Das Rathaus in Neckargemünd. Symbolfoto: Reinhard Lask
Neckargemünd. (cm) Die gute Nachricht: Der städtische Haushalt für das laufende Jahr ist gesetzmäßig. Die schlechte: Das Kommunalrechtsamt beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in Heidelberg malt ein düsteres Bild von den städtischen Finanzen. Das geht aus einem Schreiben der Behörde hervor, das dem Gemeinderat vorgelegt wurde.
In dem dreiseitigen Brief bestätigt das Landratsamt zunächst die Gesetzmäßigkeit des Haushalts und genehmigt Kreditaufnahmen für Investitionen von drei Millionen Euro. Das ist noch harmlos. Ab der zweiten Seite geht es dann unter der noch nüchtern klingenden Überschrift "Allgemeine Hinweise zum Haushaltsplan sowie zur mittelfristigen Finanzplanung" zur Sache. Zunächst wird das "negative Gesamtergebnis" des Haushalts von 2,4 Millionen Euro festgestellt. "Diese Konstellation ist aus städtischer Sicht zwar sicherlich nicht zufriedenstellend, aber gleichwohl gesetzmäßig", heißt es. Doch nach der mittelfristigen Finanzplanung der Stadt werde sich an dieser Situation "leider im gesamten Finanzplanungszeitraum nichts ändern".
Abschreibungen – also der Wertverlust des städtischen Vermögens wie Gebäude und Straßen – könnten zumindest nicht in voller Höhe erwirtschaftet werden. Und es sei nicht zu erwarten, dass eine Abdeckung des Fehlbetrags aus dem Haushaltsjahr 2020 mit künftig zu erzielenden Überschüssen möglich sein werde. Der im Finanzhaushalt erzielte "bescheidene Überschuss" von 651.900 Euro könne – nach Abzug der Tilgungsleistungen von 750.000 Euro – keinen Beitrag zur Finanzierung der veranschlagten Investitionen von rund 4,2 Millionen Euro leisten. Deshalb werde voraussichtlich eine Kreditaufnahme von rund drei Millionen Euro notwendig. Das Kommunalrechtsamt sieht die Mindestliquidität zwar nicht gefährdet, aber die Gemeinde zehre erheblich an ihrer Liquiditätssubstanz, heißt es.
Sollten wirklich Kredite über drei Millionen Euro aufgenommen werden, steige die Pro-Kopf-Verschuldung auf 728 Euro. Diese liege damit fast doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt bei vergleichbar großen Gemeinde, der Ende 2018 bei 376 Euro je Einwohner lag. Da auch in der mittelfristigen Finanzplanung weitere Kreditaufnahmen von vier Millionen Euro vorgesehen seien, könne sich die Pro-Kopf-Verschuldung bis Ende 2023 auf 860 Euro erhöhen.
"Durch die daraus resultierenden, zusätzlichen Belastungen aus dem Schuldendienst würde der bereits ohnehin geringe Gestaltungsspielraum der Stadt Neckargemünd noch weiter eingeschränkt werden", schreiben die Rechtsaufseher. "Dieser Entwicklung sollte daher bewusst entgegengesteuert werden."
Das Landratsamt sieht im Haushalt der Stadt "ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen Erträgen und Aufwendungen". Dieses laufe dem Grundgedanken, den Ressourcenverbrauch zu erwirtschaften, entgegen. "Sollte sich die prognostizierte Entwicklung tatsächlich bestätigen, so ist in absehbarer Zeit eine spürbare Reduzierung des Basiskapitals zu befürchten", heißt es. "Es dürfte selbstverständlich sein, dass weder die kommunalen Organe noch die Rechtsaufsicht dieser Entwicklung tatenlos entgegensehen können.
Abschließend heißt es noch, dass sich die Rechtsaufsichtsbehörde der Herausforderung der Corona-Krise für die Kommunen bewusst sei. Diese würden das geplante Zahlenwerk spürbar beeinflussen. Insofern werde die Konsolidierung des städtischen Haushalts "in absehbarer Zeit nicht mit absoluter Priorität angegangen werden können". Gleichwohl müsse das Ziel der vollständigen Erwirtschaftung des Ressourcenverbrauchs wieder im Mittelpunkt der kommunalen Bemühungen stehen – "sobald es die äußeren Umstände erlauben".
Bürgermeister Frank Volk wertete das Schreiben "als gelbe Karte", die von Jahr zu Jahr nicht kleiner, sondern eher größer werde. "Wir wissen um unsere Hausaufgaben", betonte er. Die Einnahmen seien durch die Erhöhung der Vergnügungssteuer und die neue Zweitwohnungssteuer schon gesteigert worden. Bisher habe man nicht die Bürger durch Erhöhungen von Grund- oder Hundesteuer belastet. Dies werde aber Thema.