Als Erdmöbel bezeichnet Jeannette Kluibert-Kipp die Särge, die neben ihrem Büro ausgestellt sind. Respekt und Pietät sind für die Bestatterin besonders wichtig. Das fängt schon bei der Sprache an. Foto: Caspar Oesterreich
Von Caspar Oesterreich
Mosbach. Respekt und Pietät. Das sei das Allerwichtigste in ihrem Beruf, sagt Jeannette Kluibert-Kipp. Sei es beim Waschen, Kämmen, Rasieren und Schminken von Verstorben oder den Beratungsgesprächen mit Angehörigen: "Ein würdevoller Umgang mit dem Tod ist das A und O als Bestatterin", betont die 43-Jährige. Das fange schon bei der Sprache an. Niemals spreche sie von einer Leiche, sondern immer vom Verstorbenen, und niemand werde vergraben, sondern stets beigesetzt. Den langen Mercedes bezeichnet sie als Bestattungswagen. Der ist allerdings weiß und nicht schwarz, "weil eine Beerdigung, ein Abschied nicht düster und bedrückend sein muss", erklärt die Quereinsteigerin.
Früher einmal war Kluibert-Kipp Apothekerin. Heute stehen neben ihrem Büro Särge und Urnen. "Menschen zu beraten, ihnen in schwierigen Situationen zu helfen, das hat mir schon immer Spaß gemacht", sagt sie. Doch als die Zeit für die Kunden immer knapper wurde, "weil ich mich quasi nur noch mit den Rabattverträgen der Krankenkassen herumärgern musste", wagte sie nach sieben Jahren als selbstständige Apothekerin den beruflichen Neuanfang und stieg 2011 ins Mosbacher Bestattungsunternehmen ihres Mannes mit ein. Eine Entscheidung, die sie nie bereut habe.
Auch dann nicht, wenn sie mit besonders tragischen Schicksalen konfrontiert wird: "Wenn Kinder und junge Menschen vor einem liegen, ist das immer sehr hart", sagt Kluibert-Kipp leise. Oder wenn der oder die Verstorbene in ihrem Alter ist. Dann sei es wichtig, über den Fall im Nachhinein zu sprechen. "Zum Glück habe ich da mit meinem Mann einen Partner an der Seite, der den Beruf schon Jahrzehnte lang ausübt und jedes Mal die richtigen Worte findet." Sie nehme Anteil, trauere aber nicht mit den Angehörigen mit. "Ich muss diejenige sein, die den starken Arm reicht, stützend zur Seite steht", erklärt Kluibert-Kipp.
Im September hat sie sich zur demenzfreundlichen Bestatterin weiterbilden lassen. Denn immer häufiger komme es vor, dass unter den Hinterbliebenen jemand mit einer Demenzerkrankung sei. "Diesen Menschen sollte man den Tod des Angehörigen, vielleicht sogar des Ehepartners, auf gar keinen Fall verschweigen, sondern sie trotz ihrer Beeinträchtigung aktiv in die Planung und Zeremonie einbeziehen", macht die Bestatterin deutlich. Auf ganz unterschiedliche Art und Weise könne das gelingen. Zum Beispiel über die Musik, die bei der Trauerfeier gespielt wird, über Fotos oder Gegenstände, die den Demenzkranken an den Verstorben erinnern.
Aber dennoch: "Einen Plan B braucht man immer", sagt die demenzfreundliche Bestatterin. Das Verhalten der Erkranken bei der Beerdigung ließe sich nicht vorhersehen und sei auch stets von der Tagesform abhängig. "Deshalb ist es wichtig, dass man auf alle Eventualitäten – etwa wenn der Betroffene während der Trauerfeier plötzlich nach vorne läuft oder laut zu reden anfängt – vorbereitet ist", erklärt Kluibert-Kipp. Es müsse klar und im Vorfeld geregelt werden, wer sich dann wie um den Demenzerkrankten kümmert, ihn zum Beispiel in einen Nebenraum führt und beruhigt.
Deutlich zeitintensiver sei die Vorbereitung einer demenzfreundlichen Beerdigung, berichtet die Bestatterin. Die Mehrarbeit werde den Angehörigen aber keinesfalls extra berechnet, betont sie. Generell nehme sich Kluibert-Kipp viel Zeit für die Beratungsgespräche, informiere genau über die verschiedenen Bestattungsformen. In rund 80 Prozent der Fälle würden sich die Verstorben – sofern sie eine Bestattungsvorsorge vor ihrem Tod ausgefüllt haben – bzw. ihre Angehörigen für eine Einäscherung entscheiden. "Nur 20 Prozent sind Erdbestattungen", erzählt die 43-Jährige. Aber auch Seebestattungen oder etwa die Asche zu einem Diamanten pressen zu lassen und diesen als Erinnerung an einer Kette oder eingefasst in einen Ring zu tragen, sei möglich. "Es hat sich in den vergangenen zehn, 15 Jahren viel auf dem Markt getan."
Angst vor ihrem eigenen Tod hat Jeannette Kluibert-Kipp keine. "Ich glaube fest an ein Leben danach. Es wäre doch traurig, wenn es die Vorstellung nicht gäbe, dass wir uns wiedersehen."