"Rainbach 2.0" wird zum Streitthema
Geplante Neubebauung sorgte für Diskussionen im Bauausschuss – Das Verfahren beginnt nun erst

Neckargemünd. (nah) Noch bevor Bürgermeisterstellvertreter Jürgen Rehberger in Vertretung von Rathauschef Frank Volk den ersten Tagesordnungspunkt der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Bau, Umwelt und Verkehr im Ratssaal aufgerufen hatte, löste das Bauvorhaben "Rainbach 2.0" einen kurzen Disput unter den Stadträten aus. "Auf die Grünen zu schimpfen, ist unter aller ...", ereiferte sich Petra Groesser (Grüne). Bei Teilen der Bürger insbesondere im Ortsteil Rainbach hatte die mehrheitliche Zustimmung des Gemeinderats mit 14 zu zwölf Stimmen für die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beim früheren Landgasthof Rainbach Unverständnis hervorgerufen.
In der Gemeinderatssitzung Ende Februar hatten die Grünen- und die CDU-Fraktion für den Aufstellungsbeschluss votiert, Freie Wähler und SPD waren dagegen. "Wir sollten nicht so tun, als wäre damit automatisch die Zustimmung zu den Plänen des Investors erteilt", sagte Thomas Schmitz (Grüne). Ilka Schlüchtermann (Grüne) sah unbedingt die Notwendigkeit, die Bürger zu informieren und regte eine offizielle Stellungnahme der Stadt an, um über die Verfahrensabläufe aufzuklären: "Es ist nicht bei den Bürgern angekommen, was der Aufstellungsbeschluss bedeutet", meinte sie. Mit diesem beginne nur das Verfahren. Es sei noch nichts entschieden und es sei noch keiner Bebauung zugestimmt worden. Die Onigkeit-Gruppe möchte den Gebäudekomplex abreißen und ein Hotel-Restaurant sowie mehrere Mehrfamilienhäuser errichten. Dilsbergs Ortsvorsteher Karlheinz Streib (Freie Wähler) erinnerte daran, dass der Ortschaftsrat in die Pläne noch nicht einbezogen worden sei. Dies müsse unbedingt geschehen und das Verfahren müsse transparent ablaufen.
Felix Konrad (Grüne) meinte, dass die geplante Bebauung zum Streitthema werde. Er betonte, dass sich alle Fraktionen für eine Bürgerbeteiligung aussprechen und regte das Erstellen eines Modells als Grundlage für die Diskussion über das Projekt an. Der Stadtverwaltung empfahl er die Rolle als Moderator wahrzunehmen: "Es sieht für mich so aus, als bräuchte man Vermittlung." Giuseppe Fritsch (fraktionslos) berichtete von großer Empörung. "Wir haben für den Aufstellungsbeschluss gestimmt", betonte Petra Groesser, "nicht aber dem Bau der Gebäude."
Update: Donnerstag, 11. März 2021, 22.06 Uhr
"Schiffchen" am Neckar - So soll "Rainbach 2.0" aussehen
Investor stellte Planungen vor - Gemeinderat leitete Bebauungsplanverfahren ein
Von Christoph Moll
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Neckargemünd. Was wird aus dem Areal mit der traditionsreichen Gaststätte "Zum Neckartal" im Neckargemünder Ortsteil Rainbach? Diese Frage sollte in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderates beantwortet werden, die mit Spannung erwartet wurde. Im Vorfeld war lediglich bekannt geworden, dass der neue Eigentümer – die Onigkeit-Gruppe – unter dem Titel "Rainbach 2.0" einen Abriss des bestehenden Gebäudekomplexes und eine Neubebauung mit Hotel, Gastronomie und Wohnungen plant.
Der Gemeinderat fasste nach kontroverser Diskussion mit 14 zu elf Stimmen nun den Aufstellungsbeschluss zu einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Auf Antrag von Winfried Schimpf (SPD) wurde namentlich abgestimmt. Es wurde also festgehalten, wer wie abgestimmt hat: Grüne und CDU sowie die beiden fraktionslosen Stadträte und der Bürgermeister stimmten für das Vorhaben, Freie Wähler und SPD geschlossen dagegen.
Hintergrund
So diskutierte der Gemeinderat über das Vorhaben "Rainbach 2.0":
> Felix Konrad (Grüne) sprach seine Anerkennung aus: "Hier wird der Dialog gesucht und es gibt mutige Ideen." Insbesondere beim Energiekonzept bestehe aber noch "Abstimmungsbedarf".
So diskutierte der Gemeinderat über das Vorhaben "Rainbach 2.0":
> Felix Konrad (Grüne) sprach seine Anerkennung aus: "Hier wird der Dialog gesucht und es gibt mutige Ideen." Insbesondere beim Energiekonzept bestehe aber noch "Abstimmungsbedarf". Er sah ein "Minimaldenken". "In der heutigen Zeit müssen wir das Klima im Hinterkopf haben", meinte er. "Mit dieser Bauweise können wir keine Klimaneutralität schaffen." Über eine Fotovoltaiknutzung und Holz als Baumaterial solle nachgedacht werden. Einem Bebauungsplan werde man sonst nicht zustimmen. Projektentwickler Fatos Rukiqi sagte, dass man sich noch mit dem Energiekonzept beschäftigen werde.
> Jürgen Rehberger (Freie Wähler) begrüßte die geplante Nutzung. Er sah aber einen "gewaltigen Eingriff" in die Struktur des Dilsberger Ortsteils. "Wir erwarten deshalb eine Einbindung der Bevölkerung und des Ortschaftsrates", so Rehberger. "Es genügt nicht, dass die Bevölkerung im Bebauungsplanverfahren beteiligt wird." Durch eine frühzeitige Beteiligung ließen sich Einsprüche und eventuell Petitionen verhindern. "Wir sind nicht dagegen, die Öffentlichkeit einzubeziehen, können es aber nicht jedem recht machen", betonte Rukiqi.
> Max Bernauer (CDU) meinte, dass auf dem großen Grundstück keine andere Bebauung möglich sei. "Über Geschmack lässt sich streiten", sagte er und fragte: "Wollen wir einen architektonischen Höhepunkt oder einen Plattenbau?" Die geplanten Gebäude würden nicht wuchtig wirken: "Das wird ein absoluter Leckerbissen in der ganzen Region, den es am Neckar noch nicht gibt." Bisher sei die Zusammenarbeit mit dem Investor konstruktiv. Auf diesem Weg könne man weitermachen. Bernauer sah Vorteile für den Tourismus. Er forderte auch, dass die Bürger einbezogen werden – insbesondere bei der Verkehrsfrage. Rukiqi teilte dazu mit, dass die Straße am Neckarberg um 2,10 Meter verbreitert werde.
> Winfried Schimpf (SPD) erinnerte daran, dass die Stadträte bisher zum Schweigen verpflichtet waren. Denn das Vorhaben sei bisher nur nicht-öffentlich thematisiert worden. Wegen der fehlenden Transparenz könne man nicht zustimmen. Schimpf beantragte, dass erst die Bevölkerung Informationen erhält. Er sprach von "für den kleinen Ortsteil einschneidenden Planungen". Der Weiler am Fuße des Dilsbergs werde "erdrückt". Die neue Nutzung verkrafte der Weiler nicht – auch was den Verkehr angehe. Wirtschaftlichkeit dürfe nicht alleine entscheiden. Rukiqi sah keine "Wucht": "Wir werden aber einen Mittelweg finden."
> Marco La Licata (Linke) gefiel die Planung: Die "Schiffchen" würden gut zum Fluss passen. Positiv seien auch Wohnungen verschiedener Größe. Der Charakter des Ortes werde verändert. Aber die bestehenden Gebäude verfallen zu lassen sei keine Alternative. Es brauche eine Neubebauung. "Eine bessere Alternative fällt mir nicht ein", so La Licata. Das Vorhaben sei "der Stadtentwicklung dienlich" und kombiniere Wohnen sowie Gewerbe. Die Öffentlichkeit werde im Verfahren beteiligt, aber mehr Informationen seien wünschenswert.
> Hermino Katzenstein (Grüne) war wichtig, dass der Weg am Neckar weiter begehbar bleibt. Das sollte im Grundbuch festgehalten werden. Rukiqi sagte zu, dass der Weg öffentlich nutzbar bleibt.
> Karlheinz Streib (Freie Wähler) betonte, dass er als Ortsvorsteher von Dilsberg die Bürger und nicht den Investor vertrete. Auch er forderte, die Bürger aus Rainbach mit ins Boot zu nehmen. So könnten offene Fragen beantwortet werden. "Wenn die Planung auf Zustimmung stößt, bin ich der Letzte, der sich nicht damit anfreundet", so Streib.
> Giuseppe Fritsch (fraktionslos) meinte: "Da werden die Heidelberger neidisch sein." Er wies darauf hin, dass eine Schiffsanlegestelle schon genehmigt sei.
> Jens Hertel (SPD) kritisierte den bisherigen Ablauf. Die Hauptsatzung der Stadt fordere, dass für wichtige Belange der Ortschaftsrat gehört werden muss. Dieser müsse zuerst gefragt werden. "Wir tun den falschen Schritt vor dem richtigen", meinte er. Hertel glaubte zudem, dass sich nur noch Kleinigkeiten an der Planung ändern werden. Bürgermeister Frank Volk sagte, dass der Ortschaftsrat im Verfahren gehört und beteiligt werde.
Bürgermeister Frank Volk hatte eingangs erklärt, dass nun ein "normiertes und gesetzlich vorgegebenes Verfahren" in Gang gesetzt werde, das mit der Öffentlichkeitsbeteiligung beginne. Volk erklärte, dass der neue Eigentümer dem Gemeinderat bereits hinter verschlossenen Türen erste Pläne zur "Vorabinformation" vorgestellt hatte: "Es geht nun darum, ob wir diese mittragen können oder ob wir Änderungen wünschen."
Onigkeit-Projektentwickler Fatos Rukiqi betonte, dass die Planungen nach ersten Rückmeldungen der Stadträte bereits angepasst worden seien. "Wir haben das Grundstück bereits etwas sauber gemacht", beschrieb er die Fällung von Bäumen, die zu Jahresbeginn für Aufsehen gesorgt hatte. "Wir wollten damit auch zeigen, wie groß das Grundstück ist."
Rukiqi berichtete, dass aktuell zwei Wohnhäuser am Uferweg geplant sind, die aufgrund ihres Aussehens wie vier "Schiffchen" wirken sollen. Dahinter sei am Berg im bisher unbebauten Bereich ein Mehrfamilienhaus geplant. Vorgesehen seien insgesamt 21 Wohnungen mit zwei bis fünf Zimmern. Im Bereich eines derzeitigen Wohnhauses – das dortige Grundstück wurde offenbar mit erworben – soll ein fünfstöckiges Hotel mit 15 Zimmern und zwei Tagungsräumen sowie Gastronomie entstehen. "Es wird auch eine Zeit nach Corona geben, in der es wieder Tagungen und Veranstaltungen gibt", meinte Rukiqi. Derzeit gebe es in Neckargemünd keinen einzigen großen Tagungsraum. Die drei bestehenden großen Bäume auf dem Areal sollen stehen bleiben.

Das Hotel sei im Vergleich zur ersten Planung verkleinert worden und solle nun eine rote Sandsteinfassade erhalten. "Damit entsprechen wir der Region", betonte Rukiqi und meinte: "Wir glauben aus Erfahrung, dass das Vorhaben so funktioniert – und es wäre ein architektonischer Höhepunkt, der Neckargemünd und die ganze Region bereichert."
Bürgermeister Volk fasste nach der Diskussion zusammen, dass es aus dem Gemeinderat keinen grundsätzlichen Widerstand gegen den "Dreiklang aus Hotel, Gastronomie und Wohnen" gibt. An der Kubatur, am Maß der Bebauung und am Energiekonzept müsse aber noch gearbeitet werden. Nur unter diesen Vorbehalten stimme man zu.
Das am Neckar gelegene Restaurant in dem Dilsberger Ortsteil, das zuletzt den Namen "Die Rainbach" trug, ist bereits seit über sechs Jahren geschlossen. Es hatte eine glanzvolle Historie und viele prominente Gäste wie Bundeskanzler Helmut Kohl, den französischen Staatspräsidenten François Mitterand, Schauspieler Peter Ustinov und Automobilpionier Henry Ford. Es existierte seit dem Jahr 1759. Seither und bis in die 1990er Jahre war der Name Waibel mit der Gaststätte verbunden. 2014 endete die Geschichte des Lokals vorerst, als das Ehepaar Stalinger nach über 20 Jahren als Pächter aufhörte. Neuer Eigentümer ist seit dem vergangenen Jahr die "Real Estate Development GmbH" – die Wohnungsbaugesellschaft der Onigkeit-Gruppe.