Der Leiter der psychologischen Beratungsstelle Neckargemünd, Robert Braun (l.), und Kindergartenleiterin Claudia Neininger-Röth (hinten) nahmen sich im Elisabeth-Ding-Kindergarten viel Zeit für die Anliegen der Kinder. Foto: privat
Von Dunja Fadel
Leimen. "Ich möchte, dass eines Tages alle Kindergärten eine eigene Beratungsstelle für Eltern haben." Das ist die Vision von Claudia Neininger-Röth. Die 49-Jährige ist Leiterin der Kita "Elisabeth-Ding" – dem ersten Kindergarten mit integrierter Beratungsstelle in ganz Baden.
Die sogenannte "Elternakademie" ist Neininger-Röths Herzensprojekt und seit 1. Januar, in Kooperation mit der Psychologischen Beratungsstelle Neckargemünd und deren Leiter Robert Braun, ein Teil der Einrichtung. Sie umfasst Fachvorträge, Gruppengespräche, ein "Eltern-Café", bei dem sich Eltern austauschen können, und Einzeltermine mit psychologischer Beratung. Inhalt des Pilotprojekts ist alles, was die Eltern belastet, denn oft wirken sich deren Probleme auf die Kinder aus. Von Schlafstörungen der Kinder bis hin zur Trennung der Eltern. "Möglicherweise sind wir dann auch gar nicht die richtige Anlaufstelle", erläutert Neininger-Röth. "Aber der erste wichtige Schritt ist dann getan und wir können weitervermitteln." Sie unterstreicht die Wichtigkeit des Gesprächs, ohne direkt das Gefühl einer Therapie zu erhalten.
Die Kooperation habe viele Vorteile, vor allem für die Kinder. Die Erzieher würden sich durch die Anwesenheit psychologischer Berater weiterbilden und die Eltern könnten sich durch das Vertrauensverhältnis zum Kindergarten besser mit diesem identifizieren. Die positive Einstellung übertrage sich auf die Kinder und die Kinder würden schneller lernen.
Die Unterstützung der Eltern, um das Kind zu entlasten, steht im Vordergrund und das findet auch Anklang bei den Eltern. "Hier kann ich mir einfach mal Rat holen, ohne Umwege zu gehen", sagt ein Vater. Bisher war die Prozedur in der Tat etwas komplizierter. Zwar sei es für Eltern möglich, bei Institutionen wie dem Kinderschutzbund ein erstes, kostenloses Beratungsgespräch zu vereinbaren, das sei allerdings den wenigsten bekannt. Ohnehin beliefe sich die Wartezeit laut Neininger-Röth oft auf mehrere Monate.
In der "Elternakademie" könnten Eltern sich gegenseitig helfen wie in einer Familie, in der Mutter oder Schwester um Rat gefragt werden. Dieses Familienbild sei heutzutage oft nicht mehr typisch, sagt die Kita-Leiterin. Umso wichtiger sei ihr das Projekt.
Für ihre Idee seien andere europäische Länder wie die Schweiz und England Vorbilder gewesen. Hier befänden sich Kindergarten und psychologische Betreuung oft unter einem Dach. Die Leimener Kindergartenleiterin war in einem solchen Projekt tätig und es sagte ihr derart zu, dass sie sich fragte: "Warum nicht auch bei uns?" Der Elisabeth-Ding-Kindergarten biete die Räume und konzentriere sich ohnehin auf das Thema Gesundheit. "Dazu gehört auch die Seele", findet Neiniger-Röth. "Das Projekt komplettiert unser Gesamtkonzept."
Finanziert wird das Pilotprojekt von der evangelischen Landeskirche Baden in Kooperation mit der evangelischen Kirchengemeinde Leimen und dem Kirchenbezirk Neckargemünd-Eberbach. Rund 65.000 Euro sind für drei Jahre nötig, womit vor allem die 25-Prozent-Stelle einer psychologischen Fachkraft finanziert wird. 50.000 Euro davon stammen von der Landeskirche.
Genau hier sieht Neininger-Röth, die den Kindergarten seit 1998 leitet und stolz auf dessen Entwicklung ist, die große Herausforderung. Denn: Die Finanzierung ist nur für die ersten drei Jahre gesichert. Danach hoffe man auf weitere Förderung seitens der öffentlichen Hand. Die Zukunft sei also erst einmal ungewiss. Doch das hält Neininger-Röth nicht von ihrer Vision ab, die Elternakademie in badischen Kindergärten zu etablieren.
Info: Der nächste öffentliche Vortrag, zum Thema Mehrsprachigkeit in einer Familie, findet am Dienstag, 11. Februar, ab 20 Uhr im Gemeindehaus in der Turmgasse 23 statt.