lkw-Sparte von Daimler-Benz dazu, 1992 wurde nach erheblichen Investitionen das seitherige Autohaus unter Treibels Leitung eröffnet. Diese Tradition endet.
Es ist ein Ende, das alles andere als freiwillig kam und das vor allem dem grundlegenden Umbruch auf dem Automobilmarkt geschuldet ist: Auch die Daimler AG ist dazu übergegangen, sich von ihren kleinen Partnern zu trennen. Beziehungsweise sie mit derartigen Forderungen zu konfrontieren, dass diese ein eingetragener Kaufmann wie Robert Treibel kaum noch stemmen kann.
Gerne hätte er weiter gemacht, sagt der überzeugte Mercedes-Mann, gewiss bis 65, vielleicht auch noch etwas darüber hinaus. Nur: Es hätte sich nicht mehr gerechnet. Ganz im Gegenteil. Allein um für weitere drei Jahre einen Händlervertrag zu kriegen, hätte er nach Daimler-Vorgaben in seine Werkstatt einen mittleren sechsstelligen Betrag investieren müssen. Danach wäre es dann richtig ins Geld gegangen: Der Stuttgarter Autobauer fordert von seinen Händlern ein einheitliches Erscheinungsbild, das von der Zentrale vorgegeben wird. Hinzu kommen Vorgaben für die Größen der Ausstellungsflächen und vieles andere mehr. Nur wer diese Vorgaben erfüllt, bekommt von der Zentrale gute Lieferkonditionen.
Es sind Vorgaben, die noch einmal viel Geld gekostet hätten. Robert Treibel hatte durchgerechnet und war auf eine siebenstellige Summe gekommen.
Dem Neckargemünder, der nur einen Steinwurf entfernt von seinem Autohaus wohnt, hat das alles schlaflose Nächte bereitet. Ein Jahr lang, so sagt er, hat er hin und her überlegt, wie es weitergehen soll. Überleben als freie Werkstatt? Eine weitere Automarke hinzunehmen und so das Daimler-Diktat umschiffen? Robert Treibel hat mit Kollegen gesprochen, mit Freunden, mit der Familie. Und den schmerzhaften Schlussstrich gezogen.
Dass hier auch die private Situation eine gewichtige Rolle spielte, räumt der 59-Jährige freimütig ein: Er hat keinen Nachfolger beziehungsweise keine Nachfolgerin. Die Tochter ist international unterwegs und erfolgreich in ihrem Beruf. Es fehlt mithin die langfristige Perspektive für siebenstellige Investitionen und für eine Verschuldung, die mit solchen Investitionen einher geht.
Umso erleichterter ist Robert Treibel, dass seine Mitarbeiter weitestgehend bei anderen Arbeitgebern untergekommen sind. Es waren einst gut über 20. Und auch bei seinen letzten noch verbliebenen Getreuen ist er zuversichtlich, dass sie bis zum Jahresende ein neues Unterkommen gefunden haben werden.
Denn bis zum Jahresende muss er sein bisheriges Mercedes-Leben abgewickelt haben. Dann ist Übergabe. Übernehmen wird die Immobilie ein Bauentwickler aus dem Schwäbischen. Eine schöne Wohnanlage, sagt Treibel, werde auf dem Areal des dann verschwundenen Autohauses entstehen. An den konkreten Plänen werde derzeit gearbeitet.
Und was beschäftigt Robert Treibel in dieser Umbruchsituation noch ganz besonders? "Ich möchte mich", so sagt er, "bei meinen Kunden, die mir teilweise über Jahrzehnte die Treue gehalten haben, von ganzem Herzen bedanken!"