Bei der Sanierung des Neudenauer Schlosses gehe es weniger um Denkmalschutz als um die Zukunftsfähigkeit des Areals. Fotos: Peter Lahr
Von Peter Lahr
Neudenau. Wie die Zeit vergeht! Vor 30 Jahren wurde das Neudenauer Schloss grundlegend saniert, und das Josefine-Weihrauch-Heimatmuseum erhielt mit Andrea Göldner eine hauptamtliche, professionelle Leitung. Seit knapp 20 Jahren kümmert sich der Heimatverein ehrenamtlich um den Museums- und Ausstellungsbetrieb. Nun machen eklatante bauliche Schäden eine Sanierung des Anwesens unumgänglich.
Das Schlossensemble, das auch als Musikschule, Trauzimmer und für Festlichkeiten genutzt wird, soll fit für die Zukunft werden. Im Gespräch mit der RNZ skizzierte der Schwäbisch Haller Bauhistoriker Gerd Schäfer die anstehenden Baumaßnahmen.
Wer den Hof betritt, dem fällt es gleich auf: An mehreren Wänden ist der Putz etwa auf zwei Meter Höhe abgeschlagen. Ganz dramatisch nagt der "Zahn der Zeit" am Sandsteinportal. Der untere Bereich ist vollständig "zerfressen". Berührt man die Umfassung im oberen Bereich mit der Hand, bleibt feuchte Farbe an den Fingern hängen. "Bei der letzten Sanierung brachte man Neuputz auf, der aber eher als Sperre wirkte und die Übernässungsschäden verursachte", so lautet die Diagnose des Experten. Doch Gerd Schäfer beruhigt im nächsten Moment: "Man hat rechtzeitig erkannt, dass Feuchtigkeit an allen Schlossgebäuden in das Mauerwerk zieht und konnte gegensteuern, noch bevor hölzerne Deckenbalken zu modern beginnen." Teil eins der Sanierung hat mit dem Abschlagen des Verputzes also bereits begonnen.
"Wir nutzen die Kräfte der Natur, lassen drei Frostwinter darüber gehen und nehmen so das Schadenspotenzial", beschreibt Schäfer das Prozedere. Als Ursache sieht er "die einfache Erdfeuchte". Notwendig sei deshalb bei der Sanierung der Einsatz natürlicher Baustoffe. Nur dann könnten die bis zu 170 Zentimeter dicken Mauern wieder atmen. Verputzen wolle man deshalb mit einem Kalkputz ohne Zementanteile. Dass die Burg bereits im Mittelalter zumindest teilweise verputzt war, steht für Schäfer fest.
Ebenso, dass die einstige Burg etwas ganz Besonderes war. Hier hätten im 13. Jahrhundert die Herren von Dürn (Walldürn) versucht, sich ein eigenes Territorium aufzubauen - was aber schließlich ob der mächtigen Nachbarn misslungen sei. Das Haupthaus, in dem ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Volksschule untergebracht war, bildete den einstigen Palas der Burg. Eine bauliche Besonderheit sei der im 45-Grad-Winkel zur Umfassungsmauer gesetzte, freistehende Turm. Dieser diagonal gesetzte Bergfried verbindet Neudenau mit Burg Wildenberg (Kirchzell). "Die Herren von Dürn waren wohl kriegserfahren, eventuell bei den Kreuzzügen mit dabei gewesen", vermutet Schäfer als Grund für dieses innovative Befestigungsmerkmal, das den Burgbewohnern größeren Schutz vor Feinden ermöglichen sollte.
Bauhistoriker Gerd Schäfer zeigte bei einem Vor-Ort-Termin die sichtbaren Schäden - hier am "zerfressenen" Sandstein - auf.
"Das Gebäude entspricht nicht mehr heutigen Benutzungsvorschriften", springt der Bauhistoriker zurück in die Gegenwart. Um das Ensemble weiter der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können, müsse man die Barrierefreiheit und den Brandschutz ins Auge fassen. Ein Aufzugsturm in Verbindung mit einer Feuertreppe sei deshalb unumgänglich. Die Besonderheit der Aufgabe: "Wir brauchen hier eine moderne Adaption, die denkmalverträglich sein muss." Eine Stahltreppe im Mittelalter? "Nicht so einfach." Deshalb kam Gerd Schäfer auf die Idee, alte Strukturen wieder aufzunehmen, etwa einen ursprünglichen Mauerzug im rückwärtigen Teil der Burg zu reaktivieren. Dort existiert bereits ein hölzerner Verbindungsgang im Obergeschoss. Ein weiterer Vorteil einer solchen "externen" Lösung: Man müsste im Gebäude weniger eingreifen, und der Museumsbetrieb könnte relativ ungestört weiterlaufen.
Momentan mache man sich Gedanken über eine mögliche Teilbeheizung. Wobei es nicht um Heizkörper in jedem Ausstellungsraum gehe, als vielmehr darum, eine gewisse Temperierung zu erreichen. Das sei "kein großartiger Eingriff", könne aber auch in puncto Feuchtigkeit eine positive Wirkung haben. Glücklicherweise in einem guten Zustand seien die Fenster. Einen Schwachpunkt bildeten allerdings die ungedämmten Dächer.
"Wir sind momentan in der Erkundungsphase", beschreibt Schäfer die aktuelle Etappe. Bis zum Ende des Jahres wolle man dem Gemeinderat sinnvolle Vorschläge unterbreiten und im nächsten Jahr dann mit der Barrierefreimachung starten - wofür es immerhin ein Landesförderprogramm gibt.
Info: Am morgigen Sonntag ist im Josefine-Weihrauch-Heimatmuseum von 14 bis 17 Uhr die Sonderausstellung "150 Jahre Männergesangverein ‚Badenia’ Neudenau" zu sehen.